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Präsidiales Drama in ParaguayWiderstand gegen den „Putsch“

Auf dem Land ist der Rückhalt für den abgesetzten Präsidenten noch immer groß. Bauern demonstrieren für ihn. Die Aussichten auf eine Rückkehr Lugos sind aber gering.

Fernando Lugo steht links, war früher römisch-katholischer Bischof, hat die Demokratie beflügelt und den Rückhalt eines großen Teils der Bevölkerung. Bild: reuters

PORTO ALEGRE taz | Langsam, aber sicher wächst in Paraguay der Widerstand gegen das Regime des am Freitag eilig inthronisierten Präsidenten Federico Franco. In 30 Orten und neun der 17 Provinzen demonstrierten BürgerInnen am Dienstag gegen die neue Regierung und für den abgesetzten Staatschef Fernando Lugo. Im Süden des Landes blockierten Kleinbauern zeitweilig Landstraßen.

Die Angaben stammen von der „Nationalen Front zur Verteidigung der Demokratie“, in der sich Kleinbauern, Indigene, Hausfrauen, Intellektuelle und junge AktivistInnen aus den Städten zusammengeschlossen haben. Wichtigste Anlaufstelle der Oppositionellen in Asunción ist der öffentliche Fernsehsender „TV Pñblica“, am „offenen Mikrofon“ dominieren junge „Indignados“.

Am Mittwoch wollten die Lugo-Anhänger ihre Kundgebungen im Landesinneren ausweiten. Von einer Massenbewegung kann jedoch keine Rede sein. Ebenso wie Francos „Authentische Liberale Partei“ haben die Protestierer gestern eine geplante Demonstration in der Hauptstadt abgesagt, um eine Konfrontation zu vermeiden.

Das demokratische Bewusstsein ist gewachsen

„Offenbar ist die Regierung schwächer als erwartet und schon jetzt völlig diskreditiert“, meint Alberto Alderete, „die Colorados haben den Putsch mitgetragen und sie dann im Regen stehenlassen.“

Vor allem das demokratische Bewusstsein sei in der knapp vierjährigen Regierungszeit Lugos gewachsen, sagte der Agrarexperte der taz, die innenpolitische Lage sei „angespannt“. Ob das Kalkül von Colorados und Liberalen aufgeht, sich durch den kalten Putsch gegen Lugo eine bessere Ausgangsposition für die Wahlen im April 2013 zu sichern, sei offen.

Lugo war immer ein schwacher Präsident. Die große Mehrheit von Parlament, Justiz, Unternehmern, Medien und Militärs hatte er seit jeher gegen sich. Aber er förderte den Ökolandbau. „Über 150.000 Kleinbauernfamilien in 300 Siedlungen haben technische Beratung, Gesundheitsposten, Schulen und Verkehrswege bekommen“, sagt Alderete. „Auf dem Land ist der Rückhalt für Lugo groß.“

Mit einer raschen Rückkehr des Exbischofs in den Präsidentenpalast rechnet aber kaum jemand, und eine Wiederwahl lässt die Verfassung nicht zu.

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4 Kommentare

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  • E
    end.the.occupation

    >> Wer hätte das gedacht, dass ausgerechnet das Militär die Demokratie verteidigt?

     

    Niemand. Deswegen erscheinen mir Ihre Ausführungen auch nicht als übermässig glaubwürdig - ohne das ich behaupten kann viel über die Lage Paraguay zu wissen.

