Pragmatischer Ansatz: Reisehungrig & bildungsdurstig

Die Welt auf Englisch, Spanisch, Italienisch, Französisch. Die Magazine des Spotlight Verlags bieten vielfältige Vorlagen, um Sprachen nicht nur für die Reise zu lernen. Ein Redaktionsbesuch in München

Spaziergang im Sand Bild: Vivek Chugh/sxc

Der Exrevolutionär Seymour Carter, der Exoptimist Sam Andrew oder die Exdemonstrantin Claire Burch, alle aus San Francisco, USA, erzählen ihre 68er-Geschichte in Spotlight. Auf Amerikanisch-Englisch, Niveau: mittelschwer. Ihre Blütezeit - the bloom is off the rose - ist lang vorbei. Ehrlich - frankly - sprechen sie über ihre damalige countercultur, Gegenkultur. Oder aprenda español con las canciones de Juanes, oder sie lernen Spanisch mit den Liedern des kolumbianischen Sängers Juanes, unbedingt imperativbewährt. Aprendelo! Sie können auch ein cuaderno de viaje, eine Erzählung von ihrer Reise durch ein spanischsprachiges Land schreiben. Monatlich erschient diese Rubrik in Ecos. Sie bietet den Lesern die Möglichkeit Spanisch zu schreiben und damit publiziert zu werden.

Spotlight, Ecoute, Ecos, Adesso, Spot on und Deutsch perfekt, sowie das zweimonatliche Business Spotlight sind die Sprachmagazine des in München ansässigen Spotlight Verlags, ein Unternehmen der Verlagsgruppe Holtzbrink. Feuilletonistisch, kurzweilig, vielseitig.

Mit Wort- und Grammatikerklärungen. "Wir sind keine Sprachpuristen", sagt Ian McMaster, Chefredakteur von Business Spotlight. Unser Ansatz ist pragmatisch und aktuell. Wir versuchen viele Tipps zu geben." Für den Beruf, aber auch für den Alltag. Unerlässlich zum Beispiel wie man sich auf Englisch korrekt über Fußball unterhält, talking about the game.

Verlagsinterner Bestseller ist Spotlight, das erste englischsprachige Magazin von vor 27 Jahren mit einer Auflage über 100.000. Das Leserprofil der Sprachmagazine: bildungsbeflissenen und reisefreudig. "Unsere Leser für den spanischen Sprachraum - fast 40.000 Auflage - sind sehr heterogen. Die interessieren sich für Pinguine in der Antarktis genauso wie für Konflikte im Baskenland oder für Kolonialstädte in Mexiko. Das heißt, wir müssen eine sehr große Themenvielfalt abdecken", sagt die spanische Redakteurin Leandra Pérez-Casanova. Thematisch vielfältig, sprachlich mit unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad - die Magazine bedienen verschiedenste Bedürfnisse. Und gerade dass macht sie interessant für ihre fast 70 Prozent Abonnenten, die ein Magazin im Schnitt für zwei bis drei Jahre abonnieren. "Wir haben Leute, die jahrelang in einem spanischsprachigen Land gelebt haben und die Sprache sehr gut beherrschen, und wir haben Leute, die noch nicht so gut sprechen. Es ist immer wieder eine Herausforderung so viele Erwartungen wie möglich abzudecken", bestätigt Ecos-Redakteur Klaus-Dieter Walter.

Die Redaktion der Sprachmagazine sitzt in München und expandiert im Neubau in München Planegg. "Wir haben knapp 100 Beschäftige bei sieben Zeitschriften und insgesamt 70 Produkten wie CDs, Sprachtrainer, Vokabelheftchen", sagt der Geschäftsführer Wolfgang Stock. Sprachteil und Nachrichten werden im Haus erstellt. Dazu kommt ein weltweites Korrespondentennetz. "Jede Zeitschrift hat etwa 15 bis 20 Korrespondenten im jeweiligen Sprachraum", sagt Stock. Inzwischen gibt es Lizenzen für Osteuropa: Tschechien, Ukraine, aber auch China. "Wir merken, dass im Osten eine Generation heranwächst, die sehr bildungshungrig ist. Die Bildung als Aufstiegsinstrument sieht", erklärt der Geschäftsführer den neuen Markt. Die Leserschaft der Magazine ist überwiegend weiblich - etwa 60 Prozent - und eher jünger. "Unsere Leser sind bildungselitär, weltoffen, liberal, international orientiert", weiß Stock aus Leserbefragungen.

