Präsidentenwahl in Österreich: Alles im grünen Bereich
Der grünen-nahe Alexander Van der Bellen wird Bundespräsident. FPÖ-Kandidat Norbert Hofer verliert die Wahl deutlich.
Die Stimmung bei dem Wahlfest der Unterstützer Van der Bellens, die in dem großen Prunksaal mitten in Wien zusammengekommen sind, war zuvor angespannt. Während die beiden Kandidaten in der Wiener Hofburg, dem offiziellen Amtssitz des Bundespräsidenten, auf das Ergebnis warten, werden hier die wichtigsten Szenen dieses fast einjährigen Wahlspektakels an eine Leinwand projiziert. Das „Ja“, das „Nein“, das „Doch nicht“, der Wahlkampf, die internationale Presse, der drohende Rechtsruck – das alles hat die Österreicher in den vergangen Monaten geprägt.
Als dann die Auszählung voranschreitet, die Ergebnisse der ersten Gemeinden kommen und es deutlich wird, dass sogar in Pinkafeld, der Heimatgemeinde des FPÖ-Kandidaten Norbert Hofer – auch wenn der natürlich deutlich vorne liegt – Van der Bellen 3,5 Prozentpunkte mehr als beim letzten Mal holen kann, wird die Stimmung immer ausgelassener.
„Ich kann noch nicht glauben, dass es vorbei ist“, sagt Lothar Lockl, der Wahlkampfmanager von Van der Bellen, nachdem auch die zweite Hochrechnung den Sieg seines Kandidaten bestätigt. „Schöne Grüße vom nächsten Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen“ richtet er aus der Hofburg aus.
Freiheit, Gleichheit, Van der Bellen
Alexander Van der Bellen selbst zeigt sich von der Deutlichkeit seines Sieges überrascht. „Ich habe schon gehofft, dass es gut geht“, sagte der 72-jährige Wirtschaftsprofessor beim Eintreffen in der Wiener Hofburg. Allerdings habe er nicht mit diesem Vorsprung gerechnet. „Ich bin dankbar“, sagte er.
Van der Bellen glaubt, dass die alten Werte wie Freiheit, Gleichheit, Solidarität überzeugt hätten. Er freute sich über „das Engagement von Tausenden, vielleicht Zehntausenden“; eine breite Bewegung sei entstanden, die ihresgleichen sucht in Österreich.
Norbert Hofer
In den Sofiensälen lächelt Sandra Müllbacher, eine weitere Unterstützerin Van der Bellens, zufrieden. „Ich bin sehr erleichtert. Ich habe zwar gehofft, dass er gewinnt, aber ich war nicht sicher, ob es noch einmal klappt“, sagt sie.
Norbert Hofer gesteht schon früh via Facebook seine Niederlage ein. „Ihr habt mich großartig unterstützt und ich bin unendlich traurig, dass es nicht geklappt hat. Ich hätte gerne auf unser Österreich aufgepasst“, schreibt er. Auch FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache gratuliert und schließt – was noch wichtiger ist – eine Wahlanfechtung aus. Eine solche Anfechtung der FPÖ war es ja gewesen, die den Wahlsieg Van der Bellens am 22. Mai annulliert hatte.
„Scheitern“ klingt blöd
Der Applaus der FPÖ-Funktionäre mag nicht so recht überzeugen. Stadträtin Ursula Stenzel, die sich zuletzt als Scharfmacherin gegen Van der Bellen betätigt hatte, blickt betreten auf ihr Handy. Harald Vilimsky, der die Partei im EU-Parlament vertritt und dort mit Marine Le Pen in einer Fraktion sitzt, will keinen Zusammenhang zwischen der Wahlentscheidung und der EU-Feindlichkeit seiner Partei sehen. Das Wort „Scheitern“ will er nicht in den Mund nehmen. Es sei „Eine Sensation, dass de facto jeder Zweite ein freiheitliches Programm gewählt hat“, versucht er die Niederlage in einen Sieg umzudeuten.
Hofer selbst ruft seine Anhänger auf, das Wahlergebnis zu akzeptieren. „Viele Wähler haben mich unterstützt. Deshalb werde ich wieder antreten“, sagte Hofer mit Blick auf die nächste Präsidentschaftswahl. Schon zuvor, 2018, will die FPÖ als stärkste Partei die Regierungsverantwortung übernehmen.
Wählerbefragungen zeigen, dass die proeuropäische Haltung Van der Bellens ein wichtiges Wahlmotiv gewesen ist. 65 Prozent seiner Wähler gaben diese Antwort. 67 Prozent sind der Meinung, er werde Österreich im Ausland besser vertreten. Während Hofer-Wähler die Veränderung wählten, entschieden sich die Van-der-Bellen-Anhänger für das traditionelle Amtsverständnis.
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