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Premiere von "Gottschalk Live""Ich bin ein Star – guckt mal hier rauf"

Bei der Premiere seiner neuen Talkshow feiert sich Gottschalk selbst – und beendet die Sendung, die er als der Größte begonnen hat, auf dem Studioflokati kniend.

Irre famous: Thomas Gottschalk, hier mit Bully Herbig. Bild: dapd

Schon der Trailer ließ Schlimmes befürchten. "Er kennt die Welt, und die Welt kennt ihn", sonort Robert De Niros Synchronstimme Christian Brückner zu Aufnahmen eines durch Berlin chauffierten Thomas Gottschalk. ER beim Shakehands mit Barack Obama, ER beim Busseln mit Lady Gaga.

Wow, schreien die Bilder, dieser Gottschalk ist so irre famous, dass wir, die ARD, es immer noch nicht fassen können, dass er bei uns unterschrieben hat. Und dann auch noch für eine Sendung am Vorabend! Innerlich knallen die Sektkorken in der ARD beim Gedanken an ihren Teufelsdeal immer noch.

Das erste von drei wesentlichen Problemen der Premiere von "Gottschalk Live" am Montag im Ersten war, dass Gottschalk mitgefeiert hat, sich mitgefeiert hat. Am Vortag habe er in Berlin Nicolas Cage getroffen und in die Sendung eingeladen, erzählte er zu Beginn – um den Hollywoodstar gleich darauf wieder auszuladen. Warum, hat man nicht so ganz verstanden. Die wahrscheinlichste Antwort: Weil er es kann.

Unsympathische Selbstbeschwipstheit

Seine substanzarme Analyse der gescheiterten Ehe von Heidi Klum und Seal garnierte Gottschalk mit der Bemerkung, dass er ja schon mehrfach bei den beiden zu Hause gewesen sei und Seal ihn bis zuletzt mit "Herr Gottschalk" angeredet habe. Puh, kann ihm bitte mal jemand sagen, wie unsympathisch diese Selbstbeschwipstheit rüberkommt, dieses "Ich bin ein Star – guckt mal hier rauf"? Klar ist Gottschalk berühmt – aber muss er selbst das in jedem zweiten Satz rauskehren?! Von Understatement, geschweige denn Demut keine Spur.

Der zweite Grund, aus dem man mit dem neuen Format, einer Mischung aus "MTV Home" und dem "Wort zum Sonntag", in der ersten Sendung nicht so recht warm wurde, ist, dass "Gottschalk Live" andauernd von ...

W E R B U N G

... unterbrochen wurde: Kaum hatte Michael Bully Herbig, der erste Gast im Studioloft, zur Antwort auf eine soeben eingeblendete Zuschauerfrage angesetzt – "Gottschalk Live" gibt sich interaktiv, wovon in der Sendung selbst aber außer dieser Frage kaum was zu merken war –, fiel Herbig das Jingle ins Wort. Da half es auch nichts, dass man in zwei von drei (überwiegend zugegeben kurzen) Werbeblöcken dank Splitscreen weiter ins Studio gucken konnte.

Wer bitte hat sich das ausgedacht?! Und warum?!! Wie wäre es mit einem kompakten Werbeblock und dem Wetter erst im Anschluss an "Gottschalk Live" gewesen statt hinten an den längsten Werbeblock drangeklatscht? (Bitte, gern geschehen.) Mehr Umschaltanreize kann man dem Zuschauer nur mit seeehr viel Fantasie bieten.

Und dann litt die Premiere von "Gottschalk Live" unter der Anspannung des Moderators, der einst die Lockerheit ins deutsche Fernsehen gebracht hat. Ohne Atempause für sich und die Zuschauer hetzte er durch die halbstündige Sendung – ein Eindruck, der durch die zahlreichen Werbeunterbrechungen noch verstärkt wurde. "Äußerst temporeich", euphemisierte ARD-Programmdirektor Volker Herres in der Jubelpressemeldung – 4,34 Millionen Zuschauer (14,6 Prozent Marktanteil) hatten vor der "Tagesschau" nichts Besseres vor.

