Pressefreiheit: Klage gegen Bremer Gerichtspräsidenten
Dürfen Behörden die Medien willkürlich ungleich informieren? Weil sich die Bremer Gerichtspräsidenten mit Eile und Urlaub herausredeten, will die taz nun den Verstoß vom Verwaltungsgericht festgestellt wissen.
BREMEN taz | Die Präsidenten der Bremischen Gerichte haben der taz keine Wahl der Waffen gelassen: Nun geht es zum Duell vor dem Verwaltungsgericht. Gilt das Grundgesetz auch für Gerichtspräsidenten, die eilig in Urlaub fahren wollen? Das ist die Frage. "Das Vorgehen der Präsidentinnen und Präsidenten der Bremer Obergerichte, der Generalstaatsanwältin sowie des Leiters der Justizvollzugsanstalt waren allein dem Zeitdruck geschuldet", hatten sie dem taz-Anwalt Johannes Eisenberg mitgeteilt, als der sich beschwerte, sie hätten gegen Grundrechte verstoßen.
Eisenberg lässt sich so nicht abspeisen. "Wenn ausgerechnet diese meinen, wenn sie in eigener Sache tätig werden, sich nicht mehr an die Verfassung halten zu müssen und nach Gutdünken ein bestimmtes Medium, das ihnen verspricht, nach dem Munde zu schreiben, zu bevorzugen, zeigt das ein grobes Missverstehen der Pflichten dieser Leute und birgt Wiederholungsgefahr in sich", begründete er die Klage.
Zum Hintergrund: Die sieben Präsidenten von Bremer Obergerichten und die Generalstaatsanwältin hatten einen Pressetermin mit dem Weser Kurier verabredet, um offiziell gegen die drohenden Personalkürzungen zu protestieren. Diese seien "unverantwortlich" und von "Anlass zur höchsten Sorge", war im Weser Kurier am 31. August zu lesen.
Warum waren andere Bremer Medien zu dem Pressetermin nicht eingeladen worden? Kann es sein, dass sie die Rechtslage nicht kennen? Dazu hatte das Bremer Verwaltungsgericht bereits 1997 zu Gunsten der taz in einem Rechtsstreit mit dem damaligen Bremer Innensenator Ralf Borttscheller (CDU), der die taz von einem Hintergrundgespräch ausgeschlossen hatte, festgestellt:
"Die öffentliche Hand hat alle Presseorgane nach Zeitpunkt, Umfang und Inhalt ihrer Auskünfte strikt gleich zubehandeln". Dazu sei die Behörde verpflichtet durch das Grundgesetz Art. 3. In einem Brief forderte der taz-Anwalt die Richter auf, einzuräumen, dass sie dagegen verstoßen hätten. Andernfalls würde sich "die Frage stellen können, ob bei Ihnen die Verfassungsmäßigkeit von Verwaltungshandeln und dessen Kontrolle in guten Händen ist."
In ihrer Antwort verwiesen die Gerichtspräsidenten auf die Urlaubskalender und verbaten sich "Äußerungen, die unsere Integrität in Zweifel ziehen".
Die Gerichtspräsidenten werden in dem Rechtsstreit durch ihren Dienstherren vertreten, den Justizsenator. Ironie der Geschichte: Für die Klage zuständig ist dieselbe Kammer, die 1997 den Innensenator an das Grundgesetz erinnerte. Dass die Geschichte mit dem Urlaub eine Ausrede ist, zeigt ein Blick auf die Termine:
Am 22. August hatten die Gerichtspräsidenten von den Kürzungen erfahren, am 25. fand die Pressekonferenz mit dem Weser Kurier statt, am 26. ein Fototermin. Am 31. August druckte der Weser Kurier, was die Gerichtspräsidenten berichtet hatten. Keiner der sieben beteiligten Justiz-Verantwortlichen hatte in dieser Woche seine PressesprecherIn gebeten, mal eben die Mailliste der Ansprechpartner der Presse herüberzureichen.
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