Pro-iranische Milizen: Warum Irak Geld von Huthis und Hisbollah nicht einfriert
Erst wollte Iraks Justizministerium das Vermögen pro-iranischer Milizen einfrieren. Das sei „ein Fehler“ gewesen, sagt die Regierung – und versucht sich am Balanceakt.
Erst sollten in Irak das Vermögen pro-iranischer Milizen eingefroren werden. So stand es zumindest in einer im vergangenen Monat veröffentlichten Gazette des irakischen Justizministeriums. Auf der Liste der betroffenen Organisationen standen auch die Huthis im Jemen und die Hisbollah im Libanon.
Nun rudert die Regierung zurück. Premierminister Muhammad Shia as-Sudani selbst hat „eine dringende Untersuchung angeordnet, um die Verantwortung und die Rechenschaftspflicht derjenigen zu ermitteln, die diesen Fehler begangen haben“. So schreibt es das Büro des Premiers auf X.
Der besagte Fehler: Die Genehmigung seitens Irak, Gelder einzufrieren, beschränkte sich auf „Organisationen und Einzelpersonen, die mit den Terrororganisationen Daesh (der „Islamische Staat“, Anm. d. Red.) und Al-Qaida in Verbindung stehen“. Nicht aber auf Hisbollah und Huthis.
As-Sudani befinde sich derzeit in einer schwierigen Position, sagt Irak-Experte Thomas Schmidinger der taz. Denn nach den jüngsten Wahlen geht es nun um die Bildung einer neuen Regierung in Irak. Dabei muss er die Balance halten zwischen den USA und Iran – die wohl wichtigsten Einflussnehmer in der Region.
As-Sudani balanciert zwischen USA und Iran
Schmidinger sagt: „Gegen alle pro-iranischen Parteien hat er keine Chance, wieder Premierminister zu werden, zugleich steht er unter Druck der USA. Er versucht, sich so gut wie möglich von Iran zu lösen und den Irak als neutralen Staat zu positionieren.“ Die pro-iranischen Kräfte hätten bei den Wahlen außerdem besser abgeschnitten als erwartet. Um selbst wieder Premier werden zu können, muss as-Sudani einen Teil von ihnen auf seine Seite ziehen.
Das Einfrieren der Geldern von Huthis und Hisbollah sähen die USA mit Wohlwollen, ebenso wohl sunnitische Stakeholder in Irak. Für die pro-iranischen Schiitengruppen im Land und die Islamische Republik gilt das Gegenteil. Dazwischen muss As-Sudani wohl einen Mittelweg finden, wenn seine Strategie der neutralen Positionierung aufgehen soll.
Auch die proklamierte Solidarität mit der palästinensischen Bevölkerung spielt bei der Entscheidung, das Einfrieren der Gelder doch wieder abzusägen, wohl eine Rolle. So schreib das Büro des Premiers auf X: Die Positionen des Irak „zur Aggression gegen unser Volk im Libanon oder in Palästina“ seien „prinzipiengeleitet“.
Der Konflikt hält an
Beide Gruppen hatten nach dem Hamas-Überfall in Südisrael am 7. Oktober 2023 und dem darauffolgenden Krieg im Gazastreifen ebenfalls angegriffen: Die Hisbollah beschoss den Norden des Landes, die Huthis attackierte Schiffe mit angeblichem Israelbezug im Roten Meer und feuerte ebenfalls Raketen und Drohnen gen Israel.
Nach zwei Monaten eines intensiven Kriegs in Libanon wurde schließlich am 27. November 2024 eine Waffenruhe zwischen Israel und Hisbollah ausgerufen. Seitdem gab es fast keine Angriffe seitens Hisbollah auf Israel mehr, die Luftangriffe in Libanon halten aber an. Israel begründet das mit dem Wiederaufbau von Hisbollah-Stellungen. Unter den über 120 Toten seit 27. November 2024 sind aber nachweislich auch Zivilistinnen und Zivilisten. Mit den Huthis gibt es wiederum kein Waffenruhe, der Konflikt hält an.
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