Zwischen Hybris und Muffensausen

Zerrissen zwischen Hybris und Muffensausen bat Thomas Gottschalk am Montag die Bild-Leserschaft: "Sie dürfen alles – nur eines nicht: mich gleich beim ersten Mal fressen! Geben Sie mir eine Chance." Die Geduld der Zuschauer dürfte größer sein als die der Fernsehkritiker (bei aller grundsätzlichen Sympathie für das Wagnis, das Gottschalk noch einmal eingegangen ist!), aber auch die ist endlich. "Eine halbe Stunde zum Durchatmen" hat Gottschalk im Vorfeld versprochen – genau das wollen die Zuschauer nach Feierabend, genau das hat Gottschalk bei der Premiere nicht eingelöst.

Als Vollprofi wird Gottschalk am Ende der Sendung gewusst haben, dass er es besser kann. "Ich brauche jeden Zuschauer", bettelte er in die Kamera, notdürftig von Ironie ummäntelt. Welch bizarres Finale: Die Sendung, die er als der Größte begonnen hat, beendete er auf dem Studioflokati kniend. Das ist nicht der Fall des Thomas Gottschalk, aber man riecht den Angstschweiß. Durch den Fernseher.

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21 Kommentare

 / 
  • FG
    Frank Gerlach

    Gottschalk bezeichnet sich in seiner neuen Show als "Hauspsychologen" der ARD. Seine psychologische Kompetenz leitet es aus dem Umstand ab, daß er tagelang die Trennung von Seal/Klum kommentiert. Diese Kommentare bestehen aber im Grunde nur aus der Schwachsinns-These, daß die Beziehung zweier Menschen, die beide im show business tätig sind, zum Scheitern verurteilt sei. Dieser Eindruck kann dadurch entstehen, daß auf dem Boulevard gerne die Trennungen von "Promis" verhandelt werden. Jahrzehnte anhaltende, gut laufende Beziehungen, derer es eine erkleckliche Anzahl gibt, sind natürlich wenig spektakulär und berichtenswert. Gottschalk untermauert seine These mit einer zweiten, nicht weniger schwachsinnigen These, nämlich daß das überall so wäre wo beide Partner den gleichen Beruf haben. Als Beispiel nennt er die Unmöglichkeit der Beziehung zwischen zwei Urologen... es wird einfach immer absurder!

    Das insistieren auf dem Seal/Klum-Thema erfüllt jedoch noch weitere Zwecke- so hält es für Gottschalk die Möglichkeit bereit, sich als intimer Freund und Kenner der "Promis" eitel in Szene zu setzen. Offensichtlich hält er es für eine Ehre, mit dem Beauty-Apparatschik Klum das zu sein, was er "befreundet" nennt.

    Möglicherweise erkennen sich beide ja ineinander wieder, verbindet sie doch zumindest eine gewisse roboterhafte Gesamterscheinung. Außerdem scheint den Verantwortlichen dieses öde Thema geeignet zu sein, um Sendezeit wohlfeil auffüllen zu können. Wer aber aus diesem Grund ein solches Thema derart auswalzt, muß sich fragen lassen, was die 60 Redakteure der Sendung eigentlich den ganzen Tag tun.

  • T
    Tobias

    wenn sich die Quoten weiterhon so entwickeln dann sieht es schon in ein paar Tagen SO aus:

    http://absolutobsolet.blogspot.com/2012/01/was-passiert-eigentlich.html

  • WS
    Wolfgang Schmidt

    Houston...wir haben ein Problem!

     

    ich habe mir den angekündigten Raketenstart nicht gleich angeschaut sondern stattdessen nun alle bisherigen 4 Shows hintereinander...und das war...milde ausgedrückt...wirklich hart.

     

    Vorab: Thomas Gottschalk bittet um eine faire Chance, um Gnade und Zeit, die Show zu entwickeln.

    Grundsätzlich bin ich da seiner Meinung. Normalerweise.

    Doch hier sollte man gnadenlos Absetzen. SOFORT!

    Warum?

     

    10 ganz perönliche Meinungsansätze:

     

    1. Hier wird alles, aber auch wirklich alles falsch und schlecht gemacht, was überhaupt möglich ist. Und es gibt tausend Gründe dafür, die die Macher der Show, die Redaktion und die Macher der ARD insgesamt kennen sollten.

