Präsidentschaftswahlkampf in Frankreich: Auch die Ökos machen mit
Weil alle einen Präsidentschaftskandidaten haben, wollen auch die Grünen nicht hinten anstehen. Ihrer ist nun der EU-Abgeordnete Yannick Jadot.
Als er nach dem Wahlsieg des Sozialisten François Hollande 2012 ohne Amt und Titel blieb, muss er das als Undank empfunden haben. Andere ParteikollegInnen erhielten Regierungsposten, nicht er, trotz seiner langen Erfahrung als Mitglied von Greenpeace und bei den Grünen.
Heute ist Jadot bestimmt froh, dass er im Gegenzug für die Bilanz dieser in Umweltkreisen als wenig ersprießlich interpretierten rot-grünen Koalition weniger mitverantwortlich gemacht werden kann als beispielsweise die frühere Parteichefin Cécile Duflot. Diese schaffte es in der ersten Runde der Online-Kür des Präsidentschaftskandidaten der Grünen nicht einmal in die Stichwahl, die Jadot nun im Finale mit relativ klaren 54,25 Prozent gegen seine Parteikollegin Michèle Rivasi gewonnen hat.
Die Bündnis- und Koalitionsfrage ist zur Achillesferse dieser politischen Bewegung geworden, die ständig zwischen Regierungsbeteiligung und Kritik an der Regierung schwankt. Heute stehen die französischen Grünen als Partei irgendwo zwischen offener Opposition zur Linksregierung und passiver Solidarität – was realpolitisch heißt: irgendwie zwischen Baum und Borke.
Der frühere Wirtschaftsminister Emmanuel Macron will seine Kandidatur für die Präsidentschaftswahl in Frankreich vor dem 10. Dezember erklären. „Alle Rahmenbedingungen stimmen“, sagte ein Vertrauter Macrons am Dienstag. Der parteilose Macron gilt als Gegenspieler des sozialistischen Staatschefs François Hollande und war Ende August aus dessen Regierung ausgetreten. Erste Details seines politischen Programms für die Wahl im Frühjahr des kommenden Jahres wolle Macron an diesem Donnerstag in einem Interview mit der Zeitschrift L'Obs enthüllen, hieß es aus seinem Umfeld weiter.
Mit der Präsidentschaftskandidatur von Jadot versuchen Frankreichs Grüne, einen Platz in der politischen Landschaft zurückzuerobern. Das ist nicht leicht, da links von den Sozialisten der Platz in Umweltfragen bereits vom Gründer der Linkspartei, Jean-Luc Mélenchon, mit seiner Bewegung La France insoumise (Das rebellische Frankreich) beansprucht wird. Jadot startet mit Verspätung und mit dem Handikap einer Partei, deren öffentliches Image mehr von internen Streitigkeiten als einer klaren Ausrichtung dominiert wird.
Der Präsidentschaftskandidat der Grünen kann in Sachen Klima- und Umweltpolitik nur die legitimen Ansprüche einer Partei herausstellen, die diese planetare Herausforderung in Frankreich als Erste und deutlicher als alle anderen formuliert hat. Das allein dürfte aber den wenigsten WählerInnen als Rechtfertigung für seine Kandidatur ausreichen.
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