Profit durch Honorarreform: Ärzte sind wieder wohlauf
Mediziner mit eigener Praxis nehmen dank Honorarreform deutlich mehr Geld ein. Dabei haben Standesvertreter noch vor kurzem den Ruin vieler Ärzte prophezeit.
Die niedergelassenen Ärzte in Deutschland haben im ersten Quartal 2009 deutlich mehr Honorare eingenommen als im Vorjahreszeitraum. Insgesamt hätten die rund 150.000 Ärzte und Psychotherapeuten in diesem Zeitraum 7,8 Prozent mehr Geld eingenommen als Anfang 2008, erklärte der Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Köhler, am Montag in Berlin.
Diese Zahlen gelten als besonders aufschlussreich, weil sie zum ersten Mal zeigen, welche Folgen die zu Jahresbeginn eingeführte, umstrittene Reform der Ärztehonorare hat. Nun zeigt sich: Die von Ärztevertretern zu Jahresbeginn befürchteten Praxisschließungen und massiven Einkommensverluste sind ausgeblieben. Im Gegenteil: Fast alle Haus- und Fachärztegruppen verdienen deutlich mehr als vor einem Jahr.
Durchschnittlich nahmen niedergelassene Ärzte in den ersten drei Monaten dieses Jahres 7,4 Prozent mehr Honorar ein als im ersten Quartal 2008. Dabei gibt es große Unterschiede zwischen den Regionen und den Ärztegruppen. Besonders viel hinzu gewannen die Ärzte in Berlin. Die Hauptstädter, die bislang vergleichsweise wenig Honorare bekamen, erhielten nun satte 32,2 Prozent mehr Geld. Einzig die Ärzte in Baden-Württemberg mussten einen kleinen Rückgang ihrer Honorarsumme von 0,7 Prozent hinnehmen. Der Südwesten gilt neben Bayern als Bundesland mit den höchsten Pro-Kopf-Einkommen von Ärzten.
Als einzige Facharztgruppe mussten die Orthopäden einen Einkommensrückgang von 4 Prozent hinnehmen. Unterm Strich, erklärte KBV-Chef Köhler, hätten 66 Prozent aller niedergelassenen Mediziner von der Honorarreform profitiert.
Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) sieht sich in ihrer Haltung gegenüber den Ärzten bestätigt: "Die Zahlen zeigen: Die Befürchtungen mancher regionaler Ärztefunktionäre waren deutlich übertrieben. Die zahlreichen Protestaktionen ohne Kenntnis tatsächlicher Zahlen erweisen sich damit als völlig unangemessen", sagte Schmidt. Durch die "erheblich verbesserte Honorierung" müsse die "Bevorzugung von Privatpatienten" aufhören.
Ähnlich sieht das der gesundheitspolitische Sprecher der Linke-Fraktion, Frank Spieth: "Die jetzt vorgestellten Zahlen widerlegen die Propaganda eines Teils der Ärzteschaft." Obwohl die Honorarreform unter anderem zum Ziel hatte, die Einkommen der Mediziner deutschlandweit einander anzunähern, sieht Spieth noch große Mängel: "Wer kann erklären, warum ein Radiologe bis zu dreimal so viel Geld einstreicht wie ein Hausarzt? Hier müsse sich etwas ändern, um die Arbeit als Hausarzt für junge Medizinerinnen und Mediziner attraktiver zu machen.
Am 7. August beginnen die Verhandlungen zwischen Vertretern von Krankenkassen und Ärzten über die Honorare 2010.
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