Kleine Geste in Äthiopien Bild: Niall Crotty/sxc

Reise, Kultur, Kunst, Politik, Gesellschaft sind die Themen, nur Sport ist nicht gefragt. "Im romanischen Bereich sind es die sogenannten Best Ager, vierzig und aufwärts", bestätigt Redakteurin Leandra Pérez Casanova. Die Leserschaft von Business Spotlight ist jünger. "Um Mitte, Ende dreißig. Es sind Leute, die sich im Beruf orientieren", sagt Business-Spotlight-Chefredakteur Ian McMaster. "Und das italienischsprachige Adesso wird von vielen gekauft, die gerade ihr Häuschen in der Toskana gekauft haben. Wer ein Häuschen in der Toskana hat, ist in der Regel älter", ergänzt Pressesprecherin Vitesse Hoepfner. Und natürlich sind Lehrer mit etwa 10 Prozent wichtige Multiplikatoren der Magazine. Spot on - Englisch für Jugendliche ist beispielsweise auf leichtem Mittelstufenniveau mit Englisch für den Ferienjob, Sprachübungen und Sprachrätseln. "Wir sind der Gegenentwurf zum schulischen Sprachenlernen", behauptet Geschäftsführer Stock. "Der Vorteil der Magazine gegenüber dem Lehrbuch ist, dass sie aktuell, schnell und alltagsnah sind."

Über drei, vier Stunden sind die Leser mit einem Magazin beschäftigt. Bei Business Spotlight sind es sogar sieben bis acht Stunden. "Das heißt die Leser ackern sich von hinten bis vorn durch. Deshalb bekommen wir auch so viele Leseranmerkungen", meint Redakteur Walter. Die Redaktionen sind persönliche Sprachtrainer der Leser.

17 Nationalitäten sind in der Redaktion in München-Planegg vertreten. In jedem Magazin arbeiten Mutterprachler. Interkultureller Austausch ist hier Alltag. "Bei uns bestätigen sich alle Klischees. Auch wenn man lange in Deutschland gelebt hat, behält man die kulturellen Eigenheiten, die kleinen Unterschiede", weiß Redakteurin Perez-Casanova. So würden die Spanier im Haus immer am spätesten zu Mittag essen. Die Italiener würde nie nur etwas aus dem Kühlschrank zu Mittag essen. Sie zelebrieren die Mahlzeit. Und Engländer könnten vom Tee nicht lassen. "Nur von der Siesta konnten wir den Betriebsrat noch nicht überzeugen, obwohl die Leistung danach bekanntlich höher ist", bedauert Perez-Casanova.

Und natürlich inspirieren sich die Magazine gegenseitig. "Die unterschiedlichen Redaktionen sind jeweils die Premiumleser der anderen Magazine", sagt Michael Pilewski der stellvertretende Chefredakteur von Spotlight. "Wir stellen fest, dass Leute unterschiedlicher Nationalitäten auch eine unterschiedliche Ästhetik haben. Und wir sind froh, dass wir viele deutsche Kollegen im Haus haben." Legt man die unterschiedlichen Magazine nebeneinander, erkennt man die andere Aufmachung. "Wir versuchen etwas von der Ästhetik des anderen Landes zu übernehmen, aber nicht allzu befremdlich auf die deutschen Leser zu wirken. Wir produzieren eine Mischung aus beiden Sichtweisen", sagt Piwelski. Deshalb arbeiten in der Spotlight-Bildredaktion eine Britin und eine Deutsche. So findet man den distanzieren Blick. Die Distanz zum Eigenen als Voraussetzung für den Zugang zum Fremden? "Die Auseinandersetzung mit einer neuen Sprache eröffnet automatisch die Auseinandersetzung mit einer neuen Kultur", sagt Geschäftsführer Stock. "Deshalb ist Sprache ein hochsympathisches Thema."

www.spotlight-verlag.de

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