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Pressekonferenz mit Angela MerkelHätte er doch besser nur berichtet

Der Leiter des ZDF-Studios in Brüssel schmeißt sich an die Kanzlerin ran und singt ihr ein Ständchen. So unangenehm das ist, Merkel kann es freuen.

Udo van Kampen: Journalisten-Darsteller beim ZDF. Bild: imago/Hoffmann

BERLIN taz | Angela Merkel feiert ihren 60. Geburtstag. Wie schön für sie. Ein guter Anlass auch für Journalisten, sich mal wieder mit der Bundeskanzlerin zu beschäftigen. Der Spiegel nahm ihr Jubiläum zum Anlass, um über ihren baldigen Rücktritt zu spekulieren – was Merkel dementieren ließ –, anderswo finden sich Porträts der Kanzlerin. So funktioniert Journalismus – alles kein Problem.

Wie Journalismus nicht funktioniert, hat dagegen der ZDF-Journalist Udo van Kampen gezeigt. Wobei Journalist vielleicht die falsche Bezeichnung für den Leiter des ZDF-Studios in Brüssel ist. Denn an seiner Aufgabe, kritische Distanz zu den Mächtigen zu wahren und trotzdem über sie zu berichten, ist der 65-Jährige grandios gescheitert.

Van Kampen war es stattdessen ein Anliegen, der Kanzlerin auf einer nächtlichen Presskonferenz in Brüssel ein Geburtstagsständchen zu singen. Hochnotpeinlich krächzte van Kampen die Zeilen „Happy Birthday, liebe Bundeskanzlerin“ durch den Saal – keine Spur vom erotisch dahin gehauchten Original, das Marilyn Monroe einst dem US-Präsidenten John F. Kennedy vortrug.

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Dass die gesangliche Anbiederung unter die Kategorie Schnapsidee fällt, stellte der ehemalige Schlagzeuger wohl schon während seines Vortrages fest. Wiederholt schaute er sich panisch-flehend zu seinen Kollegen um, in der Hoffnung, sie würden ins Liedchen einsteigen. Doch die dachten gar nicht daran.

Ganz der Entertainer zog van Kampen seine Show dennoch bis zum Ende durch, fuchtelte dazu wild mit den Armen, als könne er damit sein Publikum animieren. All das wirkte so traurig wie ein Auftritt von Achim Menzel bei einer Supermarkteröffnung in Bernau. Dass sich Angela Merkel lieber dorthin gewünscht hätte, kann man sich vorstellen. Die Situation war ihr sichtlich unangenehm, ihre Reaktion ehrlich: „Hätte ich mitsingen müssen – dann wäre es besser geworden“.

Das Problem ist das System

Nichtsdestotrotz kann sich eine Politikerin wie Merkel über einen Journalisten-Darsteller wie van Kampen nur freuen. Wo Medienvertreter sich den Mächtigen derart an den Hals werfen, droht keine Gefahr. Van Kampen kann als Teil eines Systems gelten, in dem Klüngelrunden, persönlichen Seilschaften und Tauschgeschäfte von Informationen gegen wohlgesinnte Berichterstattung das Verhältnis von Politik und Medien durchziehen. Dabei gilt: Je mächtiger und größer das jeweilige Medium, desto enger die Bindungen. Denn wer ganz vorne mitspielen will, darf es sich mit den seinen Informanten und Protagonisten nicht verscherzen.

Nur in einem solchen System können Pressekonferenzen schon einmal mit Applaus enden und bleibt das investigative, kritische Nachfragen die Ausnahme. Wie dies geht, machte vor einigen Jahren ein niederländischer Journalist des Telegraaf vor. Auf einer Bundespressekonferenz konfrontierte er Angela Merkel mit der Verstrickung Wolfgang Schäubles in die CDU-Spendenaffäre.

Nachdrücklich fragte er sie, wie sie jemanden, der 100.000 D-Mark von einem Waffenhändler annimmt, sich hinterher daran aber nicht mehr „erinnern“ kann, zum Finanzminister machen könnte. Für Merkel eine ernsthaft unangenehme Situation – im Gegensatz zum Geburtstagsständchen.

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7 Kommentare

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  • en passant -

     

    sorry - vermisse ein paar

    Schlagzeugerwitze -

    Elvin Jones hat wenigstens nur

    gebrummelt;-)

  • "Wer Mutti kränkt,

    wird aufgehängt."

     

    So steht`s gehäkelt und gestickt

    auf Biedermeier-Schrankgardinen.

    Ein Holländer, der listig blickt,

    der kann sich hier kein Lob verdienen,

    weil er aus reiner Niedertracht

    die deutsche Mutti so entblößte.

    Und was sie einst zur Maut gesacht,

    zu schreiben, wär die allergrößte

    Unverschämtheit, die es gibt.

    Sowas gilt es zu vermeiden,

    weil Mutti schließlich alle liebt;

    sich selbst und diese andren beiden

    Muttis die in Großverlagen

    mit Güte und mit harter Hand

    das Zepter schwingen und uns sagen:

    „Alles ist gut im deutschen Land.“

     

    So preisen wir nun Herrn von Kampen,

    der fröhlich „Happy Birthday!“ singt,

    der selbst im Schein von NachtiSchlampen

    noch über seinen Schatten springt.

    Der würde nie zu kritisch sein

    und ungenehme Fragen stellen,

    der schafft, dass Angies Heilgenschein

    schön leuchtet, wenn sonst keine hellen

    Köpfe in der Nähe sind.

     

    In Deutschland weht ein lauer Wind;

    Woher der weht, kann jeder wissen,

    doch Mutter, Vater und das Kind,

    die heben nicht die Kissen.

  • wie dreistestes Weg-Merkeln geht, beweist das wunderschöne Videobeispiel im Artikel (M. zur Frage des niederländischen Journalisten). Das sowas gewählt wird beweisst, dass humpa-humpa-WMgegröle eine lupenreine Alegorie des Politikbewusstseins der Deutschen darstellt

  • 1G
    164 (Profil gelöscht)

    "Hätt' ich mitsingen müssen - wär's besser geworden" ist aber irgendwie schlagfertig :D

  • Massenproteste mit Transparenten, die eine sofortigen Abgang dieser Politikerin fordern, wären angebracht, sonst gar nix.

     

    Merkel muss (bis auf diese ganze WM-Fußball-PR-Wilderei) jeglichen reellen Bezug zur deutschen Bevölkerung verloren haben. Ansonsten wäre das unterträgliche Verhalten dieser Frau in der NSA-Affäre schlichtweg nicht möglich.

     

    Sorry, aber wer der Begründerin der schlimmsten politischen Großepidemie, dem "Wegmerkeln", dann zu etwas anderem außer ihrem Abgang applaudiert, hat den Knall nicht gehört oder steht auf der Gehaltsliste der Union.

  • Vielen Dank an die TAZ, die berichtete. Habs bisher sonst nirgendswo gefunden.

  • Wir wissen doch alle, dass das ZDF seit seiner "Gründung" ein CDU/CSU-Haussender ist! Da kann das Verhalten nicht verwundern. Und nach den aufgedeckten Betrügereien des ZDF kann doch auch niemand mehr die Aussagen des Senders ernst nehmen.