Press-Schlag: Knockin’ an seiner Himmelspforte
Darf man das Gesamtkunstwerk Franz Beckenbauer wegen der Nähe zu Fifa-Boss Joseph S. Blatter und dem Gazprom-Moloch rügen? Ja mei.
E s gibt nicht sehr viele Menschen in Deutschland, die den Status der Unangreifbarkeit erreicht haben. Was nicht einmal Papst Benedikt trotz himmlischer Kontakte für sich reklamieren konnte, das gilt seit Jahrzehnten für Franz Beckenbauer. Er ist imprägniert gegen alles Widrige. Es perlt an ihm ab.
Wobei: So undurchdringlich muss seine Schutzschicht gar nicht sein, denn sehr viel prasselt nicht ein auf Beckenbauer. Es gibt praktisch niemanden, der ihm Schlechtes will oder gar mit Schmutz wirft. Er ist der Kaiser, der lockere Plauderer, der gut gelaunte Charmeur, Deutschlands großer Kicker mit dem Überschmäh.
Der Franz darf alles. Darauf hat sich die Öffentlichkeit seit Langem geeinigt. Er schließt einen Vertrag mit Gazprom ab? Ja mei, er ist halt ein begehrter Werbeprofi. Er wird in einer Tempo-30-Zone mit 71 Sachen geblitzt, was für einen Normalsterblichen mit erheblichen Konsequenzen verbunden wäre? Beckenbauer passiert gar nichts; nur die Beamten, die ihn schützten, müssen sich wegen Urkundendelikten verantworten.
Er benimmt sich im Beisein der spanischen Königin Sofia etwas daneben, das heißt, er schimpft wie ein „Giesinger Kesselflicker“ (Beckenbauer über Beckenbauer)? Eine witzige Episode, die sogar die Königin total komisch findet: „Ich liebe Emotionen!“
ist taz-Sportredakteur.
Es soll erste Theologen geben, die sich mit Beckenbauers Apotheose beschäftigen, also seinem Übertritt ins Reich der Halbgötter. So ein Mensch wird natürlich mit anderen Instrumenten gemessen. Starre Moralmaßstäbe werden in seinem Beisein weich wie Kautschuk. Er ist der beste Beweis dafür, dass auch ernste Sachen einen Interpretationsspielraum haben, der nicht selten größer ist als ein Fußballfeld.
Sie sind ganz dicke
So gesehen handelt es sich bei der Nähe von Beckenbauer zu Fifa-Boss Sepp Blatter um eine Lappalie, ach was, sie ist gar nicht der Rede wert. Nur weil wir ein paar Zeilen schinden wollen, halten wir also fest, dass der Mauschelmann Blatter jetzt über Beckenbauer gesagt hat: „Er ist mein Freund und Berater, begleitet mich im Sommer zum Konföderationen-Pokal nach Brasilien. Ich habe den Franz fest an mich gebunden.“ Sie sind ganz dicke.
Während Theo Zwanziger für so etwas schlimme Haue beziehen würde von der deutschen Presse, schaut man beim Franz darüber hinweg. Ja mei, sagt sich die kritische Öffentlichkeit, es ist halt der Franz, was soll man machen? Nun ja, man könnte mit allem nötigen Respekt an die Beckenbauer’sche Himmelspforte klopfen und ihm sagen, dass sich da einer ziemlich opportunistisch verhält. Dass er jeden Heller, der ihm von Sponsoren angeboten wird, einsackt. Dass er seine Prominenz auch für Besseres nutzen könnte als für Altmänner-Golfturniere und Larifari-Expertisen im Fernsehen. Dass sein Image doch nichts anderes ist als eine folkloristische Hülle.
Aber so weit wollen wir selbstverständlich nicht gehen. Wir wissen doch alle, was wir an unserem Kaiser haben. Er hat ja viel mehr für dieses Land getan als Papa Ratzi und Angela zusammen. Franz Beckenbauer ist ein Gesamtkunstwerk, das von den Deutschen in jeder Lebenslage bestaunt wird: Er ist reich und durchaus mächtig, und scheint doch frei zu sein von den Deformationen der Oberen. Er ist: der Franz. Ja mei.
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