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Praktiken an israelischem InstitutOrgandiebstahl eingeräumt

Eingeständnis des Exleiters des forensischen Instituts Abu Kebir: Es wurden Organe ohne Zustimmung der Angehörigen entnommen, bei Israelis, Palästinensern und Ausländern.

Der schwedische Journalist Donald Bostrom im November während einer Pressekonferenz im südisraelischen Dimona. Bostroms Geschichte zu illegaler Organentnahme provozierte in Israel Entrüstung. Bild: reuters

BERLIN taz | Israelische Pathologen haben in den 90er-Jahren Organe von Leichen ohne die Zustimmung der Familien entnommen, darunter auch solche von palästinensischen Toten. Dieses Eingeständnis machte der frühere Direktor des forensischen Abu Kabir-Instituts, Dr. Yehuda Hiss, am vergangenen Wochenende in einem Fernsehinterview.

Die israelische Armee bestätigte in dem Fernsehbericht, dass es diese Praktiken gegeben habe. Diese Praxis sei aber Ende der 90er-Jahre beendet worden. Herzklappen, Knochen oder Hornhäute seien aber nicht nur Palästinensern, sondern auch toten israelischen Soldaten, Zivilisten oder ausländischen Arbeitern entnommen worden.

Der Fernsehbericht ist deshalb so brisant, weil er in Zusammenhang steht mit einem Artikel in der schwedischen Tageszeitung Aftonbladet vom August diesen Jahres, in dem Israel vorgeworfen wird, Palästinenser in Westjordanland zu töten, um deren Organe zu erhalten.

Der Artikel war in Israel als "antisemitisches Machwerk" bezeichnet worden und führte zu einer schweren Verstimmung zwischen Israel und Schweden. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte von Schweden eine offizielle Verurteilung des Artikels verlangt, was die schwedische Regierung aber ablehnte.

Das Interview mit dem Pathologen Hiss, in dem dieser die verbotene Organentnahme eingestand, stammt aus dem Jahre 2000 und wurde von der Amerikanerin Nancy Sheper-Hughes, heute Professorin für Anthropologie an der Berkeley-Universität, aufgenommen. Sheper-Hughes erklärte, dass sie die Aufnahme gerade wegen des Streits zwischen Israel und Schweden über den Aftonbladet-Artikel freigegeben habe.

Gegenüber der Presse erklärte sie, dass Palästinenser "bei weitem" nicht die Einzigen gewesen seien, die von der Organentnahme betroffen waren. Gleichwohl habe sie es als notwendig empfunden, das Interview mit Dr. Hiss zu veröffentlichen, weil "die Bedeutung, die darin liegt, Organe einer Bevölkerung zu entnehmen, die als der Feind betrachtet wird, in symbolischer Hinsicht etwas darstellt, das einer Überprüfung bedarf".

Der schwedische Artikel hatte auch deswegen besondere Empörung in Israel ausgelöst, weil er an finsterste antisemitische Stereotype erinnerte. Tatsächlich waren in dem Text keine Beweise vorgelegt worden, dass israelische Soldaten Palästinenser erschossen hätten, um sich deren Organen zu bemächtigen. Es wurden lediglich Aussagen von palästinensischen Angehörigen zitiert, die erklärten, dass ihnen bei Rückgabe der Leichen ihrer Söhne die Schnitte aufgefallen seien, die auf eine Entnahme von Organen hindeuteten.

Nach Beschwerden über die Praktiken am Institut Abu Kebir war Dr. Hiss nach einer offiziellen Untersuchung im Jahre 2004 als Direktor entlassen worden; er arbeitet aber bis heute an diesem Institut. Das israelische Gesundheitsministerium betonte in einer Stellungnahme zu den Vorgängen, dass die Organe, die in Abu Kebir entnommen wurden, nicht verkauft oder gehandelt worden seien. Transplantationen sind in Israel ein besonderes Problem, weil religiöse Vorschriften die unnötige Veränderung von Leichen oder das Hinauszögern von Beerdigungen untersagen.

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16 Kommentare

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  • S
    Scharon

    Bei der jüngsten Anhörung in Israel gab es auch Stimmen, die behaupteten, diese Praxis sei immernoch an der Tagesordnung. Von wegen, das Problem habe nur in den 90ern stattgefunden.