     

    2. Wer im Trailer zur Show einen so großen Wurf ankündigt, MUSS Taten folgen lassen. Es war nur eine Blase. Die ist leider geplatzt. Neu aufblasen geht da nicht mehr. Auch keine kleiner Blase. Der Trailer strotzte vor Hochmut. Hochmut kommt vor dem Fall. Der Fall ist da. Seine Tiefe, seine Dauer und damit die Härte des Aufschlags können die Macher selbst bestimmen.

     

    3. Thomas Gottschalk war im Paket mit der großen Unterhaltungsshow "Wetten, daß..." hervorragend. Aber Thomas Gottschalk war nicht Wetten, daß und Wetten, daß nicht Thomas Gottschalk. Alles zusammen war gut. Jeder für sich alleine, ist nicht gut. An der vergangenen "Gottschalk-Wetten, daß-Pause", die es mal gab, hat das ja schon jeder gesehen.

    Warum Gottschalk es nun noch einmal wissen will, weiß bisher nur er selbst.

    Warum er wirklich das ZDF und "Wetten, daß" verlassen hat - vielleicht sollte er es mal ganz ehrlich erklären.

    Manchmal braucht es den K.O. scheinbar zweimal, weil man es beim ersten Mal ja noch dem Zufall oder unglücklichen Umständen, also Pech, zuschreiben könnte.

    Thomas Gottschalk sollte nun wissen, dass es kein Zufall war und die Konsequenzen ziehen. Und zwar schnell. Es sollte sich nicht wie Christian Wulff verhalten und sich an seinem Sessel festtackern. Es sollte gehen solange es noch in Würde geht.

     

    4. Thomas Gottschalk ist ein sehr guter Moderator. Ein Moderator. Ein Showmaster. Er funktioniert nur mit Publikum im Rücken und er funktioniert nur als Moderator. Er ist kein Kabaretist. Er ist kein Schauspieler (auch wenn er mal in Filmen mitgespielt hat). Er ist kein Comedian. Er kann auch witzig sein, aber das ist etwas völlig anderes. Vergleiche oder gar einen "Battle" wie er ihn gerade mit Harald Schmidt versucht, der in all diesen Dingen ausgebildet ist, kann Gottschalk nur haushoch verlieren.

     

    5. Thomas Gotteschalk braucht einen Sprechkurs und die gesamte Abteilung der Sprecherschule der öffentlich-rechtlichen Sender in ihren Medien-Akademien eine Generalüberholung. In einer Show ohne Umgebungslärm fällt erst richtig auf, was Satire-Sendungen wie "Switch" so richtig schön auf die Schippe nehmen: So spricht man heute im Fernsehen nicht mehr. Die heutige Technik sorgt für eine weitestgehend klare Übertragung der Sprache. Man muss nicht mehr so "gehackt" reden, wie es Gottschalk einst gelernt hat. Immer wenn er in diesen gelernten, überholten Trott verfällt, wird es unerträglich lächerlich. Der Meister sollte sich nicht zu schade sein, hier wieder auf die Schulbank zu wandern und zu trainieren.

    Dass auch in anderen Sendungen an anderen Stellen in allen öffentlich-rechtlichen Sendern immer wieder neue Moderatoren mit demselben "Sprachproblem" auftauchen, beweist, dass die Akademien der öffentlich-rechtlichen Sender immer noch die gleiche, heute aber schlechte, Sprachausbildung fahren, wie vor 30 Jahren. Das ist ein Witz und einfach nur schlecht. Reformen, bitte!

     

    6. ARD und Gottschalk erfahren gerade am eigenen Leib, was es heißt, der großen Internetblase, der Social Media-Blase, der Web 2.0-Blase aufgesessen zu sein.

    Alles ist eine einzige große, aufgeblähte Lüge, ein Märchen, nichts weiter als Show.

    Ich bin Internetpionier seit der 1 Stunde, entwickle Konzepte und berate Firmen seit über 15 Jahren. Jede Firma, die mein Kunde war, ist bis heute dankbar dafür, dass ich ihnen mit den wahren, ungeschönten Zahlen, den harten Fakten, die Augen geöffnet habe, damit sie anschließend nicht nach peinlichen Ausreden suchen müssen.

