Kommentar Ärztehonorare: Kassenärztliche Verneinung
Trotz der Klagen verdienen Ärzte nach der Honorarreform im Schnitt mehr als vorher. Die Kassenärztliche Vereinigung muss aufpassen, dass sie jetzt nicht das Patientenvertrauen verliert.
A ndreas Köhler gab sich am Montag alle Mühe, zerknirscht zu wirken. Nun gut, erklärte der Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), unterm Strich hätten die niedergelassenen Ärzte im Vergleich zum Vorjahreszeitraum 7,8 Prozent mehr Geld eingenommen. Aber in Baden-Württemberg kämen die Ärzte eventuell auf 0,7 Prozent weniger, und Orthopäden müssten auch mit geringeren Einnahmen rechnen.
Köhlers Zahlen passen nicht zur Begräbnismiene des Funktionärs: Den meisten Haus- und Fachärzten geht es nach der von ihnen mitgeplanten Honorarreform finanziell besser als zuvor - trotz aller Proteste zu Jahresbeginn. Die gewohnheitsmäßigen Untergangsdrohungen der Ärzte könnten sich bald als fatal erweisen.
Die Bürger haben gelernt, dass es den Ärzten nicht so schlecht geht, wie sie behaupten. Wo sind die Praxen, deren Schließung angeblich bevorstand, weil die Honorarreform sie in die Pleite trieb? Wo sind die massiven Honorareinbußen einzelner Facharztgruppen, die die Kassenärztlichen Vereinigungen angeblich fürchteten? Es gibt sie nicht. Nun droht den Ärzten etwas enorm Wichtiges verloren zu gehen: das Vertrauen ihrer Patienten.
Wenn also bald tatsächlich der Ärztemangel in ländlichen Gebieten vor allem im Osten drückend wird, dann dürfen die Kassenärztlichen Vereinigungen nicht auf das Verständnis der Öffentlichkeit vertrauen. Wer fährt schon gern 40 Kilometer zu einer großstädtischen Klinik, weil die Ständevertretung es nicht geschafft hat, Ärzte zur Niederlassung in der Provinz zu überreden?
Diese Herausforderung müssen die Ärztevertreter deutlich energischer angehen. Wenn sich erweist, dass sie bei Honorarverhandlungen kämpferisch sind, bei der Patientenversorgung aber stümpern, dann wird bald die Frage auftauchen: Wofür brauchen wir die Kassenärztlichen Vereinigungen?
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