: Probleme lösen und jung werden
■ ZDF-Mann Klaus Bresser überläßt den Polit-Talk einer Jüngeren
Es klang wie eine Heimsuchung: ZDF-Chefredakteur Klaus Bresser, so das jüngste Gerücht vom Lerchenberg, fühle sich berufen, die für den Herbst geplante „Politische Talkshow“ höchstselbst zu moderieren. Nun ist klar: Dieser Kelch geht an uns vorüber.
Wie der Chef zur Besinnung gebracht wurde, bleibt im dunkeln. Es darf allerdings vermutet werden, daß Bressers letzter Auftritt bei der Bonner Runde zur Europawahl nicht gerade eine Empfehlung war. Inmitten des Tohubawohus wirkte Bresser wie eine heillos überforderte Religionslehrerin vor ihrer gefürchteten 10 c.
Und überhaupt hält der Herr Professor Stolte ja viel von Verjüngung nicht nur des Programms, sondern auch seiner Präsentatoren. Bresser ist 62.
Nur wie aus all den peinlich eitlen Gerüchten heil herauskommen? Man entschied sich für die Flucht nach vorn: Im edlen Hotel Adlon wurde zu einer Eil-Pressekonferenz eingeladen, und wenn auch so manche Maybrit Illner schon in der Launch erspäht hatten, mußte die Ärmste doch noch lange hinter der Tür auf ihr Stichwort warten: Klaus Bresser proudly presents ...
Schade, daß die Journalisten bestenfalls erleichtert, kaum aber überrascht waren. Auch dieser Name war in der Branche gehandelt worden, nur hatte sich Illner niemand als Traumpaar mit Bresser vorstellen mögen. Die Option „Duo“ habe es nie gegeben, beeilte sich Bresser klarzustellen. Und die Noch-Redaktionsleiterin des „Morgenmagazins“ bekräftigte: Sie sei als Solistin engagiert worden und traue sich den Alleingang auch durchaus zu.
Damit steht sie nicht mal allein da. Trotzdem wird „Berlin-Mitte“ kein Spaziergang werden. Wie immer kommt das ZDF ein wenig spät auf die richtige Idee. Jetzt, wo sich alle an den „Christiansen“-Sonntag im Ersten gewöhnt haben, ist es nicht leicht, einen weiteren Polit-Talk-Sendeplatz durchzusetzen. „Wir leben in einer Gesellschaft, die ihre Probleme kommunikativ lösen muß, da sollte es eher mehr als weniger Talk-Formate geben, die Platz nicht nur für den ersten, sondern auch noch für einen zweiten Gedanken bieten“, sprach die Religionslehrerin.
Es folgten weitere fromme Wünsche: Nicht etwa vier Tage nach Christiansen gedenken die Mainzer ihre Donnerstags-Show zu senden, sondern drei Tage vor der Konkurrenz. Die letzten wollen die ersten sein. Das Konzept werde „ohne Schnickschnack und bunte Gäste“ auskommen (Bresser) und „weniger agressiv, sondern möglichst ergebnisorientiert“ sein (Illner).
Der neue Redaktionsleiter Volker Wilms, bislang Illners Stellvertreter beim Morgenmagazin, hörte sich das alles demutsvoll schweigend an. „Falls wir mit unserer Programmplanung bisher den Eindruck der Kurzatmigkeit erweckt haben sollten“, hatte sein Boß erklärt, „seien Sie versichert: Diesmal haben wir einen langen Atem.“ Den werden sie ab 14. Oktober brauchen. Klaudia Brunst
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