Pressesubventionen in Dänemark: Zuschuss für Onlinemedien
Ein neues Gesetz in Dänemark beschließt, künftig auch Onlinemedien zu subventionieren. Die Printmedien fürchten um ihre Besitzstände.
STOCKHOLM taz | „Nach 13 Jahren können wir erstmals Pressesubventionen beantragen.“ Ole Wugge Christiansen, Redakteur des linksunabhängigen Internetauftritts „Modkraft“ („Gegenkraft“) ist zufrieden: In Kopenhagen will man nämlich endlich berücksichtigen, dass die demokratische Debatte schon lange nicht mehr allein in Printmedien stattfindet. Ende letzter Woche einigte sich die sozialdemokratisch geführte dänische Mitte-links-Regierung mit der Linkspartei „Einheitsliste“ auf eine grundlegende Reform des dortigen Pressesubventionssystems.
Bislang wurde in Dänemark der Vertrieb der Papierpresse subventioniert. An dessen Stelle soll jetzt eine von der Plattform unabhängige Produktionssubvention treten. Grundsätzlich subventionsberechtigt sind gedruckte Medien oder Internetauftritte, deren Inhalt zur Hälfte aus redaktionellem und davon zu einem Drittel aus eigenproduziertem Material besteht. Wiederum die Hälfte des redaktionellen Materials muss zu politischen Themen oder solchen mit „gesellschaftlichem Bezug“ sein.
Weitere Voraussetzungen: Die Medien müssen mindestens drei Redakteursarbeitsplätze haben. Es wird allerdings eine Dispensordnung eingeführt, wodurch zeitweise auch unentgeltlich arbeitende Mitarbeiter mitgerechnet werden können, soweit diese regelmäßig zur Produktion beitragen. Auch Publikationen von Parteien können Geld vom Staat erhalten, während die von Institutionen oder Verbänden (Gewerkschaften, Arbeitgebern) dann nicht berechtigt sind, wenn diese mehr als zwei Drittel der Publikation besitzen.
Die Höhe der Subvention wird in Relation zu den jeweiligen redaktionellen Kosten gesetzt. Es gibt ein Dach von umgerechnet 2,3 Millionen Euro, das sind 35 Prozent der redaktionellen Kosten des Titels. Außerdem wird noch ein spezieller „Innovationstopf“ für die Lancierung neuer Publikationen und ein zusätzlicher Budgettitel für die Entwicklung und Sanierung bestehender Medien geschaffen.
55 Millionen Euro pro Jahr
Rund 55 Millionen Euro will der Staat jährlich zur Verfügung stellen. Womit für das Subventionsziel, das das federführende Kultusministerium als „Demokratistøtte“ („Unterstützung der Demokratie“) definiert, jede Dänin und jeder Däne in Zukunft pro Jahr rechnerisch 10 Euro Steuergelder beitragen soll.
Das Modell werde „viele Medien sichern“, hofft der Vorsitzende des Journalistenverbands, Mogens Blicher Bjerregård. Er begrüßt, dass künftig für Subventionen nicht mehr die jeweilige Plattform entscheidend sei: „Es geht ja nicht um Papier, sondern um Journalismus und Substanz.“ „Ärgerlich“ findet dagegen die medienpolitische Sprecherin der oppositionellen rechtliberalen Venstre, Ellen Trane Nørby, den Regierungsbeschluss. Sie befürchtet, dass viele lokale oder regionale Printmedien die Verlierer des neuen Gesetzes sein dürften.
Tatsächlich werden vor allem die auflagenstarken überregionalen Blätter, die bisher stark von den Vertriebssubventionen profitierten, weniger Geld bekommen. Während kleinere Tageszeitungen wie die linke Information oder das christliche Kristeligt Dagblad, die ohne diese Subventionen kaum bis heute überlebt hätten und rund ein Viertel ihrer Kosten auf diese Weise finanzieren, in etwa mit einem gleichbleibenden Niveau rechnen können.
Der Staat sehe keine Veranlassung, ein überkommenes Geschäftsmodell künstlich am Leben zu halten, erklärte die sozial-liberale Kultusministerin Marianne Jelved. Man wolle stattdessen „alle Plattformen fördern, die gesellschaftliche Debatten voranbringen und Machthaber kritisch unter die Lupe nehmen“. Die Printmedien müssten eben „selbst ihren Weg finden“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Stellenabbau bei Thyssenkrupp
Kommen jetzt die stahlharten Zeiten?
Iran als Bedrohung Israels
„Iran könnte ein Arsenal an Atomwaffen bauen“
Verfassungsrechtler für AfD-Verbot
„Den Staat vor Unterminierung schützen“