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Präsidentschaftswahl in GambiaBleiben mit allen Mitteln

Dauermachthaber Yahya Jammeh hat sich 1994 an die Spitze Gambias geputscht. Seitdem ist er im Amt – und denkt nicht ans Aufhören.

Meint auch mal, HIV mit Kräutern heilen zu können: Gambias Präsident Yahya Jammeh Foto: reuters

Cotonou taz | Auf den Fotos von ihm im Internet lächelt Adama Barrow stets vorsichtig. Viele sind es nicht, doch Barrow ist der Mann, der die Ära von Gambias Dauermachthaber Yahya Jammeh beenden will. Der 51-jährige Präsident, der sich 1994 als junger Soldat in dem kleinen westafrikanischen Strandparadies an die Macht geputscht hatte, will sich unbedingt am 1. Dezember wiederwählen lassen, und dass er das schafft, bezweifelt kaum jemand.

Jammeh ist als zynischer und selbstverliebter Machtmensch bekannt, der eigenen Angaben zufolge HIV mit Kräutern heilt, Oppositionelle nach Belieben ins Gefängnis wirft, die lange ausgesetzte Todesstrafe wieder einführte, junge Migranten und deren Familien verspottet und sich von niemandem etwas sagen lässt.

Die Mitgliedschaft am Internationalen Strafgerichtshof (ICC) in Den Haag kündigte er in diesem Jahr auf, die im Commonwealth vor drei Jahren. 2015 ließ er Agnès Guillaud, Botschafterin der Europäischen Union in der Hauptstadt Banjul, hinauswerfen. Nun wurden auch die Wahlbeobachter der EU nicht akkreditiert, wohl aber die der Afrikanischen Union (AU).

Sanktionen, die schmerzen, gibt es jedoch nicht, höchstens ab und zu Kritik. Im Frühjahr bemängelte etwa die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft (Ecowas) das Verhalten des gambischen Staates gegenüber der Opposition und forderte alle Seiten zur „zivilen Verantwortung“ auf. Auch die AU zeigte sich „besorgt“.

Zu unbedeutend in der Welt

Mit etwa zwei Millionen Einwohnern ist Gambia einer der kleinsten afrikanischen Staaten, komplett von Senegal umschlossen. Zwischen den beiden Nachbarn kriselt es regelmäßig, etwa im Frühjahr als Gambia die Maut für senegalesische Lastwagen vervielfachte, Grenzposten dichtmachte und die Fernfahrer so zum Fahren eines riesigen Umwegs zwang, wenn sie aus Senegals Hauptstadt Dakar in die Südprovinz Casamance wollten. Außer in Senegal aber gilt Gambia als zu unbedeutend, als dass Kritik auf politischer Ebene irgendetwas ändern könnte.

Der ehemalige Chef der UDP-Opposition, Solo Sandeng, starb in der Haft

Adamawa Barrow, der nach Wünschen der Opposition diesen Zustand beenden soll, arbeitete früher unter anderem als Wachmann in London. Für seine Nominierung als Präsidentschaftskandidat gab er sein Amt als Vorsitzender der Vereinten Demokratiepartei (UDP) auf; sieben von acht Oppositionsparteien wollen ihn am Donnerstag unterstützen. Die gemeinsame Kandidatur der Opposition soll ein Zeichen setzen, um politische, ethnische und religiöse Unterschiede zu überbrücken.

Für den Fall, dass er gewählt wird, hat Barrow vor allem für die Einhaltung von Menschenrechten plädiert, die in der gambischen Opposition das zentrale Thema sind. Amnesty International und Human Rights Watch haben in den vergangenen Jahren regelmäßig schwere Vorwürfe gegen das Jammeh-Regime erhoben.

Laut HRW sollen allein 2016 mindestens 90 Oppositionelle verhaftet worden sein. Darunter war im April auch der ehemalige UDP-Chef Solo Sandeng, der in der Haft starb und dessen Leiche seine Familie auch Monate später noch nicht gesehen hat.

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1 Kommentar

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  • Danke, dass die taz über die Wahl in Gambia berichtet. Am heutigen Wahltag hat der Diktator sämtliche Kommunikations-Verbindungen ins Ausland gekappt; niemand weiß, was dort vorgeht. Läuft die Wahl friedlich ab (dass sie fair abläuft, steht kaum zu erwarten)? Hat es zu dieser Stunde bereits ein Blutbad gegeben? Ähnliches kündigt Herr Jammeh seit Tagen an - für den Fall, dass er abgewählt werden sollte.

     

    Obwohl die Zustände in dieser Diktatur hierzulande lange bekannt sind, werden diese in unseren Medien konsequent totgeschwiegen. Einer der Hintergründe dürfte wohl sein, dass aus diesem Land täglich mehr verzweifelte Flüchtlinge die Überfahrt übers Mittelmeer wagen. Diese müssten Asyl erhalten, wenn Gambia als offiziell als Diktatur eingestuft wäre und als nicht sicheres Herkunftsland gälte... Man fragt sich da natürlich, ob, und falls ja, von wem in Deutschland 'Maulkörbe' an die Presse verteilt werden.