Präsidentschaftswahl in Tschechien: Kübelweise Dreck
Staatschef Milos Zeman will bei der Stichwahl am Freitag und Samstag sein Amt verteidigen. Dazu ist ihm jedes Mittel recht.
Der Chemieprofessor Drahoš, der an diesem Freitag und Samstag in einer Stichwahl um die tschechische Präsidentschaft antritt, war damals Vorsitzender der tschechischen Akademie der Wissenschaften, an der Merkel 1985 ein halbes Jahr zu Gast war. Man plauderte kurz über Prag, Merkel sagte vielleicht sogar „rschisek“, weil sie sich an das tschechische Wort für Schnitzel noch erinnert. Das war’s, kurzes Foto, Knips. Danke.
Vier Jahre und zwei Monate später taucht dieses Foto zweier Chemiker plötzlich in einer politischen Schmutzkampagne in Tschechien auf. Von einer obskuren Facebook-Seite namens „Ich wähle keine Gutmenschen“, breitete es sich schnell in den sozialen Netzwerken aus. Es sollte belegen, was seit Beginn der heißen Phase der Präsidentschaftswahlen über Drahoš gestreut wird: Der Herausforderer des amtierenden Staatschefs Miloš Zeman sei ein Willkommensklatscher, der schon längst mit Merkel unter einer Decke steckt.
Das Gerücht hält sich hartnäckig und wird in Fake-Bildern oder Zitaten immer wieder aufgewärmt. Dabei kann Drahoš gar nicht oft genug wiederholen, dass er gegen eine Quotenregelung ist und Wirtschaftsmigranten „sofort zurückschicken“ würde.
Retter des Abendlandes
Gegen den „Verräter“ Drahoš zieht Miloš Zeman ins Feld. In einer Art Hymne, die ein obskures ehemaliges Nacktmodel, das zu singen begonnen hat, für das Zeman-Lager komponiert hat, feiert sie den vergreisten Präsidenten, der sich nicht mehr ohne Hilfe bewegen kann, als „Waffenträger“, der das Abendland rettet. Und zwar vor Flüchtlingen und den faulen Pragern, die den ganzen Tag nur im „Kaffeehaus“ sitzen.
Wie Zemans Fans live aussehen, davon konnte sich die Nation am Dienstagabend zur besten Fernsehzeit überzeugen. Der private Fernsehkanal TV Prima hatte die erste von zwei Diskussionen zwischen den Kandidaten wie eine Mischung aus Gladiatorenstreit und Samstagabend-Show gestaltet.
Die Zuschauer im Prager Musicaltheater im Stadtteil Karlín waren strikt in ein Pro-Zeman- und ein Pro-Drahoš-Lager aufgeteilt. So für jeden ersichtlich, von welcher Seite die Pöbeleien, Zwischenrufe und Pfiffe kamen, die jede ernsthafte politische Diskussion zunichte machten.
Dabei hatte Zeman das gar nicht nötig. Auch wenn er nicht wie Drahoš von seinem Sessel aufspringen konnte, um das Publikum zu begrüßen, auch wenn sein Gesicht trotz Massen von Make-up krank und eingefallen wirkte und seine Augen oft ins Leere schweifen, war er immer noch sein altes Selbst. In arrogantem Ton schaffte er es immer wieder, den Professor wie einen Schuljungen dastehen zu lassen.
Längst entschieden
Die Schmutzkampagne gegen Drahoš ist genauso überflüssig. Wenn jemand in den vergangenen zwei Wochen seit der ersten Runde einen Narren aus Drahoš gemacht hat, dann er selbst. Er biedert sich an, wenn er in der Stahlstadt Třinec zum Eishockey geht und gibt seinen Gegnern Futter, wenn er dort ausgepfiffen wird.
Er macht sich lächerlich, wenn er sich auf einem YouTube-Video derwischgleich x-mal um die eigene Achse dreht. Und es ist auch peinlich, wenn sich Frau Drahošová vor Journalisten rühmt, dass man im öffentlich-rechtlichen Fernsehen ja für ihren Mann sei.
Die meisten Wähler haben sich längst entschieden. Laut Umfragen dürfte es ein Kopf-an-Kopf-Rennen geben. Das Ergebnis wird für den frühen Samstagabend erwartet.
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