    Also ganz deutlich: Wer glaubt, Facebook hätte wirklich 800 Millionen Nutzer und wäre für den Umsturz der arabischen Gesellschaften verantwortlich, wer glaubt Twitter sei ein Wunder moderner Kommunikation, wer glaubt Social Media und Web 2.0-Inhalte seien unendlich wichtig, unverzichtbar - und wer glaubt, all die Zahlen, die da so herumgereicht werden, würden auch nur im entferntesten der Wahrheit entsprechen, der lebt in einem Traumland, in Utopia und sollte sich rechtzeitig von einem Psychologen mit dem Hammer auf den Kopf schlagen lassen. Denn diese ganzen erschummelten Zahlen glaubt nur, wer sie unbedingt glauben will und anderen auch schön glaubhaft machen möchte.

     

    7. Die ARD möchte und verlangt mit einer solchen Show offensichtlich Dinge und Quoten in Zielgruppen, die sie aufgrund ihrer eigenen Politik niemals erreichen kann. Warum sonst, war Harald Schmidt in der ARD nicht so gut, wie er früher bei Sat1 war und jetzt seit seiner Rückkehr zu Sat1 wieder ist. Es kann also nur an der ARD liegen.

     

    8. Jede Tatsache, jeder Fakt in Sachen Verbindung "TV und Internet" wird hier falsch interpretiert und angewendet. Es gibt scheinbar weder in der ARD noch speziell im Redaktionsteam dieser Sendung Leute mit genug Fachwissen - oder es sind eben der Blase folgend alles Blender.

     

    9. Die ARD ist ein öffentlich-rechtlicher Sender. Er ist über die GEZ gebührenfinanziert. Wer als Sender, als Macher, als Redaktion soviel falsch macht oder bewusst ausblendet, verblendet oder abblendet, so unbeweglich ist und bleibt und sich so größenwahnsinnig Gebühren für gefälschte Zahlen für die Internetpräsenzen einverleibt und verbrennt, dem sollten diese Gebühren wirklich ganz und gar entzogen werden. Dazu kommen noch die schlimmsten Werbeunterbrechungen der Fernsehgeschichte. Wenn das ohne Konsequenzen bleibt, dann ist endgültig klar, dass sich jeder einfach alles erlauben darf, solange sich niemand radikal genug dagegen zur Wehr setzt.

     

    10. Lieber Thomas Gottschalk, guten Tag ARD, bitte stellen Sie ihren Sendebetrieb ein.

  • KO
    Klaus Oberholzer

    HERR Gottschalk ist PUR das, was er immer war - abgesehen von den jungen Jahren beim BR - ein penetrant selbstgefälliger Älterwerdender, der vielleicht auch durch seine sehr extrentrische Frau dazu getrieben wird ständig präsent sein zu müssen, egal wofür.

    Dass er sich nach L.A. abgesetzt hatte, bezeugt lediglich wofür er sich samt Gattin immer gehalten hat - einen Star.

    Eigentlich ist er nur groß, mit Nase. Post samt Gumminaschwerkerzeuger haben ihn in die Höhe geblasen, aus welcher er nun nicht mehr herunter kann.

    "Leistung" und "Talent" ist etwas anderes. Letzteres ist bei G. nicht minimalst vorhanden. Leistung ist es lediglich, dass ihm dieses stete Selbstbeweihräuchern noch nicht hat selbst ersticken lassen.

     

    Einem H.J.Kulenampff war selbst beim nächtlichen Büchervorlesen noch angenehm zuzuschauen.

    Bitte, bitte kommt nicht noch auf die Idee, diesen künstlich aufgeblasenen Großblonden auch noch diese o.ä. Einnahmequellen zu eröffnen.

     

    Er wird ohnehin bei sämtlichen Promi-Quiz-Diskuss-Sendungen herumgereicht werden und darf bestimmt auch noch so manche Gala mit seinem Gesicht verunzieren.

     

    Kleiner geben ist nicht Gottschalks Naturell, nachdem er so lange vom Publikum samt den Sendern hochgehalten wurde.

     

    R.I.P. - irgendwann!

