Präsidentschaftswahl in den USA: Jetzt haben die Wahlleute das Wort
Am Montag werden die Wahlleute wohl mehrheitlich ihre Stimme für Trump abgeben. Doch es hagelt Proteste und Aufrufe, das Votum zu blockieren.
Darin war von der „Unfähigkeit“ des Mannes, von Wahlmanipulationen durch Russland und von Gefahren für das Land und seine Demokratie die Rede. Der Stil reichte von flehentlich bis drohend. Aber das Fazit war identisch: „Stoppt Trump.“ Zehn Wahlleute – darunter ein Republikaner – haben in einem offenen Brief vergeblich um ein Briefing durch die Geheimdienste gebeten. Andere haben eine Verschiebung der Entscheidung beantragt.
Normalerweise bleiben die Wahlleute im Hintergrund. Ihre Entscheidung fällt eineinhalb Monate nach der Wahl – eine Formsache, bei der das Ergebnis bestätigt wird. Aber im Jahr 2016, das so viele Gewissheiten umgeworfen hat, gibt es keine Routine. Es beginnt mit den Zahlen und damit, dass die unterlegene Kandidatin Hillary Clinton besser abgeschnitten hat als der Wahlsieger. Clinton bekam 2,8 Millionen Stimmen, über zwei Prozent, mehr als Trump.
Das ist in der US-Geschichte mehrfach vorgekommen. So im Jahr 2000, als George W. Bush Präsident wurde, obwohl der Demokrat Al Gore eine halbe Million mehr Stimmen hatte. Aber nie war der Unterschied so groß.
Erfindung der weißen „Gründerväter“
Zahlenmäßig schwach ist auch Trumps Rückhalt bei den WählerInnen insgesamt. Er bekam nur die Stimmen von 23 Prozent der WählerInnen der USA. Doch es steht fest, dass er in den Swing-States, den Bundesstaaten, die die entscheidenden Wahlleute entsenden, die Mehrheit errang.
Das Wahlgremium ist eine Erfindung der weißen „Gründerväter“ aus den Anfangsjahren der USA, als weder Frauen noch SklavInnen ein Mitspracherecht hatten. Es gab den Sklavenhaltern in den Südstaaten die Möglichkeit, trotz der Entrechtung weiter Teile ihrer schwarzen Bevölkerung bei nationalen politischen Entscheidungen gleichberechtigt mit zu reden. Bis heute gibt es den kleinen und dünn besiedelten Bundesstaaten mehr Gewicht als den städtischen Zentren.
Wie die Wahlleute stimmen, ist abhängig von den Verfassungen ihrer Bundesstaaten. Manche verlangen, dass alle Wahlleute so stimmen, wie die Mehrheit der WählerInnen. Andere lassen einen Proporz zu. Und nur ein Teil der Wahlleute darf ihrem Gewissen folgen. Gerade, weil das Gremium dezentral und im Schatten entscheidet, ist offen, wie der Wahlgang ausgeht.
Wenig überraschend haben bekannte DemokratInnen öffentlich gemacht, dass sie gegen Trump stimmen werden. Hingegen hat von republikanischer Seite nur ein Wahlmann, der Texaner Christopher Suprun, erklärt, dass er Trump für untauglich hält und gegen ihn stimmen wird.
Dem Gewissen folgen
Clinton hat bislang geschwiegen. Ihr ehemaliger Wahlmanager hingegen hat dazu aufgerufen, Trump im Electoral College zu blockieren. Er begründete das mit der Rolle Russlands bei der Wahl.
In Hollywood haben Stars in einem Video versucht, das Gremium aufzurütteln. Und noch am Samstag zogen Demonstrationen durch die Hauptstädte verschiedener Bundesstaaten, in denen die Wahlleute aufgefordert wurden: „Folgt euren Gewissen!“
Der Filmemacher Michael Moore, der mehrfach öffentlich an die Wahlleute appelliert hat, gegen Trump zu stimmen, schrieb an diesem Wochenende: „Lasst eure Wahldepression hinter euch und kämpft, wie ihr nie gekämpft habt.“ Dieser Aufruf gilt für die kommenden vier Jahre.
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