piwik no script img

Pressefreiheit in BirmaMedien? Keine Lust

Nach mehr als 50 Jahren Militärregime bekommt Birma eine demokratisch legitimierte Regierung. Die Rolle der Presse bleibt dabei unbeachtet.

Auch nicht sehr gesprächig: Pe Myint, frisch ernannter Informationsminister Foto: dpa

Rangun taz | Journalisten sollen keine dummen Fragen stellen, statt eines Medienzentrums werden im Parlament No-interview-Areale eingerichtet, und berichtet soll überhaupt am besten nur dann werden, wenn es der Partei genehm ist.

Die Rede ist nicht etwa von China oder Nordkorea, sondern von Birma, dem international gefeierten Newcomer in der Riege der demokratischen Staaten der Welt. Die Situation macht viele Journalisten im Land ratlos. Im Wahlkampf unterstützten sie klar Aung San Suu Kyi, die Galionsfigur der Demokratiebewegung, und ihre Nationale Liga für Demokratie (NLD). Inzwischen fühlen sie sich im Stich gelassen.

Die NLD kommuniziert nicht mit den Medien: Abgeordnete werden angewiesen, Journalisten keine Auskunft zu geben, Pressekonferenzen oder Mitteilungen sind rar und die NLD-Sprecher wenig hilfreich. Bei einer Konferenz zur Medienentwicklung im Dezember kritisierten die teilnehmenden Journalisten vor allem mangelnde Transparenz als ihr Problem mit der NLD.

2011 leitete die birmesische Militärjunta überraschend die Demokratisierung ein. Bald wurde auch die Pressezensur abgeschafft. Die privaten Medien machten seither keinen Hehl daraus, dass sie die NLD an die Macht bringen wollten. Ihr Ziel ist erreicht.

Bei den Parlamentswahlen im November gewann die NLD die überwältigende Mehrheit der Stimmen. Das erste Mal seit über fünfzig Jahren wird Birma ab April von einer demokratisch legitimierten Regierung geführt werden.

„Die Brücke zum Volk“

Doch der Übergang wir wohl seine Zeit brauchen. „Die NLD hat nicht verstanden, dass Medien in einer Demokratie die Brücke zum Volk sind“, sagt Kyaw Min Swe. Er ist Chefredakteur der Zeitung The Voice und war bis vor Kurzem Mitglied des Presserats.

Seiner Meinung nach hätten es Journalisten mit der militärgestützten Vorgängerregierung oftmals einfacher gehabt als mit der geheimniskrämerischen NLD, die von Öffentlichkeitsarbeit keine Ahnung hätte. Das jüngste Beispiel: Als die Partei vor Kurzem einen Präsidenten nominierte, über den niemand in der Partei viel wusste, und Journalisten daraufhin reihenweise falsche Informationen über ihn veröffentlichten, war die NLD verärgert. „Dabei haben sie erst am Abend eine offizielle Biografie veröffentlicht“, sagt Kyaw Min Swe verärgert.

Das Problem: Die Macht in der NLD ist derart zentralisiert, dass eigentlich niemand anderer als Aung San Suu Kyi selbst Auskunft geben kann. „Die NLD vertraut den Medien nicht. Und das teilweise zu Recht: Wir sind eine sehr junge Demokratie und unsere Journalisten müssen noch viel lernen,“ sagt Chefredakteur Kyaw Min Swe.

Zumindest darin ist er sich mit Myo Yan Naung Thein, Chef der Strategieabteilung bei der NLD, einig. Die Hälfte seines Lebens verbrachte der als politischer Gefangener in Haft. Transparenz ist für ihn Nebensache. „Ich will Wandel für unser Land“, sagt er und erzählt eine Geschichte, die man dieser Tage von der NLD sehr oft zu hören bekommt.

Nichts riskieren

1990 errang die Partei bei Wahlen schon einmal einen überwältigenden Sieg. Die Medien hätten dann ein Interview mit einem NLD-Mitglied falsch interpretiert, erinnert sich Myo Yan Naung Thein. Die Generäle fühlten sich davon provoziert und annullierten das Wahlergebnis, der Machttransfer an die NLD fand nie statt, mit der Demokratie war es das.

Sensibel ist nicht nur er. „Wir werden bestimmt nichts riskieren für fünf oder zehn Minuten Medienbericht“, sagt Win Htein, ein 74-jähriges Urgestein der NLD, im Januar in einem Interview mit Radio Free Asia.

Dann raunzte er einen Reporter, der sich für das Gespräch bedankte, an: „Bedanken Sie sich nicht, denken Sie lieber, bevor Sie mir Fragen stellen.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!