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Preisstreit ums SchulessenMehr Geld für die Kantine

Hamburgs Schulbehörde einigt sich mit Caterern: Im Sommer steigt der Preis fürs Schulessen um 40 Cent, aber erst mal nicht für die Eltern.

Trommeln auch im Regen: Schulcaterer auf dem Rathausmarkt Foto: Foto: Lars Gumbrecht

Hamburg taz | Ganz knapp vor der Wahl beendet Schulsenator Ties Rabe (SPD) den Streit ums Schulessen: Im Beisein der Initiative Hamburger Caterer (IHC) verkündete er am Freitag im Rathaus, dass eine Mahlzeit ab August statt bisher 3,50 künftig 3,90 Euro kosten darf. Außerdem soll es künftig regelmäßig eine Anpassung geben, die erste im August 2021 um zehn Cent, dann kostet eine Mahlzeit vier Euro.

Damit endet ein sechswöchiges Tauziehen. Wie berichtet, gingen die Schulköche Anfang Januar auf die Barrikaden, weil die Schulbehörde ihnen nach monatelangen Gesprächen kein Angebot machte. So war der Essenspreis von 3,50 Euro seit 2012 nicht erhöht worden, obwohl die Kosten um ein Fünftel stiegen. Laut einer Studie müssten es mindestens 4,30 Euro sein.

Ties Rabe macht den Eltern noch ein Mini-Wahlgeschenk: So werden die 40 Cent von August bis Ende des Jahres übernommen. Kostenpunkt: Knapp zwei Millionen Euro. Ob diese 40 Cent auch ab Januar 2021 von der Stadt bezahlt werden, ist offen.„Die Preiserhöhung war überfällig“, sagt Okan Saiti von der IHC. Man brauche aber eine langfristige Entlastung der Eltern, damit mehr Kinder am Essen teilnehmen können.

70.000 Mahlzeiten am Tag

Und es könnten mehr werden. Zurzeit werden laut Behörde an normalen Schultagen über 70.000 Mahlzeiten von knapp 50 Caterer-Betrieben an den 370 staatlichen Schulen zubereitet. Doch die Schülerzahl liegt mit 199.371 weit darüber.

Die Initiative sei „aus einer gewissen Not heraus“ entstanden, erläutert IHC-Sprecher Anton Senner. „Was uns eint, ist, dass wir alle einen ganz hohen Anspruch an die Qualität des Essens haben.“ Dies auch, „weil wir wissen, dass für viele Schüler dieses Essen die einzige gute Mahlzeit am Tag ist“. Es sei nie ihr Ziel gewesen, nur die Preise zu erhöhen. „Das wäre eine Art Pyrrhussieg gewesen. Dann hätten wir mehr Geld bekommen. Die Eltern hätten die Kinder abgemeldet, weil sie nicht zahlen können“, so Senner.

Doch ob die nächste Regierung auch allen Eltern dann die 50 Cent ersetzt, ist offen. Rabe legt sich dazu nicht fest: Er sei dafür, die Eltern zu entlasten. Das ist auch SPD-Parteitagsbeschluss. Es sei nur die Frage, „wo ist der richtige Hebel“, so Rabe. Man habe auch überlegt, ob man das Essen an Schulen in ärmeren Stadtteilen umsonst anbietet. Dabei bekommen Kinder, deren Eltern von Hartz IV leben, das Essen eh vom Bund bezahlt.

Auffällig ist, dass an den Grundschulen über 80 Prozent der Kinder Mittag essen, während es von Klasse fünf bis zehn nur 25 Prozent sind. Das kann am Geld liegen. Nur von Klasse eins bis vier gibt es eine „soziale Staffelung“ der Essenspreise, von der ein Drittel der Kinder profitiert. So zahlen Kinder ärmerer Eltern schon heute teils nur einen Euro oder 1,70 Euro.

Soziale Preise zu teuer

Gefragt, ob nicht einfach diese Staffelung auch für ältere Schüler gelten könnte, sagte Rabe, die geringe Essensbeteiligung an den weiterführenden Schulen habe weniger mit der fehlenden sozialen Staffelung zu tun. Und die würde dort „übrigens sehr teuer“.

Es würden aber an den weiterführenden Schulen auch die Kinder von Hartz-IV-Empfängern seltener als in der Grundschule mitessen, obwohl diese gar nicht zahlen müssen. Rabe: „Das ist ein klarer Hinweis darauf, dass es weniger am Geld liegt.“ Um die Mittagszeit sehe man oft ältere Schüler vor Supermärkten. „Vielleicht, weil es cool ist.“ Es habe zu tun mit dem Selbstverständnis der Schüler.

Dem widersprach Clara Mehlhose vom IHC. Es sei oft ein Schreck für die Eltern, wenn nach Klasse 4 in Klasse 5 die soziale Staffelung wegfällt und sie mehr zahlen müssen, so die Caterin. „Kinder der Eltern, die ein bisschen über Hartz IV liegen, kommen dann eben nicht mehr täglich zum Essen.“ Hamburg sollte doch ausprobieren, wie es wirkt, wenn von Klasse 5 bis 8 auch die sozialen Preise greifen.

Die Caterer hatten auch eine Petition „Gutes Schulessen für Hamburger Kinder“ gestartet, die bisher 2.400 Menschen unterschrieben. Die soll nun fortbestehen, um in der neuen Bürgerschaft für „Elternentlastung nach 2020“ zu werben.

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