  • FG
    Frank Gerlach

    @ Wolfgamg Franz: An "Wetten daß" war alles schrecklich und spießig. Menschen opferten monatelang ihre Freizeit, um ihre Leistungsfähigkeit im Fernsehen zur Schau stellen zu dürfen.Dazu führten sie absolut sinnlose Fertigkeiten wie das Öffnen einer Bierflasche mit Hilfe eines Gabelstaplers vor. Statt so einen Blödsinn zu trainieren hätten die meisten wohl besser daran getan, sich in ihrer Freizeit an den Fluß zu setzen, auf das Wasser zu blicken und nachzudenken, oder sich stilvoll zu entgrenzen. Aber deutsch sein bedeutet, eine Sache um ihrer selbst willen zu tun, auch ohne daß ihr eine Sinnhaftigkeit innewohnt. Am Ende der Show wurde dann mit großem Brimborium der "Wettkönig" auserkoren- auch das ein Merkmal des verschwitzten Leistungsgedanken, der hinter dem Konzept stand. Die öden Couchgespräche, die furchtbaren Show-acts(Chris de Burgh, der Märchenonkel für geistig zurückgebliebene), der ach-so-lustige "Thommy" mit seinen "verrückten" Outfits u.v.m.... es war einfach alles Scheiße, aufgeblasen zu einer stundenlangen Monstrosität.

  • SS
    Sven S.

    Promis vor Acht: Eine ganz persönliche und subjektive Kritik

     

    Was soll ich sagen: Ich hatte mir mehr erhofft und bin, hm, unzufrieden! Ob zu Recht oder zu Unrecht, das darf jeder selbst entscheiden.

     

    Diese groß angekündigte, Web 2.0 Mitmachsendung scheint mir doch in erster Linie eine kleine Kopie des „Wetten, dass ..?“-Promi-Sofatalks zu sein. Nur eben nicht auf einem Sofa sondern gleich in einem schicken Wohnzimmer mitten in Berlin. Mehr eine Talkshow als ein informatives, frech-interaktives Format mit neuen Wegen/Ideen und einem „neuen“ Thomas Gottschalk. Vielleicht habe ich auch einfach zu viel erwartet, als ich hörte, dass Twitter und Facebook und die Live-Kommunikation mit der Außenwelt eine große Rolle spielen sollen.

     

    Während Thomas Gottschalk mit Franz Beckenbauer und Armin Rohde in wenigen Minuten ein paar Sätze wechselt, findet parallel ein interaktives Rauschen statt, das offensichtlich keinerlei Einfluss auf die Sendung als solche hat. Gut, Thomas darf aus zwei ausgewählten Facebook-„Ich will die Krawatte, weil“-Begründungen die netteste auswählen und eine hässliche Krawatte verschenken, wirklich originell ist das nicht. Für alteingesessene ARD-Verantwortliche mag das innovativ erscheinen, für die Web-Gemeinde ist es Standard.

     

    Für mich heißt dabei sein deutlich mehr als eine Sendung zu sehen und gleichzeitig bei Facebook zu verfolgen, wie sekündlich neue Kommentare auftauchen, die unabhängig voneinander Meinungen widerspiegeln, die in der Sendung kein Echo finden. Ich möchte das Gefühl bekommen, gehört zu werden. Nah dran zu sein.

     

    Ich habe es in den letzten beiden Tagen probiert. Ich habe kommentiert, im chat gepostet, sogar die Redaktion habe ich angemailt. Reaktionen darauf gab es nicht. Im Chat gehen eigene Beiträge einfach unter, weil jeder mit sich selbst und dem Sehen und Kommentieren der Sendung beschäftigt ist. Es ist verständlich, dass niemand auf eine derartige Fülle von Kommentaren reagieren kann. Auch nicht in der Redaktion. Aber meine E-Mails an die Redaktion – nicht einmal ein Autoreply habe ich erhalten. Nichts. Vielleicht sollte ich einen Brief schreiben.

     

    Da stellt sich die Frage, ob wirkliche Interaktivität in so einem großen Rahmen überhaupt möglich ist. Ich glaube: Ja!