  • C
    Chaqueño

    Zum Glück sind die Zeiten vorbei, wo die Bauern in Südamerika sich stellvertretend für die sozialistische Upper-Class in der so genannten Ersten Welt den Kopf einschlagen. Es ist für sozial eingestellte Menschen schwer zu akzeptieren, dass der ehemalige Hoffnungsträger sämtlichen Rückhalt in Politik und Bevölkerung verloren hatte. In keiner anderen Demokratie der Welt wäre er so lange an der Macht geblieben, das Amtsenthebungsverfahren war lange überfällig. Alleine die Missbrauchsfälle aus seiner Zeit als Bischof, woraus 4 Kinder, von denen er bisher nur 2 mühsam nach Jahre langem Kampf der Mütter anerkannte, wären ein No-Go gewesen. Wir hatten so viel Hoffnung und sind so enttäuscht worden. Lugo ist kein Nestor Kirchner, auch kein Lula da Silva und konnte sich nie von seiner patriarchischen Denkweise eines Kirchenmannes befreien. Die neuen Vorwürfe eines geplanten Militärputsches mit venezolanischer Unterstützung sind nur durch die Besonnenheit des paraguayischen Militärs verhindert worden. Wer hätte das gedacht, dass ausgerechnet das Militär die Demokratie verteidigt? Selbst die Vereinigung der Landlosen will der neuen Regierung eine Chance geben. Eine vorgezogene Neuwahl steht übrigens verfassungsmäßig nicht zur Debatte, die steht aber ohnehin im Februar 2013 an. Schneller ginge es auch gar nicht, da die Kandidaten erst wie in den USA über Vorwahlen festgelegt werden müssen.

    Verschonen Sie uns bitte mit ihren Weisheiten und ihrem Geld. Wir brauchen eine zielgerichtete Politik gegen Armut – und das am besten in einer linksdemokratischen Konstellation. Das Land ist ruhig, und es gibt keine Massenproteste, weder DAFÜR noch DAGEGEN, das überraschte selbst den Sekretär der OEA (bzw. OAS, der Organisation aller Staaten des amerikanischen Kontinents) bei seinem Besuch. Denn das ist eine reine Fehlinformation aus dem Ausland. Das hysterische Geschrei von Cristina Kirchner bis Hugo Chavez spiegelt nur die Angst davor wider, dass es ihnen einmal genauso ergehen könnte. Keiner von denen hat das Format des „Pinguins“ (Nestor Kirchner).

  • E
    end.the.occupation

    Der Niedergang der taz und der deutschen Linken wird durch den Fall Lugo deutlich demonstriert.

     

    Vor dreissig Jahren bangte man noch mit der Linken in Lateinamerika, sammelte Geld für Kooperativen in Nicaragua und für Waffen (!) für El Salvador.

     

    Dreissig Jahre später steht die taz auf der anderen Seite, steht für Ausbeutung (aber bio), für Krieg und für die Rekolonialisierung des Südens.

     

    Krieg den Hütten, Friede den Palästen ...

     

    Dazu passt der voranstehende Kommentar wie die Faust aus Auge.

  • C
    Chaqueño

    Hallo Leute!

    Was für ein Putsch? Paraguay hat bewiesen, dass die Demokratie funktioniert. Parlament und Senat haben sich mit überwältigenden Mehrheiten (jeweils 1, bzw. 4 Stimmen FÜR Lugo) von einem Präsidenten getrennt, der den Überblick komplett verloren hatte. Neuer Präsident ist aufgrund der kurzen verbleibenden Legislaturperiode verfassungsgemäß automatisch der Vizepräsident. Wenn das ein Putsch war, ist es ein Misstrauensvotum im bundesdeutschen Parlament auch. Kohl ist also auch Putschist und auch Schröder, der es als Verfassungsverbieger gegen sich selbst anstrengte. Auch südamerikanische Präsidenten, egal welcher politischer Couleur müssen irgendwann mal akzeptieren, dass Parlamente nicht nur lästige Abnicker-Anhängsel sind, sondern eine wichtige demokratische Instanz.

    Lasst die Kirche mal im Dorf, auch wenn man Putsch in Anführungszeichen schreibt, wird es nicht "richtiger".

    Abgesehen davon lohnt es sich auch nicht dem angeblich linken Präsidenten nachzuweinen. Denn leider hat es die Regierung Lugo geschafft, dass die Armut im Land sich drastisch verschlimmert hat. Anstatt die Qualität der Bildung anzuheben, wurde einfach das Sitzenbleiben abgeschafft. Noch immer muss jeder Landarbeiter, wenn er denn überhaupt das Glück hat, versichert zu sein, für eine stationäre Behandlung auf eigene Kosten in die Hauptstadt reisen, obwohl es auf dem Land auch Krankenhäuser gibt, und derer aberwitziger Beispiele gibt es mehr. So groß die Hoffnungen waren, so enttäuscht worden sind wir alle.

    Gebt der Demokratie in Paraguay eine Chance!