Privatisierung öffentlicher Güter: Seen sollen staatlich bleiben
Opposition und betroffene Bundesländer wollen den Verkauf von Seen in den neuen Ländern endgültig stoppen. Ackerland wird auch dort teurer, bleibt aber deutlich billiger als im Westen.
BERLIN taz | Fragen zum Verkauf von bundeseigenen Seen an Privatleute schätzen die Chefs der Bodenverwertungs- und -verwaltungs GmbH (BVVG) gar nicht. "Es gibt keinen Stand, und es gibt keine Privatisierung", schnaubte der Sprecher der Geschäftsführung, Wolfgang Horstmann, als er am Freitag in Berlin die BVVG-Jahresbilanz vorstellte. Das Unternehmen, das im Auftrag des Bundes Agrarflächen in den neuen Ländern verkauft, war wegen seiner Seenverkäufe heftig in die Kritik geraten und hatte sie daraufhin im Sommer vergangenen Jahres ausgesetzt.
Die Opposition im Bundestag und betroffene Länder wollen die Privatisierung nun stoppen. Die Bundestagsfraktionen von SPD und Linkspartei haben jeweils Anträge ins Parlament eingebracht, in denen sie die kostenlose Übertragung der Seen an Länder oder Kommunen fordern. Dabei geht es um zirka 15.000 Hektar Seengebiet in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern.
Der Bund hat den beiden Ländern Gespräche angeboten. Verschenken möchte er die Gewässer aber nicht, sagt der Staatssekretär Werner Gatzer im CDU-geführten Bundesfinanzministerium. "Das ist nicht erforderlich", meint Gatzer, "der Schutz des Zugangs zu den Seen kann über landesgesetzliche Regelungen sichergestellt werden." Der Bund habe in der Vergangenheit bereits darauf geachtet, dass der Zugang zu den Seen vertraglich gesichert werde.
"Aber zu welchem Preis?", fragt Michael Jungclaus von den Grünen im Brandenburger Landtag. Etwa habe die Kommune Wandlitz am Berliner Wandlitzsee nach dessen Verkauf an einen Düsseldorfer Investor viel Geld dafür bezahlen müssen, damit er weiter als Freibad nutzbar bleibe. Der tourismuspolitische Sprecher der SPD, Hans-Joachim Hacker, sagt: "Eine Privatisierung birgt Risiken." Die Gewässer blieben besser in öffentlicher Hand. Zudem müsse sichergestellt werden, dass sie dort auch "in Zeiten klammer Kassen" blieben, fordert Jungclaus.
Einen Schritt weiter geht die Linke in ihrem Bundestagsantrag. Sie möchte die weitere Privatisierung von landwirtschaftlichen Flächen generell unterbinden. 44.400 Hektar Agrarflächen und 10.200 Hektar Wald will die BVVG in nächsten Jahr veräußern. Die Verkäufe der Gesellschaft hätten "zu überproportional ansteigenden Wertfestsetzungen für land- und forstwirtschaftliche Flächen geführt", kritisiert die Partei in einem Bundestagsantrag vom Dezember. Solch teuer erworbene Äcker und Wiesen könnten nach "guter fachlicher Praxis" nicht mehr bewirtschaftet werden.
Tatsächlich werden Ackerflächen in Ostdeutschland immer teurer. Zwar liegen die Preise mit rund 8.200 Euro pro Hektar immer noch deutlich niedriger als im Westen; dort kostet der Hektar mit durchschnittlich 17.200 Euro mehr als doppelt so viel. Doch bekam die BVVG für ihre Flächen im vergangenen Jahr immerhin 20 Prozent mehr als im Jahr 2008. Sie hat über 73.000 Hektar Fläche verkauft und damit einen Erlös von 474 Millionen Euro erzielt. Horstmann begründet das mit den generell steigenden Preisen für Boden.
"In Deutschland verlieren wir täglich 100 Hektar landwirtschaftlicher Flächen", sagte Horstmann, "was knapper wird, wird teurer." Zudem seien viele Kapitalanleger auf der Suche nach sicheren Anlagen. "Das Geld findet seinen Weg in die Fläche", so Horstmann.
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