Pro Schwarz-Grün: Jo, wir schaffen das!

Ist die Zeit der ideologischen Aufladung zum Glück vorbei und eine schwarz-grüne Koalition auf Länderebene möglich?

Man kennt sich aus den coolen Clubs: Schwarze sind dem Urbanen wie dem guten Leben ebenso aufgeschlossen wie Grüne. Bild: dpa

Blicke auf das, was war, helfen ja nicht weiter. Das wäre ein Zurück im Zorn. Die Schwarzen mit den Grünen geht, denn es läuft doch im Alltag schon routiniert. In Elternbeiräten, Integrationsrunden, an runden Tischen zu Naturschutzzonen, an denen erörtert wird, wie man ökologische Wichtigkeiten mit wirtschaftlichen Zwängen in Einklang bringt. Was in Köln klappt, in Frankfurt am Main oder schon im Hamburger Bezirk Altona, besagt doch erst mal nur dies: Schwarze sind den Grünen als faire Dealer bekannt, nicht solche Trickser wie die Sozialdemokraten, die die Parteiökos immer behandelt haben, als seien es uneheliche Kinder aus dem eigenen Ideologieladen, die man mal tüchtig an die Kandare nehmen muss. Die Schwarzen hingegen haben lernen müssen, dass Grünes nicht Bürgerschreckliches ist, sondern ein gutes Anliegen von vielen, sehr vielen Menschen, die verlässlich die Hoffnungspartei in Parlamente wählen.

Schwarze wissen doch, wie die Grünen in Wahrheit sind. Besorgte Menschen, die in all den sozialpädagogischen Netzwerken, im Bürgerengagement ums Kleine nicht passiv bleiben, sondern daran mitwirken, dass dieses Land sowohl besser werden kann als auch nicht abstürzt in Lethargie und Gleichmut. In Grünen erkennen die Schwarzen die eigene christlicher Prägung wieder; was sie an den Grünen bekämpft haben, ist deren Verweigerung und deren Einlassung aufs utopische Einerlei.

In allen wichtigen Fragen, auf die es in diesem Land ankommt, sind die Grünen so nötig wie auch die Union. Die Entschlackung des Staates von übermäßiger Fürsorglichkeit, vom Paternalismus und von der Durchverwaltung des Elends in jenen Schichten, die man die unteren zu nennen sich leider angewöhnt hat, denn um die muss es gehen, will man Frieden im Land - das können Union und Grüne am besten. Das Bild, das der CSU-Politiker Michael Glos einst von den Grünen zeichnete, das von Zecken, die das konservative Wirtstier infizierten, war eines der Furcht. Eine, an der ja was dran war und ist. Natürlich kann eine Union mit den Grünen ihren rechtskonservativen Teilen nichts bieten - die Ökos werden schon dafür sorgen, dass die CDU liberaler denn je werden kann, weltoffener, nicht allein im Hinblick auf eine moderne Familienpolitik, auch in der Perspektive einer weiteren Entdiskriminierung von Lebensformen, die keine heterosexuellen sind.

Die Grünen sollten nicht nur das Experiment einer Koalition mit der Union wagen, sie müssen es auch. Sie kennen doch die Unionsleute aus den coolen Musikclubs, den Sportvereinen, den Reformschulen und den Kulturinitiativen - denn CDU-Männer und -Frauen sind heute nicht mehr jene, die ihre Eltern gewiss vor einer Generation waren: verknöchert, steifbürgerlich, bangbüxig, wie man in Hamburg sagt. Schisser im Anblick auf jede Moderne, eingewachsen in ihre Reihenhaussiedlungen und Bungalowareale. Schwarze sind heute dem Urbanen wie dem guten Leben auf dem Lande ebenso aufgeschlossen wie Grüne - aber sie brauchen für den nötigen Schwung das Land. Zunächst Hamburg, später in zivilgesellschaftlichem Sinne das ganze Land, modernbürgerlich durch und durch, zum Guten zu ändern. Und wenn das zu utopisch ist, dann doch wenigstens zum Besseren.

Die Union braucht die Grünen, denn die sind immer noch cooler, als jede FDP sein könnte. Sie hat sie nötig, weil die Ökos mit Elan befeuern, was die CDU, auch im Hinblick auf die eigene Kundschaft, allein nicht stemmen könnte. Aus einer Stadt wie Hamburg - bei der Bildung, bei der Energieversorgung, beim Schutz der Umwelt, um nur die wichtigsten Politikfelder zu nennen - ein urbanes Projekt zu machen, das ein Element eines "Modells Deutschland" werden könnte, welches Ökologie und Wirtschaft nicht als Widerspruch nimmt, sondern als politische Elemente, die auf einen Nenner gehören.

Grüne brauchen keine Sorgen um ihre Identität zu haben, denn sie ist allenthalben nicht tilgbar. Sie sind der Joker in der verkrusteten Parteienlandschaft, und die Union wird einen Teil ihres eigenen Panzers, geboren in Zeiten des Kalten Krieges und der alten Klassengesellschaft, ablegen müssen, um ihm gerecht zu werden. Schwarz-Gelb war gestern, Schwarz-Grün ist das Morgen. Lebensweltlich würde alles passen, denn die Feinderklärungen von früher sind längst in den Archivschränken verschwunden. Grüne verkörpern die Bürgerrechtlichkeit der Liberalen von einst; die Union wird sie zu schätzen lernen. Beide zusammen mögen einander mit Aversion begegnet sein. Es lohnt nicht, die Abneigungen künstlich weiter zu kultivieren.

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