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standbild Power-Oldies in der Dritten Welt

„Alt – aber gefragt“

(Mittwoch, 23.50 Uhr, 3sat)

Wenn das der Jürgen Rüttgers wüsste! Während auf bundesdeutscher Ebene noch mit und gegen Green Cards für ausländische Computerexperten wahlgekämpft wird, haben rüstige Fachkräfte aus dem Schweizer Nachbarland schon längst das Ausland für sich erobert. Der „Senior Expert Corps“ macht’s möglich.

Ein bisschen wie die Sendung mit der Maus wirkte es dann aber schon, wenn das Kamerateam des Schweizer Fernsehens dem 65-jährigen Chocolatier Alois Russheim beim Schokopralinenfönen in einer nepalesischen Bäckerei über die Schulter sah. Elsbeth Fopp, Hotelfachfrau und 68 Jahre alt, düste derweil durch dunkle Hotelgänge und half beim Trollibauen, Kissenflicken, Schürzenschneidern und Gläserputzen.

Die Schweizer Rentner kommen im Ausland gut an: Als „pensionierte Berufsleute, reich an Erfahrung und Wissen“ (Pressetext) sollen sie in Entwicklungsländern die Entwicklung des Landes vorantreiben. Und das Fernsehen war hautnah dabei. Nicht nur am Ort des Geschehens, sondern auch im trauten Heim der Power-Oldies. Die ständigen Sprünge von einem Drehort zum nächsten wirkten dabei jedoch eher befremdlich: Elsbeth beim Frühstück mit der Familie zu Hause in Davos, bei der Teambesprechung in Nepal, beim Skifahren (jetzt wieder in Davos), dann aber beim Bettenmachen in Nepal. Fernsehreportagengerecht marschierte die Rentnerin Hotelflure entlang und erzählte der Kamera von ihrer Arbeit, und dass der Respekt vor dem Alter in Nepal besonders ausgeprägt sei. Das glauben wir der Elsbeth gerne. „Ihrer Aufmerksamkeit entgeht nichts“, ergänzte die Stimme aus dem Off.

Gleiches gilt natürlich auch für den „Schokoexperten und Fachmann für Brot“ Alois Russheim, der am liebsten mit seiner Frau zusammen reist. Aber eine Green Card – die haben sie wohl beide nicht. Wenn das der Jürgen Rüttgers wüsste.

PEER SCHADER

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