     

    Warum hat Thomas Gottschalk keinen Sidekick, der permanent am Rechner sitzt und den Chat begleitet, Fragen an Thomas in die Sendung gibt, Live-Eindrücke aus dem Studio mit den Usern teil? Das fände ich innovativ und interaktiv. Gerne können auchfür jede Sendung vier, fünf ausgewählte User aus ganz Deutschland in einen separaten Chat geladen werden und ihre Fragen stellen und Eindrücke schildern. Warum nicht?

     

    Stattdessen werden (durchaus interessante) Promis in viel zu kurzer Zeit abgefertigt, ohne dass sie in den Kontakt mit den Zuschauern kommen. Warum? Es wäre doch spannend zu erfahren, was Armin Rohde zum aktuellen Zeitgeschehen zu sagen hat. Das er am nächsten Tag in einem Film mitspielt und eine „crazy“ Rolle spielt langweilt mich eher. Und auch Franz Beckenbauer langweilt mich, wenn er das Gleiche sagt, was er auch auf dem „Wetten Dass..?“-Sofa oder im Sportstudio von sich gibt.

     

    Überhaupt fehlt mir der Bezug zum aktuellen Zeitgeschehen. Womit ich nicht meine, dass über Wullf oder die Costa Concordia gesprochen werden soll. Das will Thomas Gottschalk nicht, hat er gesagt. Doch Heidi Klum scheint interessant genug zu sein. So ist mir die Sendung zu seicht, zu anspruchslos, ein bisschen „Freizeit Revue“ als moderiertes TV. Earlynight Kuscheltratsch mit Thommy. Oder, böse ausgedrückt: Gebührenfinanziertes „Pussy-Fernsehen“ mit Starfaktor.

     

    Die Sendung wird von 60 Mitarbeitern begleitet. 60 Mitarbeiter! Die werden doch ihre eigenen Ideen haben. Wenn ich es richtig gesehen habe, sind sie größtenteils jung. Ich hoffe, dass sie auch am Puls der Zeit sind und zusammen mit Thomas Gottschalk in den kommenden Wochen ein Format entwickeln, dass nicht nur pseudo-2.0-mäßig unterhält, sondern Spitzen setzt und die Zuschauer ein ums andere Mal ins Staunen versetzt. Und sich selbst auch!

     

    Viel Glück dabei!

     

    PS: Ich könnte noch stundenlang weiterschreiben, meine Ideen kundtun. Z.B. Publikum im Studio, Fensterputzer, Flashmobs mit Thommy... Aber für heute reicht's erstmal. Jetzt kommt WERBUNG und dann das WETTER!

  • B
    Balina

    Mich haben die Werbeunterbrechungen genervt. Lieber mal 5 Min. hintereinander werben als diese blöden Kurzunterbrechungen zu ertragen - da kann man ja nicht mal aufs Klo gehen...

  • E
    ErnstErnst

    Stern TV Sonntag Abends auf ARD ertragen zu müssen topt das bei weitem...

  • WF
    Wolfgang Franz

    Ihren Kommentar hier eingeben

    Zum Kommentar von Frank Gerlach:

    Als Zeitzeuge, habe ich die 80er im Vergeich zur Gegenwart als weitaus weniger spiessig empfunden.

    Damals gab es Ostermärsche, Demos in Bonn gegen die Nachrüstung etc. Es war auch Ehrensache wählen zu gehen (bei den meisten jungen natürlich grün oder SPD)!!!

    Da ich zwischenzeitlich zum "Spiesser" mutiert bin und in meinen Betrieben 14 Auszublidende (Industriekauffrau/mann. Anlagen- und Maschinenführer)habe, muss ich folgendes feststellen: Das sind alles wirklich nette junge Leute und keineswegs unbequem. In den vielen Gesprächen welche ich mit meinen Azubis geführt habe stelle ich eine grosse Angst fest, den Wohlstand zu verlieren in dem sie aufgewachsen sind.

    Darüberhinaus sind konservative Werte(weisse Hochzeit etc.) sehr hoch im Kurs.

    Das ist eine sicher legitime Abgrenzung der jungen zur älteren Generation, aber wir (50plus) haben das in den angeblich so spiessigen 80ern als spiessig empfunden. - ALLES SPIESSIG ODER WAS???

