Präsidentschaftswahl Brasilien: Inhaftierter Lula ist Spitzenkandidat
Obwohl Brasiliens Ex-Präsident Lula da Silva in Haft sitzt, hat ihn seine Partei zum Spitzenkandidaten gekürt. Ob er im Herbst tatsächlich antreten darf, ist unklar.
Der frühere Gewerkschaftsführer verbüßt seit April eine zwölfjährige Haftstrafe in der südbrasilianischen Stadt Curitiba. Der 72-Jährige wurde in zweiter Instanz wegen Korruption verurteilt. Lula da Silva und seine Partei sprechen von einem politischen Prozess mit dem Ziel, eine Rückkehr der PT an die Regierung zu verhindern. Noch hofft die Partei auf eine Freilassung des ehemaligen Präsidenten (2003-2010) durch eine Revisionsentscheidung des Obersten Gerichts. Es gilt jedoch als unwahrscheinlich, dass das Wahlgericht eine Kandidatur des nach wie vor sehr populären Politikers zulassen wird.
„Die Demokratie in Brasilien ist bedroht“, erklärte Lula da Silva in einem Brief an den Parteitag. Es solle verhindert werden, dass das Volk in freien Wahlen bestimme, wer der nächste Präsident wird. „Sie wollen eine Wahl mit gezinkten Karten organisieren“, schrieb der Expräsident.
Der PT-Abgeordnete Paulo Pimenta erklärte nach der Kandidatenkür: „Noch nie war Brasilien so sehr auf Lula angewiesen.“ Es gehe um weit mehr als um die Präsidentschaftswahl. „Lula muss freikommen, für die Kandidatur der PT gibt es keinen Plan B“, sagte Pimenta.
Korruptionsskandale und Vetternwirtschaft
An dem Kongress nahm auch Lulas Nachfolgerin Dilma Rousseff teil, die nach einem ein höchst umstrittenen Amtsenthebungsverfahren 2016 die Präsidentschaft niederlegen musste. Anwesend war auch der frühere Bürgermeister von São Paulo, Fernando Haddad, der als wahrscheinlichster Ersatzkandidat der PT gehandelt wird, sollte Lula nicht zu der Wahl zugelassen werden.
Lula da Silvas einstige Umweltministerin Marina Silva wurde am Samstag von ihrer Partei Rede ebenfalls zur Kandidatin gekürt. Sie gilt als integre Person in einem Politikspektrum, dass durch riesige Korruptionsskandale und anhaltende Vetternwirtschaft viel Ansehen in der Bevölkerung verloren hat. Für die konservative Unternehmerpartei PSDB tritt erneut Geraldo Alckmin an, für die Regierungspartei MDB der ehemalige Finanzminister Henrique Meirelles. In Umfragen Zweitplatzierter ist der Rechtsextreme Jair Bolsonaro, der eine Rückkehr der Militärs an die Macht befürwortet und durch frauenfeindliche und homophobe Sprüche auffiel.
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