Präsidentschaftswahl in Togo: Die Lage ist angespannt
Nach den Wahlen in Togo umstellt das Militär das Haus des führenden Oppositionskandidaten. Wahlbeobachter klagen über Behinderung.
Gegen 23 Uhr sagt Kodjo vor Journalisten, man habe behauptet, die Aktion sei eine Maßnahme, um ihn zu schützen. Kodjo, ein dünner Mann mit grauem Haar, hält einen Moment inne: „Im Wahlkampf hat mich auch niemand schützen wollen.“ Dass der einstige Premierminister (2000–2002) plötzlich im Mittelpunkt der Spekulationen steht, gilt als einigermaßen überraschend. In der Vergangenheit hatte er zwar seine Anhängerschaft ausbauen können. Dennoch gilt er nicht als jemand, der Togo einen echten Wandel bringen könnte.
Die Aktion des Militärs hatte zuvor in Lomé schnell die Runde gemacht und für Beunruhigung gesorgt. Dass das Militär nun ausgerechnet zu Kodjo geschickt wurde, hat für dessen Anhänger nur einen Grund: Es ist die Angst der Regierung, die Präsidentschaftswahl 2020 zu verlieren, was das Ende der 53-jährigen Herrschaft der Familie von Präsident Faure Gnassingbé bedeuten würde. Ohne Zahlen zu nennen, würden die ersten Ergebnisse schließlich für Kodjo sprechen, sagt dessen Sprecher Carmel Max-Savi.
In einigen Wahllokalen im Zentrum sieht es tatsächlich danach aus. Als nach Schließung die Auszählung beginnt, fällt in der Schule Collège Protestant de Lomé-Tokoin immer wieder ein Parteiname: MPDD. Die Zählung wird von Dutzenden Wähler*innen begleitet, die sich vor der offenen Tür der Klassenräume drängen. Die Wahl zu beobachten – im Vorfeld war zwei Missionen mit insgesamt mehr als 9.000 Beobachter*innen die Akkreditierung verweigert worden –, dazu hatte die Bürgerrechtsbewegung Togo Debout aufgerufen. Ziel war es, Manipulationen so gut es geht zu verhindern.
Kein Vertrauen in Institutionen
„Wenn man sich die Geschichte unseres Landes anschaut, weiß man, dass die Urnen nicht die Wahrheit sprechen. Wir haben die Pflicht, unsere Wahl zu verteidigen. Wir vertrauen den Institutionen nicht, die die Wahlen organisieren“, sagt Konni Mensah Agbidi, der deshalb viele Stunden auf dem Gelände der Schule zugebracht hat. Er ist 71 Jahre alt, hat die Unabhängigkeit 1960 und sieben Jahre später den Staatsstreich von Gnassingbés Vater Eyadéma erlebt.
„Es ist sehr gefährlich, wenn immer nur eine Familie an der Macht ist. Togo ist doch keine Monarchie.“ Auch hofft er auf bessere Lebensbedingungen: Jobs für junge Menschen, Bildungschancen, ein funktionierendes Gesundheitssystem. Togo liegt im Entwicklungsindex der Vereinten Nationen abgeschlagen auf Platz 167 von 189.
In Togo ist die Opposition traditionell im Süden und vor allem in der Hauptstadt stark. Präsident Gnassingbé hat seine Unterstützer jedoch im ländlichen Norden. Dort wird die Wahl entschieden. Von dort postet die regierende Partei für die Republik (UNIR) bereits am Wahlabend auf Twitter Bilder von Feierlichkeiten. Man bereite sich auf den Sieg vor, heißt es. Twitter war der einzige Nachrichtendienst, der während des Wahltags reibungslos funktionierte. Bei Facebook und WhatsApp kam es immer wieder zu Ausfällen. Komplett gestört wurde das Internet jedoch nicht.
Einer hat mit dem weiteren Wahlverlauf jedoch nichts mehr zu tun: Jean-Pierre Fabre (67), bisheriger Oppositionsführer und ewiger Zweiter in Togo, hat am Samstagabend seine Niederlage eingestanden. Seine Partei, die nationale Allianz für den Wandel (ANC), gab in einer kurzen Mitteilung bekannt, dass ersten Ergebnissen zufolge Gnassingbé und Kodjo führen würden.
Wenige Tage zuvor hatte er noch versucht, siegessicher zu klingen. Als er am Samstagmorgen in einer Schule seine Stimme abgab, hatte Fabre vor allem die mangelnde Wahlbeteiligung kritisiert. Verlässliche Zahlen – weder zur Beteiligung noch zu Ergebnissen gibt es bis Redaktionsschluss nicht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!