  • P
    Publicola

    Organdiebstahl scheint auch eine in iranischen Gefängnissen geübte Praxis zu sein,

    wie am 24.12.2009 berichtet wird in dem Artikel

    "Handel mit Organen von Gefangenen … "

    http://englishtogerman.wordpress.com/2009/12/24/handel-mit-organen-von-gefangenen-verschleppung-von-jungen-frauen-nach-dubai/

    - Julia‘s Blog -

  • R
    release.palestinian.grassroot.activists.from.israeli.prisons

    Der Hinweis auf den arabischen Namen ist ein echter 'Pro Israel' Volltreffer. Selbst das gemeinhin unter zionistischer Belagerung stehende wikipedia verweist auf den Umstand, dass es sich um eines der circa. 500 pal. Dörfer handelt, die für die Errichtung des jüdischen Staates aus arabischem Boden ersten ethnisch gesäubert und dann eingeebnet wurden.

     

    Wie gesagt - dieser Staat ist ein Tiefpunkt - und es wird absehbar noch weiter runter gehen.

     

    Dazwischen könnte die taz ja über den Gaza Freedom March berichten - oder den Viva Gaza Konvoi.

     

    Ganz zu schweigen von der Verhaftung Othmans, Jumas oder Ramahs.

    Letzter wurde wegen des Besitzes und der Zurschaustellung isr. - gegen die Bewohner Bil'in - eingesetzten - gebrauchter Munition angeklagt.

     

    Wie gesagt - Tiefpunkte in Serie.

     

    Warten wir ab...

  • A
    amnest

    Drucken Sie diese Kommentare zusammenmit dem Artikel auf Seite 1 ab und Sie haben mehr für die Verhinderung von Kriegsverbrechen getan, als jede Zeitung vorher. Es wird Zeit, dass diskutiert wird, ob Deutschland mit seiner politischen/finanziellen UNterstützung für Israel nicht schlimme inhumane Dinge erst möglich macht.

  • AS
    Abu Sheitan

    Witzig wie schnell die Typen rausgekrochen kommen, die beleidigt sind, wenn man sie das nennt was sie in der Tat sind: Antisemiten.

    Im vorliegendem Fall geht es um illegale Organentnahme die in jedem beliebigen Land hätte vorkommen können. Der Vorwurf des schwedischen Journalisten aber war das die Armee vorsätzlich tötet um Organhandel zu betreiben.

    Nun muss man sich nur ersteren Kommentar anschauen. Der Poster macht gar keinen Hehl daraus das für ihn die illegale Organentnahme dem Ritualmord gleichkommt. DAS ist in der Tat für mich Antisemitismus, die unangebrachte Verhältnismäßigkeit, die man so bei den Palästinensern nie gelten lassen würde.

  • IB
    Israel Beobachter

    So langsam kommen wir der Sache schon näher......

     

    Erstmal: „Israel“ hat nichts dergleichen zugegeben. Channel Two TV zitierte eine Professorin aus Berkeley, die behauptet, ihr sei von dem Mann, der das Forensische Institut in den 1990-er Jahren geleitet hat (Hiss), gesagt worden, einige Körperorgane seien entnommen worden. Allerdings ist sie die Chefin einer Interessengruppe, die legalen und illegalen Organhandel bekämpft, so den von Transplantations-Nieren; sie hat eine Agenda.

     

    Zweitens macht die Tatsache, dass AP und andere die Story brachten, diese nicht wahr. Es gibt keinerlei Sonderinformationen dazu, und die israelischen Print- und elektronischen Medien, einschließlich der linken Ha’aretz, ignorieren die Geschichte völlig. Gäbe es daran irgendwelche Substanz, würden sie drüber herfallen. Von dem, was man bisher mitbekommen hat, behauptet die Anthropologie-Professorin aus Berkely, Hiss habe ihr vor vielen Jahren erzählt, dass Hornhäute und Hautstücke ohne Erlaubnis entnommen wurden. Ich bin skeptisch. Das israelische Gesetz dazu ist ziemlich klar. Ich glaube einer Berkeley-Professorin nicht, insbesondere wenn das in arabischen Zeitungen und Internetseiten in der ganzen Welt wiedergegeben und von der schwedischen Zeitung als Quelle verwandt wird. Nehmen wir mal an, dass Hiss ihr nie etwas derartiges erzählt hat. Die Tatsache, dass Israels Channel Two die Berkeley-Professorin zitiert, bedeutet, dass DIE zitieren, was SIE sagt, was HISS sagte. Stille Post.

