piwik no script img

Wahlgericht untersagt KandidaturEx-Staatschef Lula soll nicht mehr

Das Oberste Wahlgericht Brasiliens untersagt dem früheren Präsidenten eine erneute Kandidatur für das Amt. Gewählt wird im Oktober.

War's das für Luiz Inácio Lula da Silva? Foto: dpa

Brasília afp | Mit großer Mehrheit hat sich das Oberste Wahlgericht Brasiliens gegen eine Kandidatur des inhaftierten Ex-Staatschefs Luiz Inácio Lula da Silva bei der Präsidentenwahl im Oktober ausgesprochen. Sechs von sieben Richtern stimmten am späten Freitagabend in Brasília gegen den von der Arbeiterpartei (PT) nominierten 72-Jährigen. Die PT kündigte nach dem Urteil an, „mit allen Mitteln“ für Lulas Kandidatur zu kämpfen.

Lula, der von 2003 bis Ende 2010 Präsident war, sitzt nach seiner Verurteilung wegen Korruption und Geldwäsche im Gefängnis. In Umfragen liegt er dennoch vor allen seinen Mitbewerbern, darunter der ultrarechte Ex-Offizier Jair Bolsonaro, São Paulos Ex-Gouverneur Geraldo Alckmin und die Umweltaktivistin Marina Silva.

In Brasilien wird am 7. Oktober ein neues Staatsoberhaupt gewählt. Der in eine Reihe von Korruptionsaffären verwickelte rechtskonservative Amtsinhaber Michel Temer tritt bei der Wahl nicht an.

Lulas Anhängers rechnen dem ehemaligen Gewerkschafter immer noch hoch an, dass er während seiner Präsidentschaft erfolgreiche Programme zur Armutsbekämpfung auflegte.

Doch die Richter des Obersten Wahlgerichts dämpften die Hoffnung auf eine Kandidatur Lulas nach stundenlanger Diskussion. Die PT kündigte im Anschluss an, Rechtsmittel einzulegen und „mit allen Mitteln“ für eine Kandidatur des ehemaligen Gewerkschaftsführers kämpfen zu wollen. „Wir werden Lula auf den Straßen verteidigen, mit dem Volk, denn er ist ein Kandidat der Hoffnung“, erklärte die Partei.

Berufung möglich

Nach brasilianischem Recht sind in zweiter Instanz verurteilte Staatsbürger nicht wählbar, was bei Lula der Fall ist. Der Ex-Präsident bestreitet die gegen ihn erhobenen Vorwürfe und hält seine Verurteilung zu zwölf Jahren Gefängnis für politisch motiviert. Der UN-Menschenrechtsausschuss hatte die brasilianische Regierung Mitte August aufgefordert, Lula bei der Präsidentschaftswahl antreten zu lassen, solange er nicht sämtliche juristische Möglichkeiten ausgeschöpft habe, gegen seine Verurteilung vorzugehen.

Gegen die Entscheidung des Wahlgerichts könnte nach Angaben des ehemaligen Richters Henrique Neves Berufung eingelegt werden. Zudem könnten beide Seiten sich auch an das Oberste Bundesgericht wenden, um die Verfassungsmäßigkeit des Urteils prüfen zu lassen, sagte Neves der AFP.

Sollte sich die Entscheidung des Wahlgerichts gegen Lula bestätigen und auch mögliche Einsprüche dagegen abgewiesen werden, wird vermutlich sein Vizepräsidentschaftskandidat Fernando Haddad für ihn einspringen. Der ehemalige Bürgermeister von São Paulo war zuvor Bildungsminister unter Lula und Roussef. Beobachter zweifeln aber daran, ob alle Anhänger Lulas auch für Haddad stimmen würden.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Das Gericht, das gegen die Kandidatur Luas geurteilt hat, konnte gar nicht anders, denn das entspricht geltendem brasilianischem Recht. Mithin ist die Forderung der PT, „mit allen Mitteln“ für Lulas Kandidatur zu kämpfen, schlicht Aufforderung zum Gesetzesbruch.



    Lula, der das betreffende Gesetz selbst unterschrieben hatte, hätte doch in das Gesetz einarbeiten lassen können, was seine Anhänger jetzt vehement fordern: Nämlich, einen Kandidaten zur Präsidentschaftswahl zuzulassen, solange nicht sämtliche juristische Möglichkeiten gegen die Verurteilung ausgeschöpft sind.



    Aber er dachte wohl an andere Leute, die seiner Ansicht nach nicht kandidieren sollten. Nun fällt es ihm selbst auf die Füße!