Pressefreiheit und Justiz im Iran: Journalistinnen begnadigt
Niloofar Hamedi und Elahe Mohammadi hatten den Tod der iranischen Kurdin Jina Mahsa Amini öffentlich gemacht – und dafür mit langen Haftstrafen bezahlt.
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Hamedi, die für die Zeitung Shargh arbeitet, und Mohammadi, Reporterin der Tageszeitung Ham-Mihan, wurden im Herbst 2022 festgenommen, nachdem sie über den Tod der jungen Kurdin Jina Mahsa Amini berichtet hatten. Hamedi machte das bekannte Foto der trauernden Eltern Aminis im Krankenhaus, während Mohammadi aus Saqqez über die Beerdigung berichtete. Ihre Berichterstattung trug maßgeblich dazu bei, dass der Fall international Aufmerksamkeit erlangte und die landesweiten „Frau, Leben, Freiheit“-Proteste auslöste.
Die Islamische Republik Iran machte die beiden Journalistinnen für den Ausbruch dieser Bewegung verantwortlich und sie wurden zu langen Haftstrafen verurteilt. Im Januar 2024 wurden sie gegen eine Kaution von jeweils 200.000 US-Dollar vorübergehend aus der Haft entlassen, bis das Urteil rechtskräftig ist. Neben ihren Angehörigen warteten zahlreiche Menschen vor dem Gefängnis und auf den Straßen Teherans auf die Journalistinnen. Unter „Frau, Leben, Freiheit“-Rufen wurden sie in Freiheit empfangen.
Nun wurden sie ihren Anwälten zufolge begnadigt, die Akten geschlossen. Dies sei „selbstverständlich eine politische Entscheidung“, erklärt Mariam Claren, Menschenrechtsaktivistin. „Die beiden hätten nie inhaftiert werden dürfen.“ Das Regime in Teheran wolle „mal wieder so tun, als ob es eine sanfte, humanitäre Seite hätte“, so Claren weiter.
Auf der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen befindet sich Iran auf Platz 176 von 180. Journalist*innen werden regelmäßig von Geheimdiensten bedroht, willkürlich inhaftiert und zu Haftstrafen verurteilt. Gleichzeitig steigt auch die Zahl der Hinrichtungen. Im vergangenen Jahr 2024 wurden den Vereinten Nationen zufolge mindestens 901 Menschen hingerichtet.
Am Dienstagmorgen versammelten sich bekannte Aktivist*innen vor dem Evin-Gefängnis und protestierten gegen die Todesstrafe, darunter die Friedensnobelpreisträgerin Narges Mohammadi und der Filmregisseur Jafar Panahi. Auch die Familie der kurdischen politischen Gefangenen, Verisheh Moradi, die zum Tode verurteilt wurde, schloss sich der Kundgebung an. „Die Aktivist*innen im Land haben gezeigt, was Widerstand bedeutet“, sagt Mariam Claren. „Sie protestieren dort, wo sie der Gefahr ausgesetzt sind. Das ist der wahre Widerstand.“
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