     

    Genau wie die angeblichen Geständnisse der israelischen Soldaten, die dich hinterher als Fiktion heraus stellten. Liebe TAZ, sorgfältiger recherchieren......

  • P
    proisrael

    Ich denke mal, dieser Artikel wird nicht unwidersprochen so stehenbleiben können. Abu Kebir ist auf jeden Fall kein israelischer Name und der Autor dieses Artikels ist uns sehr wohl bekannt, nicht das erste Mal, daß er sich widerwärtig gegenüber Israel äussert.

     

    Auch die Anschuldigungen unter den Kommentaroren bezüglich Rumänien hat sich als antisemitische, linke Lüge herausgestellt. Na klar, Israel ist Schuld, nachdem man den Juden nicht mehr verfolgen kann. Widerlich dieser Artikel, aber es wird dem nachgegangen.

  • F
    free.pal.grassroot.activists.from.israeli.prisons

    Die eigentliche Frage ist doch, welches antisemitische Klischee sich mit dem Zionismus nicht mehr oder weniger materialisiert hat:

     

    Brunnen vergiften -> siehe das Treiben der Siedler bei Hebron

    Weltverschwörung -> Was hatte Obama nochmal in Kairo gesagt?

    Ritualmord -> siehe den aktuellen Fall

     

    Wie gesagt - mehr oder weniger.

     

    Nach zionistischer Vorstellung, sollte Israel zum Höhepunkt des jüdischen Volks werden. Real ist es wohl eher ein Tiefpunkt.

  • MS
    Martina Sabra

    Man sollte den Skandal schon beim Namen nennen. Yehuda Hiss "arbeitet" nicht nur am Abu-Kabir-Institut, er ist nach wie vor Chefpathologe. Und die taz sollte ein bisschen mehr tun als das wiederzugeben, was jeder auf Wikipedia nachlesen kann. Denn dieser Fall wirft viele Fragen auf. Warum ist Hiss immer noch Chefpathologe? Welche Rolle spielten und spielen bei diesem Skandal der Geheimdienst, die Armee, das Verteidigungsministerium? Wer hat ein Interesse daran, dass Hiss auf seinem Posten bleibt?

     

    Aus Köln

     

    Martina Sabra

  • RS
    robert schaike

    na dann ist es doch klar,

    wenn die entnahme von organen aus religiösen gründen in israel verboten ist, gilt das sicherlich nur für angehörige des dort herrschenden glaubens, und das nun mal meist juden. also wenn man organe braucht, und die braucht man halt wenn man einen krieg führt, dann nimmt man sie sich halt bei andersgläubigen.

  • A
    amnest

    Man muss den Mut des Journalisten bewundern, wenn man sieht, wie die Israelis mit berechtigter Kritik umgehen. Wenn man sich die Aussprüche des Herrn Liebermann anschaut fühlt man sich an dunkle Zeiten erinnert.

  • K
    Kommentator

    [Vorsicht Sarkasmus, liebe taz-Zensoren:

     

    Wer braucht schon Bibliotheken und öffentliche Bäder?

    Wir brauchen mehr Eigenverantwortung.

    Privatbibliotheken und Swimming Pools statt kommunaler Bevormundung!

     

    Sarkasmus-Modus: aus]

     

    Wer immer noch daran glaubt, dass es die Schwarzgelbe-Koalition unversucht lässt, von unten nach oben zu verteilen, sollte entweder mal mehr lesen und denken als nur zu malochen und kopfzunicken - oder er ist reichlich überprivilegiert.

    Im letzten Fall: Glückwunsch!

     

    Selber Schuld, wenn man aus (nachvollziehbarer) Frustration nach Rot-Grün und Großer Koalition sowas wählt!

  • KA
    Keyn Aynhoreh

    Sehr geehrte Damen und Herren,

     

    Sie haben einen Artikel veröffentlicht, der es wagt die israelische Regierung zu kritisieren. Wie Sie wissen, macht Sie dies zu Antisemiten.

     

    Wir möchten gerne folgende Fakten betonen, die für die Diskussion relevant sind:

     

    [x] Sechs Millionen Juden starben im Holocaust.

