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Präsidentschaftswahlen in MoldauSandu muss jetzt liefern

Kommentar von Barbara Oertel

Die prowestliche Kandidatin ist im Amt bestätigt worden. Die gute Nachricht: Russische Einflussnahme auf Wahlen im nahen Ausland hat ihre Grenzen.

Der Kampf gegen die Korruption wird eine große Herausforderung Foto: Vadim Ghirda/ap/dpa

D as ist ja gerade noch einmal gut gegangen für die moldauische Präsidentin Maia Sandu – den Hunderttausenden ihrer Landsleute im Ausland sei Dank. Hätten diese am Sonntag in der zweiten Runde nicht zu über 80 Prozent für die dezidiert proeuropäische Politikerin gestimmt, wäre eine Wahl des Mitbewerbers Aleksandr Stojanoglo durchaus möglich gewesen.

Doch das Ergebnis kann nicht darüber hinwegtäuschen, was auch der knappe positive Ausgang des EU-Referendums vor zwei Wochen gezeigt hat: Die Gesellschaft des kleinen Landes zwischen Rumänien und der Ukraine ist nach wie vor tief gespalten in der Frage, ob das Land seinen Weg in Richtung Europäische Union fortsetzt oder sich doch wieder stärker Russland zuwendet.

Vor diesem Hintergrund ist der Umstand, dass Sandu in dem autonomen Gebiet Gagausien unter 3 Prozent landete, keine Überraschung. Die dortige Führung ist seit jeher stramm auf Moskau-Kurs, die Bevölkerung für eine europäische Perspektive nicht zu begeistern. Dass hingegen knapp über 20 Prozent der Wäh­le­r*in­nen aus der Region Transnistrien, die faktisch unter russischer Kontrolle steht, ihre Stimme für Sandu abgegeben haben, ist ein Hoffnungsschimmer.

Die zwei gute Nachricht lautet, dass Russlands Störfeuer unter Verwendung aller nur erdenklicher illegalen Methoden zwecks Wäh­le­r*in­nen­kauf und -beeinflussung Sandus Sieg nicht haben verhindern können. Dennoch sollte niemand naiv sein: Der endgültigen Abkehr Moldaus von Russland wird der Kreml nicht einfach zusehen, die Frage ist allenfalls, welche Instrumente Putin’scher „Soft Power“ künftig eingesetzt werden.

Und Maia Sandu? Im kommenden Jahr finden Parlamentswahlen statt. Also muss sie liefern, vor allem beim Kampf gegen Korruption. Und sie muss Überzeugungsarbeit bei denjenigen leisten, die immer noch sowjetischem Denken verhaftet sind. Das wird nicht einfach. Die EU ihrerseits sollte am Ball bleiben. Vor allem viele jüngere Menschen sehen ihre Zukunft in Europa. Sie zu unterstützen, ist jeder Mühe wert.

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Ressortleiterin Ausland
Geboren 1964, ist seit 1995 Osteuropa-Redakteurin der taz und seit 2011 eine der beiden Chefs der Auslandsredaktion. Sie hat Slawistik und Politikwissenschaft in Hamburg, Paris und St. Petersburg sowie Medien und interkulturelle Kommunikation in Frankfurt/Oder und Sofia studiert. Sie schreibt hin und wieder für das Journal von amnesty international. Bislang meidet sie Facebook und Twitter und weiß auch warum.
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1 Kommentar

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  • Einen so heterogenen Staat wie Moldau sollte man nicht als Spielzeug betrachten, an dem "wir" und "Moskau" von zwei Seiten zerren, bis es ihn zerreißt. Die Nähe zur EU ergibt sich aus der gemeinsamen (rumänischen) Geschichte eines Großteils des Landes, die Nähe zu Russland ist aber auch historisch begründet. Idealerweise ist Moldau kein Streitobjekt zwischen zwei Blöcken, sondern ein "Brückenstaat" zwischen der EU und Russland. Eine Annäherung an die EU sollte deshalb ohne eine "Abkehr von Moskau" möglich sein, was freilich eine Normalisierung der Beziehungen zwischen EU und Russland nach Kriegsende voraussetzt.

    Und Maia Sandu wird vielleicht weniger Überzeugungsarbeit leisten müssen, sondern das Wohlstandsgefälle innerhalb des Landes verringern. Veilleich würde es ja auch helfen, wenn gerade eine als pro-europäisch wahrgenommene Präsidentin den Status der russischen und der gagausischen Sprache aufwerten würde.