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Präsidentschaftswahlen in Ecuador„Weiter so“ in Quito

Kommentar von Knut Henkel

Der neoliberale Guillermo Lasso wird neuer Präsident in Ecuador. Der Kandidat der ökologischen Linken scheiterte im ersten Wahlgang nur knapp.

Anhänger des Wahlsiegers Guillermo Lasso feiern in den Straßen von Ecuadors Hauptstadt Quito Foto: Luisa Gonzalez/reuters

I m dritten Anlauf hat es Guillermo Lasso, der konservative Banker aus Guayaquil, in den Präsidentenpalast von Ecuadors Hauptstadt Quito geschafft. Für Lasso ein Triumph, der sich erst zwischen dem ersten und zweiten Wahlgang langsam abzeichnete. Da holte der 65-Jährige gegenüber dem 36-jährigen Andrés Arauz vom linken Bündnis UNES langsam, aber stetig auf.

Die von flotten Wahlkampfvideos gespeiste Aufholjagd endete nun an der Spitze des Staates und ist eine empfindliche Niederlage für Rafael Correa, den linksorientierten Präsidenten bis 2017 und politischen Mentor von Andres Arauz.

Nicht zurück zum populistischen Sozialismus des 21. Jahrhunderts geht es nun in Ecuador, sondern stramm voran in Richtung neoliberaler Wirtschaftspolitik der Marke IWF. Mit der Finanzinstitution hat sich Lasso laut ecuadorianischen Medien bereits abgestimmt, und damit ist recht klar, dass sich an der traditionellen Ressourcenförderpolitik nichts ändern wird. Erdöl- und Kupferexporte sollen Ecuador aus der eklatanten Wirtschaftskrise hieven, wobei Umweltschäden und indigene Grundrechte möglicherweise auf der Strecke bleiben.

Gegen diese Logik hat jedoch eine starke Minderheit in Ecuador gestimmt. 1,7 Millionen Stimmen waren ungültig; weitere zehn Prozent der Wählerinnen verweigerten den obligatorischen Urnengang. Sie stellen die rund 25 Prozent der Ecua­do­ria­ne­r*in­nen dar, die sich in den vergangenen Monaten gegen ein „Weiter so“ engagiert haben.

Mit Yaku Pérez hatten sie einen Kandidaten, der ein neues linkes, umwelt- und minderheitensensibles Politikkonzept vorgestellt hatte, aber im ersten Wahlgang gescheitert war. Einige Zehntausend Stimmen fehlten dem Kandidaten der neuen Linken – und gemeinsam hatten ihm Guillermo Lasso und Andrés Arauz eine Neuauszählung strittiger Ergebnisse verwehrt. Aus deren Perspektive durchaus nachvollziehbar, denn für Lasso und Arauz ging es im Kern um das „Weiter so“.

Das hat gesiegt, aber die ungültigen Stimmen zeigen auch, dass Guillermo Lasso mit Widerstand zu rechnen hat.

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4 Kommentare

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  • Inwiefern sollen Arauz und Lasso als Kandidaten, die nicht in der Regierungsverantwortung waren, in der Lage gewesen sein, Yaku eine Neuauszählung zu verwehren? Gesetzmäßig ist es in Ecuador nicht vorgesehen, dass Präsidentschaftskandidaten und ihre Parteien solche über mögliche Neuauszählungen entscheiden.



    Der nationale Wahlrat hat die Neuauszählung verwehrt. Diesem sitzt übrigens Diana Atamaint vor, eine Parteigenossin Yakus von Pachakutik. Arauz hat keinen Repräsentanten in diesem Gremium.



    Zwar waren Yaku und Lasso in Bezug auf die Wahlbetrugsvorwürfe in Verhandlungen. Aber dabei ging es wohl eher darum, einen Pakt zwischen den beiden auszuloten. Lasso trat später von seinen Zusagen zurück. Was Arauz damit zu tun haben soll, ist mir schleierhaft.



    Es ist nicht das erste Mal, dass in der taz Yakus Verschwörungsbehauptungen unkritisch reproduziert werden.

  • "1,7 Millionen Stimmen waren ungültig"



    Also etwa 10% der Bevölkerung und wer weiß wieviel Prozent der Wahlstimmen! Da liegt die Vermutung "Wahlbetrug" durchaus nahe.

  • In dem Artikel habe ich beim flüchtigen Durchlesen zwei Fehler gefunden:



    1. "wobei Umweltschäden und indigene Grundrechte möglicherweise auf der Strecke bleiben." Indigene Grundrechte bleiben nicht möglicherweise, sondern ganz sicher auf der Strecke, das ist ja der Witz an dem von Lasso vertretenem Wirtschaftsmodell und sozusagen eingepreist.



    2. Yaku (Carlos) Perez ist kein linker Kandidat. (Yaku = Wasser auf Kichwa). Mit seinem Aufruf zur Enthaltung hat er den Banker Lasso unterstützt, nachdem er zuvor die Partei Pachakutik gespalten hat: in seine "identitätspolitische" (rechte) Strömung, gegenüber einer an der sozialen Frage orientierten (Leonidas Iza, Jaime Vargas). Lasso seinerseits ist eine Marionette von Jaime Nebot, der die letzten vier Jahre faktisch regiert hat. Diese Aufwertung der identitätspolitischen und gleichzeitigen Abwertung der materiellen (sozialpolitischen) Komponente der indigenen Bewegung entspringt einem Strategiepapier von USAID. Wer also im Namen von Indigenenrechten und der Kritik am Extraktivismus gegen Arauz gesprochen hat, wird sein blaues Wunder erleben. Die Wette gilt: in zwei Jahren ist von Yasuní nichts übrig, dank "Yaku" Perez.

    • @hans maier:

      Das hat in Ecuador eine lange Tradition, die weit vor die Correazeit zurückreicht. Solche Manöver wurden innerhalb der ecuadorianischen Linken der nicht mehr aktiven Partei MPD zugeschrieben. Diese Partei war in der Linken in den neunzigern als „chinos“ (Chinesen) verschrien, weil sie als radikale Maoisten galten. Seit jeher kursieren Behauptungen, dass die MPD eigentlich von der CIA unterwandert sei. So wurden bei Wahlen teilweise rechte Kandidaten unterstützt, als revolutionäre Taktik, um die Krise des Kapitals zu verschärfen.



      Diese Partei, mit sektenähnlichen Strukturen, hatte vor Correa das staatliche Bildungssystem unterwandert. Wer an gewissen Fakultäten etwas werden wollte, musste unterstützen. Auch wurden ganze Gymnasien (zum Beispiel am Colegio Mejía) minderjähriger Schüler zum „Steine werfen“ auf die Straße geschickt und erhielten dafür gerne schulfrei.



      Sowohl Yaku Pérez als auch Alberto Acosta, den Sie in der taz oft als Quelle heranziehen, haben bereits für diese Partei kandidiert. Yaku übrigens noch als Carlos und ohne jegliche indigene Attitüde. Einige der Parteikader der MPD gingen in Pachakutik auf, andere in Unidad Popular. Während wiederum führende Pachakutik-Politiker wie Freddy Ehlers, Virgilio Hernández oder Ricardo Ulguango im Correismo (ehemalig Alianza País) aufgingen. So überließ man Pachakutik dem Anti-Correismo.



      Ein Beispiel für ein ehemaliges Pachakutik-Mitglieds, dessen Beziehungen zu US-amerikanischen Geheimdiensten recht gut belegt sind, ist das Fernando Villavicencio.