  • MH
    Martin Heinrichs

    So schlimm fand ich es inhaltlich nicht, oder anderes gesagt, es hätte schlimmer sein können. Aber man darf ihm und dem neuen Format ruhig eine holprige Anfangsphase zugestehen, es gibt schlimmeres im Fernsehn zu sehen. Ich bekomme aber das Gefühl nicht los, man lässt Gottschalk sein öffenlich rechtliches Gnadenbrot als Mainzelmann zwischen der Werbung nun selbst verdienen. Schad dafür.

  • P
    pendejito

    Was mir bei den Sendungen von "Wetten, daß..." schon klar war, hier haben wir es mit einem pathologischen Schwätzer zu tun, der andere nur ungern zu Wort kommen lässt-

    Jedenfalls wurden diese schrecklichen Anfälle bei "Wetten daß..." durch die Wettbewerbe und Musikbeilagen etwas erträglicher.

  • J
    Jury

    Habe es neugierig mit meiner Frau angekuckt.

    Das war das erste und letzte Mal.Werbung mus ich nicht auch noch bezahlen.-

    Die Privaten leben davon aberboot die ARD ? unverschämt

  • K
    Kroete

    Wer hätte das gedacht?

    Es gibt noch eine Steigerung der narzisstischen Selbstdarstellung nach "Kopieradel und freundschaftlicher Hausfinanzierung", auch auf der der Seite der Medien selbst.

  • NB
    nichts besseres vor

    "Seine substanzarme Analyse..." -

    "Ohne Atempause für sich und die Zuschauer hetzte er durch die halbstündige Sendung..."

    Gottschalk SELBST IST substanzlos, das ist das eigentliche Problem, und die atemlose Hektik soll diese Substanzlosigkeit doch nur notdürftig überdecken, damit es der Zuschauer nicht merkt! Das dürfte nach Wetten dass eigentlich niemanden ernsthaft überraschen, denn die Substanzlosigkeit wird in einer mickrigen kleinen Werbesendung eher sichtbar als in einer großen, mit Stars und Wetten gespickten Drei-Stunden-Show, wo Gäste und Wetten von ihm ablenken. Die taz selbst hatte vor einigen Jahren einmal eine Persiflage mit den nachgeahmten und ausgedachten, vorhersehbaren, weil immergleichen Moderationen und Interviews vor einer Wetten-dass-Sendung veröffentlicht...

  • R
    rucolo

    Das Ein- und Ausladen von Nicolas Cage war ein Scherz...

  • W
    wejo01

    das war der tiefpunkt des zwangsabgaben tv. abschaffen ist das einzigste was da noch hilft.

  • FG
    Frank Gerlach

    Eurer Kritik kann ich nur zustimmen. Gottschalk kann im Grunde nur "Wetten daß", diese unsagbar dröge und spießige, tief in den 80-er Jahren des letzten Jahrhunderts verwurzelte Show. Er hat sich im Laufe seiner Karriere wiederholt auf anderen Gebieten versucht, doch weder als late night host, noch als Schauspieler oder Musiker konnte er auch nur ansatzweise überzeugen. Er kann keine interessanten Gespräche führen und hat im Grunde genommen keinerlei künstlerische Begabung. Er wirkt wie merkwürdig aus der Zeit gefallen, hält Chris de Burgh und Foreigner für tolle Musik und seine schiere Persönlichkeit für ein tragendes Konzept. Wäre er nicht so unsympatisch und egozentrisch, man könnte direkt Mitleid haben.

  • T
    tazitus

    Nun kann man also in den Pausen zwischen der Werbung aufs Klo gehen.

  • X
    xonra

    Die TV Sender sind halt Blödmaschinen und jede Sekunde vor der Glotze ist verschwendete Lebenszeit.

  • K
    KFR

    Oh,hab ich da was verpasst ( an Werbung ) ?

    Warum können alternde Stars und Produzenten nicht einfach aufhören, iss doch nur peinlich !

  • M
    mephiske

    "TG" und "bild" (man kann's nicht klein genug schreiben!)

    Sollte der "TG" dem "KD" etwa auch auf den Anrufbeantworter gesprochen haben?