    [x] Sie sind Antisemiten.

    [x] Israel hat die Wüste zum Blühen gebracht und wir verfügen über wunderschöne Strände.

    [x] Die Juden werden seit Jahrtausenden verfolgt.

    [ ] Alle Araber wollen die Juden ins Meer drängen.

    [x] Israel ist ein glänzendes Beispiel an Demokratie und ethnische Diskriminierung existiert nicht.

    [ ] Selbstmord-Attentäter töten israelische Zivilisten und kollektive Bestrafung wird diesen letztlich das Handwerk legen.

    [ ] Die IDF zeigt bemerkenswerte Zurückhaltung; es steht in ihrer Gewalt, die gesamte Region zu atomisieren, doch entschied sich dagegen.

    [ ] Es ist die Schuld der Palästinenser, dass sie die Infrastruktur nicht schnell genug wieder aufbauen nachdem wir sie wegbomben.

    [ ] Durch sein Wegrennen von Camp David bewies Arafat, dass 100 % der Palästinenser Krieg wollen, nicht Frieden.

    [ ] Die Juden sind Gottes auserwähltes Volk und dies ist das Land welches uns von einem Buch versprochen wurde.

    [ ] Es zählt nicht als Genozid bis Hundertausende an Palästinenser getötet wurden und davon sind wir noch weit entfernt.

    [ ] 100 % der Palästinenser sind Terroristen.

    [ ] Die Araber haben die die Juden aus ihren Heimatland vor tausenden Jahren vertrieben, ergo ist die Zeit reif für etwas Revanche.

    [ ] Israel hat weniger Leute getötet als der Iran oder Irak, ergo sind wir ein friedlicher Staat.

    [ ] Flächenbombardement für ein ganzes Land ist eine völlig vernünftige Antwort für das Entführen eines Soldaten.

    [ ] Das ist kein Konzentrationslager, das ist eine Sicherheitsmauer!

     

    Demzufolge ist Ihre Behauptung, [israelische Pathologen haben in den 90er-Jahren Organe von Leichen ohne die Zustimmung der Familien entnommen] falsch und wir sollten weiterhin Geld sowie militärische Unterstützung nach Israel senden.

     

    Mit freundlichen Grüßen

     

    ZdJ

     

    P. S.: Sie sind Antisemiten.

  • X
    xarxes

    der skandal ist so gross und so offensichtlich, dass er nicht unterdrückt werden kann, es ist ein nationales geschäft gewesen, dass nur mit wissen des sehr gut informiertenisraelischen aussenministeiums funktionieren konnte, es laufen bereits anklagen gegen private israelische kliniken in rumänien, es wurden minderjährigen mädchen, eizellen und andere organe entnommen von israelischen ärzten, die von rumänischen staatsanwaltschaft verhaftet worden sind, ähnliche anklagen laufen in ukraine, südafrika und usa, es ist ein massives von israel aus gesteuertes und in der ganzen welt vernetztes geschäft, und jeder wusste es es, aussgenommen die deutsche presse, die anscheinend erst reagiert nach dem, das ja aus dem usa kam, wo der artikel als ersts in huffingtonpost erschien, wir haben eine situation in den verlogenen deutchen medien, dass man israel nur dass, vorwerfen kann, was dieses land erlaubt, zeitungen sind pures propagandinstrument, leute die wirklich sich informieren wollen, informieren sich im netz, bei wirklich unabhängigen medien und nicht bei zionistischen manipulatoren

  • I
    Ilan

    Ein antisemitischer Artikel. Die Israelis gehören zum auserwählten Volk und dürfen jede Chance nutzen, die Ihnen zum Überleben verhilft. Die Toten Palästinenser brauchen die Organe sowieso nicht. Ausserdem sind Sie keine normale Menschen sondern Terroristen.

  • IN
    Ihr NameHubert Rudnick

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    Immer wenn jemand israelische Schweinereien aufdeckt, dann versuchen sich gewissse Kräfte damit zu schützen, indem man allen Antisemitismus vorwirft.

    So wird die israelische Politik in der Welt nie anerkannt.

    Sie verweigern sich ein ganz normaler Staat zu sein, sie verstecken sich zu oft hinter den ermordeten Juden, aber dass kommt heute bei politisch freidenkenden Bürgern nicht mehr an.

    HR