piwik no script img

Projekt für sicheres RadfahrenSensoren für den richtigen Abstand

Mehr Sicherheit für den Radverkehr: Das Projekt BikeDetect der Universität Oldenburg will Autofahrer sensibilisieren.

Gefährlich: Fahrradfahren in Osnabrück Foto: Friso Gentsch

Osnabrück taz | Radfahrer leben gefährlich. Ein Parkender reißt vor dir plötzlich die Tür auf. Ein Sattelzug biegt rechts ab, während du neben ihm bist. Ein Paketzusteller quetscht sich auf Tuchfühlung an dir vorbei: Zehntausende Fahrradunfälle ereignen sich in Deutschland Jahr für Jahr; Hunderte Radfahrer lassen dabei ihr Leben.

Sensoren, als Fahrassistenzsystem in Autos montiert, könnten da wirksam Abhilfe schaffen. Flankiert durch KI, könnten sie Radfahrer erkennen, den Abstand zu ihnen genau bestimmen. Das Projekt BikeDetect des Zentrums für Umwelt- und Nachhaltigkeitsforschung der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg hat jetzt, gefördert durch das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV), insgesamt 18 Monate lang Zeit, dieses Neuland zu beschreiten. 3D-Kameras werden dabei zum Einsatz kommen, außerdem Ultraschall und Thermalmessung, Radar und Lidar.

BikeDetect umfasst einen mehrtägigen Pilotversuch. Das Testfeld ist Osnabrück, eine Stadt, die sich zwar einen Radverkehrsplan verordnet hat und auf eine Erhöhung des Radverkehrsanteils am Modal Split auf 30 Prozent zielt, deren Radwegenetz aber noch lückenhaft ist.

Weiß gestrichene Ghostbikes zur Erinnerung an tödlich verunglückte RadfahrerInnen sind hier ein Alltagsanblick. Lange hat sich Osnabrück demonstrativ stolz darauf gegeben, besonders autofahrerfreundlich zu sein – ein Denken, das der Bund Osnabrücker Bürger bis heute fortführt, wenn er vor einer Innenstadt warnt, die autofrei ist oder wenn er sich gegen Parkraumreduktion stark macht.

Osnabrück schneidet schlecht ab

„Die Zahl der Radunfälle ist in Osnabrück recht hoch“, sagt Wirtschaftsinformatiker Jorge Marx Gómez der taz, Professor an der Universität Oldenburg. „Das ist eine Brücke zu dem, was wir vorhaben. Außerdem ist das dortige Radwegenetz stark uneinheitlich. Das macht die Simulation sehr vielfältig.“

Mit an Bord ist Iotec, ein Entwickler für Sensorlösungen, ferner die Stadt Osnabrück, die sich vorstellen kann, das Assistenzsystem später im Realeinsatz zu erproben, vom Bus bis zum Stadtreinigungswagen. Der Kreisverband Osnabrück des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) stellt sicher, dass die Perspektive der Radfahrer berücksichtigt wird. Gerade hat man den Fahrradklimatest 2024 abgeschlossen, Schwerpunktthema „Miteinander im Verkehr“. Osnabrück schneidet in diesen Tests meist schlecht ab. Letztes Mal, 2022, kam die Stadt auf die Note 4,3; in der Kategorie der Städte 100.000 bis 200.000 Einwohner ist das Platz 32 von 40.

Johannes Schering, Doktorand bei Marx Gómez und Leiter von BikeDetect, ist selbst Mitglied beim ADFC. „Unser Projekt will die Autofahrer nicht erziehen“, sagt er. „Wir wollen auch niemandem etwas aufzwingen. Wir wollen helfen, Abstände besser einschätzen zu können, das Bewusstsein dafür verbessern, dass wir mehr Radfahrsicherheit brauchen.“ Bevor er seinen Sensor-Wagen im Herbst 2025 in den Osnabrücker Straßenverkehr schickt, stehen Indoor-Labortests an, Versuche auf Parkplätzen. Am Ende steht, wenn alles klappt, ein Prototyp.

Smarte Helme

Im Kern geht es um Datenerhebung und -aufbereitung. Daher ist auch Datenschutz ein Thema. „Natürlich können wir nicht jeden Radfahrer fragen, ob er aufgenommen werden will“, sagt Schering. „Deshalb kennzeichnen wir den Transporter, mit dem wir unterwegs sind, als Forschungsfahrzeug.“

Scherings Sensor-Projekt ist für die Universität Oldenburg dabei kein „Start auf der grünen Wiese“, sagt Jorge Marx Gómez. ECOSense zeugt davon, ein Fahrradsensor von der Geschwindigkeit bis zur Oberflächenbeschaffenheit, INFRASense, als datenbasierte Streckenbewertung und SmartHelm, mit EyeTracking und Augmented Reality Display, etwa für Routeninformationen.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!