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Pressefreiheit beim G20-GipfelDie Last der Vergangenheit

Bei den von G20 ausgeschlossenen Journalisten geht es oft um Verstöße, die Jahre zurückliegen. Auch ein Fotograf, der für die taz arbeitet, ist betroffen.

Viele offene Fragen: Wer darf die Air Force One fotografieren? Foto: dpa

Berlin taz | Zum zweiten Mal in dieser Woche nahm Innenministeriumssprecher Tobias Plate am Freitag in der Bundespressekonferenz Platz, und wieder interessierten sich die Journalisten vor allem für eines: Den Entzug der Akkreditierung für 32 Journalisten beim G20-Gipfel in Hamburg. Und zum ersten Mal waren Plate Details zu entlocken.

Unter den Ausgeschlossenen seien „etliche Personen mit Straftaten und Verurteilungen“ aus dem „linksextremen Spektrum“, so der Sprecher von Innenmi­nister Thomas de Mai­zière (CDU). Bei einem weiteren Betroffenen gebe es „verdichtete Er­kenntnisse“ über eine Zugehörigkeit zur rechten Reichsbürgerszene.

Laut Plate hätten diese Erkenntnisse über 28 Journalisten bereits zum Zeitpunkt der Akkreditierung vorgelegen; man habe sich aber entschieden, weniger „grundrechtsentziehend“ zu handeln und die Personen dennoch zu akkreditieren. Bei weiteren vier Journalisten hätten sich erst nach der Akkreditierung neue Erkenntnisse ­ergeben.

Einer der Betroffen soll den Sicherheitsbehörden als „Leiter“ von schwarzen Blöcken auf Demonstrationen bekannt sein und sich dort ­„extrem gewalttätig verhalten haben“. Mit Verweis auf den Datenschutz wollte sich Plate nicht zu Einzelfällen äußern.

Plate bestätigte jedoch einen Bericht des Tagesspiegels vom Freitag, wonach es beim Entzug der Akkreditierungen auch um Straftaten wie „Landfriedensbruch, Graffiti und andere Sachbeschädigungen“ gegangen sei. Dabei handele es sich aber nicht zwingend um aktuelle Delikte, sagte der Sprecher auf Nachfrage. Es gehe auch um Sachverhalte, „die einige Jahre her sind“. Betroffene könnten beim Datenschutzbeauftragten des Bundeskriminalamts (BKA) die Gründe für ihre Ablehnung erfragen.

Verstoß gegen das Versammlungsgesetz – vor 12 Jahren

Björn Kietzmann gehört zu jenen, denen die Akkreditierung nachträglich entzogen wurde, und zwar wegen eines Vorfalls, der schon einige Jahre zurückliegt. Der Pressefotograf, der unter anderem für die taz tätig ist, wurde nach eigenen Angaben 2005 wegen eines geringen Verstoßes gegen das Versammlungsrecht verurteilt. „Von dem Vorfall steht nichts in meinem Führungszeugnis, und ich würde mich auch nicht als Leiter des schwarzen Blocks bezeich­nen“, sagte Kietzmann der taz.

Kietzmann berichtete seit vergangenen Mittwoch vom Gipfel, als das BKA ihm am Freitag den Zugang zum Pressezentrum verweigerte und ihm die Akkreditierung abnahm. Man habe ihn an die „Petentenstelle“ des Amts verwiesen, erzählt Kietzmann. Er habe sich am Mittwoch per E-Mail an diese Stelle gewandt und um Erklärung gebeten, aber bisher keine Antwort erhalten.

Der Journalist verfügte 2016 über eine Dauerakkreditierung für die Bundesministerien und berichtete 2015 vom G7-Gipfel sowie 2013 vom Staatsbesuch des damaligen US-Präsidenten Barack Obama. Es bleiben also viele Fragen – auch für kommende Regierungspressekonferenzen.

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