piwik no script img

Prokon-InsolvenzSchlimm, aber nicht so schlimm

Beim Windkraft-Finanzierer Prokon fallen 150 Jobs weg, die Anleger verlieren einen Großteil ihres Geldes. Verbraucherschützer kritisiert die Kapitalmarktgesetze.

Bornstedt, Sachsen-Anhalt: 2011 war noch alles gut im Prokon-Windpark. Bild: dpa

BERLIN/HAMBURG rtr/dpa/taz | Insolvenzverwalter Dietmar Penzlin hat Mitarbeitern und Gläubigern des zahlungsunfähigen Windkraftbetreibers Prokon Hoffnung gemacht. Es werde schlimm, aber nicht so schlimm wie befürchtet. Die Firma solle saniert, „mehr als 300 der zuletzt 450 Beschäftigten ihren Arbeitsplatz“ behalten können, kündigte er am Freitag in Hamburg an. Zudem müssten die Gläubiger keinen Totalausfall fürchten.

Die Anleger des insolventen Windenergie-Unternehmens Prokon werden mindestens 40 Prozent ihres Kapitals verlieren, vielleicht aber auch 70 Prozent. Insolvenzverwalter Dietmar Penzlin sagte mit, die Höhe der sogenannten Insolvenzquote sei zwar noch ungewiss, er rechne aber derzeit damit, dass Prokon 30 bis 60 Prozent der Schulden begleichen könne.

Die Gläubiger müssen ihre Forderungen bis zum 15. September beim Insolvenzverwalter anmelden. 75.000 Anleger hatten in der Hoffnung auf satte Renditen Prokon insgesamt 1,4 Milliarden Euro an Genussrechtskapital zur Verfügung gestellt. Allerdings müssen sich Halter von Genussscheinen in der Insolvenz hinter anderen Gläubigern anstellen.

Das Amtsgericht Itzehoe hatte am Donnerstag das Insolvenzverfahren für die Prokon Regenerative Energien GmbH wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung eröffnet. Die übrigen Konzernteile mit gut 800 Mitarbeitern sind nicht betroffen. Vor allem gekündigte Genussrechte in Höhe von 368 Millionen Euro hatten die fälligen Verbindlichkeiten auf rund 391 Millionen Euro in die Höhe gekurbelt, denen lediglich 19 Millionen Euro Liquidität gegenüber stehen. Einem Vermögen von rund einer Milliarde Euro stehen Verbindlichkeiten von rund 1,5 Milliarden gegenüber.

Fortführung des Kerngeschäfts

Der Insolvenzverwalter will bis zur ersten Gläubigerversammlung im Juli Eckpunkte für die Sanierung festgezurrt haben. Ziel sei es, das Unternehmen „in einer angepassten Form zu erhalten und, betriebswirtschaftlich vertretbar, so viele Arbeitsplätze wie möglich zu retten“. Die Fortführung des Kerngeschäfts von Prokon – Betrieb und Projektierung von Windparks – sei gesichert.

Die Gläubigerversammlung soll am 22. Juli über den weiteren Fortgang des Verfahrens entscheiden. Währenddessen kann Prokon weiter arbeiten. Das 1995 gegründete Unternehmen mit insgesamt 1.300 Mitarbeitern hatte Mitte Januar Insolvenz angemeldet. Zuvor hatte Firmengründer Carsten Rodbertus Anleger aufgefordert, ihr Geld im Unternehmen zu lassen. Sonst sei die Insolvenz unausweichlich.

Mit Verweis auf Prokon hat der neue Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv), Klaus Müller, das Schutzniveau in Deutschland als unzureichend kritisiert. Ausnahmen in der Gesetzgebung unterliefen wirksame Regeln der EU für Produkte des grauen Kapitalmarkts, sagte Müller. „Das Schutzniveau in Deutschland ist nicht so gut wie in anderen Staaten Europas“. Dass hierzulande bis heute Werbung für Prokon zu sehen sei, wäre in anderen europäischen Ländern nicht möglich.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Tja, so viel zum Thema einer Anlageform, die laut Behauptung der Geschäftsführer der PROKON "unserer Auffassung nach sicherer als ein Sparbuch" sei.

    Ich selbst ging von min. 30% Verlusten für die Anleger aus, nun werden es eher 40-60%, was unter anderem auch an der Nachrangigkeit liegt, da zunächst alle vorrangigen Gläubiger wie Mitarbeiterlöhne, Lieferanten, Banken oder Vermieter/Verpächter zu 100% bedient werden. Gut für diese, schlecht für die Anleger.

    Es ist eine bittere Lehre für all die, die den vollmundigen Versprechungen PROKON's und des Herrn Rodbertus vorneweg glaubten und vertrauten, mit angeblich sicheren 6% Rendite, und auf Wunsch binnen kurzer Kündigungsfristen 100% Geld zurück.

     

    Es erweist sich die alte Regel als auch hier gültig: "Wenn Ihnen jemand etwas verspricht, das zu gut klingt, um wahr zu sein, dann ist es möglicherweise nicht wahr."

     

    6-8% Rendite bei 100% Kapitalerhalt und jederzeit möglicher, kurzfristiger Kündigung durch den Anleger und Rückzahlung der Einlage, das ist zu gut, um wahr zu sein. Wer das bisher nicht bemerkt hat, erfährt es jetzt.

     

    Und dann die Masche mit dem Gutmenschentum und dem "weg vom Atom-hin zu den Erneuerbaren". Das war ein Marketinginstrument, dass die Anleger noch besonders sorglos machte. Staatlich langfristig garantierte Rendite mit der Windmühle dank EEG? Aus diesem falschen Traum werden bald noch weitere EEG-Investoren, egal ob Wind, Sonne oder Biomasse, schmerzhaft aufwachen. PROKON war nicht die erste und wird nicht die letzte Pleite auf dieser Strecke sein.