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Präsidentschaftswahl in PolenWegweiser für Polens zukünftige Politik

Im Mai 2025 wird Polens neuer Präsident gewählt. Der Ausgang der Wahl entscheidet auch über den Handlungsspielraum der aktuellen Regierung unter Tusk.

Ex-Boxer statt Politiker: Karol Nawrocki will der nächste polnische Präsident werden Foto: IMAGO/Aleksander Kalka

Warschau taz | „Nichts ist unmöglich“ scheint der Wahlspruch von Magdalena Biejat zu sein. Mitte Dezember 2024 nominierte sie die Neue Linke (NL) als letzte der wichtigen Parteien im polnischen Parlament zu ihrer Präsidentschaftskandidatin. Bis zu den Wahlen im Mai 2025 hat die Politikerin und Spanisch-Übersetzerin noch Zeit, die Menschen in ganz Polen von sich zu überzeugen.

Mit zurzeit gerade mal 5 Prozent Zustimmung scheint sie zwar auf verlorenem Posten zu stehen, doch die heute 43-Jährige will weiterkämpfen. 2018 und 2019 war sie bei ihren ersten Wahlen noch krachend mit jeweils unter 1.000 Stimmen durchgefallen, zog dann aber bei den Parlamentswahlen 2019 mit knapp 20.000 Stimmen als Abgeordnete in den Sejm, das polnische Abgeordnetenhaus, ein.

Vier Jahre später, als sie für den Senat kandidierte, die zweite Kammer im polnischen Parlament, fuhr sie mit fast 205.000 Stimmen ihr bislang bestes Wahlergebnis ein.

Dort rückte sie rasch auf den Posten der stellvertretenden Senatsvorsitzenden vor. Biejats Konkurrenten im Kampf um das Präsidentenamt sind politische Schwergewichte. Auch der Warschauer Oberbürgermeister Rafał Trzaskowski (52) von der liberal-konservativen Regierungspartei Bürgerkoalition (KO) und der politische Neuling, Historiker und Ex-Boxer Karol Nawrocki (41) kandidieren. Letzteren hat die nationalpopulistische Oppositionspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) aufgestellt.

Ex-Boxer erfreut sich Beliebtheit

Obwohl er offiziell parteilos ist, konnte sich die PiS seit Jahren darauf verlassen, dass Nawrocki die Geschichte Polens im großen Stil auf Parteilinie bringen würde – zunächst als Direktor des Museums des Zweiten Weltkriegs in Danzig und ab 2021 als Direktor des Instituts des Nationalen Gedenkens (IPN). Dort verfügte er über 2.500 Mitarbeiter landesweit und ein Jahresbudget im dreistelligen Millionenbereich.

Der neuesten IPSOS-Umfrage für das öffentlich-rechtliche Fernsehen TVP zufolge haben Trzaskowski mit derzeit 41 Prozent Zustimmung und Nawrocki mit knapp 28 Prozent die höchsten Chancen, im Mai 2025 in die Stichwahl zu kommen. Mit etwas Abstand folgen der rechtsliberale Politiker, Steuerberater und Bierbrauer Slawomir Mentzen (11,7 Prozent), der christdemokratische Fernsehmoderator, Chef der Partei Holownia2050 und Präsident des polnischen Abgeordnetenhauses Szymon Holownia (9,7 Prozent) und eben Magdalena Biejat von der neuen Linken (5,5 Prozent). Weitere Kandidaten sind mit unter 3 Prozent Zustimmung unter der Wahrnehmungsschwelle.

Da der PiS-nahe Präsident Andrzej Duda sich als Treuhänder der Nationalpopulisten und ihrer „illiberalen Demokratie“ versteht, verhindert er seit der Abwahl der PiS im Oktober 2023 jedes Reformgesetz der neuen Mitte-links-Regierung unter Premier Donald Tusk.

Entweder legt er direkt sein Veto ein oder er leitet den Gesetzentwurf an das Verfassungsgericht weiter. Das aber ist ausschließlich mit PiS-loyalen Richtern besetzt und erachtet zumeist nur eine Rechtsauslegung als „verfassungsgemäß“, die dem Parteiinteresse am meisten dient. So kommt die Wiederherstellung von Demokratie und Rechtsstaat in Polen nach acht Jahren PiS-Herrschaft wesentlich langsamer voran als gedacht.

Die ländlichen Regionen entscheiden

Sollte niemand aus der Mitte-links-Koalition die Präsidentschaftswahlen im Mai 2025 gewinnen, dürfte dieser Zustand weiter anhalten und zum Scheitern der Tusk-Regierung führen. Daher ist allen bewusst, wie wichtig der Wahlkampf der nächsten Monate sein wird. Denn dass der Warschauer Oberbürgermeister Trzaskowski zurzeit die Kandidatenliste anführt, heißt gar nichts. Er wird genauso wie Bielat, Holownia und alle anderen die Ochsentour über die Dörfer antreten müssen. Denn in Polen werden die Wahlen auf dem Land gewonnen.

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