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Präsidentschaftswahl in PortugalAmtsinhaber siegt, Rechte feiern

Portugal bestätigt seinen konservativen Staatspräsidenten im Amt. Ein Herausforderer von rechts schneidet außergewöhnlich gut ab.

Portugals alter und neuer Präsident nach seiner Wiederwahl Foto: Pedro Nunes / reuters

Madrid taz | Portugals amtierender, konservativer Präsident Marcelo Rebelo de Sousa ist bei der Wahl am Sonntag mit 60,7 Prozent der abgegebenen Stimmen im Amt bestätigt worden. Die ehemalige sozialistische Abgeordnete und ökologische Kandidatin Ana Gomes kam mit 12,97 Prozent auf Platz 2.

Der rechtsextreme Kandidat André Ventura erzielte mit 11,9 Prozent Platz 3 und führte damit die radikale Rechte erstmals zu einem Achtungserfolg. Die restlichen vier Kandidaten blieben unter fünf Prozent, darunter außer Gomes alles linke Kandidaten. Eine zweite Runde ist – wie von allen Umfragen vorhergesehen – nicht notwendig.

In der Wahlnacht feierte vor allem einer: Der 38-jährige Jurist und ehemalige Sportkommentator eines Privatfernsehsenders, André Ventura. Mit einer halben Million Stimmen verpasste er damit nur knapp Platz 2. Bei den letzten Parlamentswahlen im Herbst 2019 erzielte seine Partei Chega! (Schluss jetzt!) gerade einmal 1,29 Prozent.

Am Sonntag scheint die Zeit zu Ende gegangen zu sein, in der Portugal immun gegen rechtsextreme Parteien schien. Ventura holte siebenmal mehr Stimmen als bei den vergangenen Parlamentswahlen, als Chega! zum ersten Mal antrat.

Coronavirus macht Wahlsieger

Der rechtsextreme Politiker Ventura feierte sein Ergebnis überschwänglich als „historische Nacht, in der die portugiesische Rechte sich komplett neu konfiguriert“. Erstmals habe eine „erklärte Antisystempartei das Spektrum der traditionellen Rechten aufgebrochen“, fügte er hinzu. Er prophezeite, dass schon bald ohne Chega! keine Regierungskoalition möglich sei.

Die portugiesische Nachrichtenagentur Lusa hat zusammen mit dem Statistikportal EyeData eine Untersuchung veröffentlicht, welcher Kandidat wo am besten abschnitt. Ventura wurde vor allem in dünn besiedelten Regionen mit niedrigem Durchschnittseinkommen gewählt. Und damit dort, wo es am wenigsten Krankenhausplätze und Gesundheitspersonal gibt.

Je mehr Covidfälle pro 100.000 Einwohner, umso besser schnitt Ventura ab. Zudem fallen seine Hochburgen mit den Wahlkreisen zusammen, in denen bisher die als besonders orthodox geltende Kommunistische Partei Portugals mit ihrem Wahlbündnis CDU am besten abschnitt.

In seiner „Siegesrede“ erklärte Ventura, der bei seinem Wahlkampf von der Französin Marine Le Pen und dem Italiener Matteo Salvini unterstützt worden war, er habe Glückwünsche aus ganz Europa erhalten: „Alle sagten einstimmig, dass sie geglaubt hätten, Portugal schlafe, dass es nie eine echte Rechte geben werde. Aber heute jubeln alle diese Führer angesichts unserer Stärke, von Spanien bis Deutschland, über Italien und Frankreich.“

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2 Kommentare

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  • Als in Portugal lebender sehe ich diesen Rechtspopulisten Ventura als ernste Gefahr für ein bislang doch sehr demokratisch geführtes Land. Wie überall wo die Rechten zur Zeit erfolg haben, sind die dummen und unsozialen Argumente im Vormarsch. Die portugiesische Bevölkerung ist eigentlich ein sehr offenens und tolerantes Volk. Es wäre sehr traurig, wenn dies sich ändernt. Haltet mal ein Auge auf die Entwicklung in Portugal und berichtet darüber, wie das Land sich politisch entwickelt.

    • @joaquim:

      Ebenfalls für mich als Lebensabschnittsgefährte Portugals sind die Ergebnisse Venturas eine beängstigende Situation... bisher hatte ich eigentlich immer das Gefühl Portugal ist eine der safe zones gegen Rechtspopulismus in Europa... es würde mich tief traurig machen wenn sich das ändert. Was haben wir gelernt aus unserem Rechtsrückfall? Was braucht Portugal damit dieses Ergebnis eine Farce und nicht glücklicher Zustand wird...