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Posse um Titel als ApfelköniginIst da der Wurm drin?

War die Wahl zur Apfelkönigin im brandenburgischen Guben gültig? Nein, sagt ein Mann – und klagt dagegen. Der Prozess läuft.

Er will auch gern Apfelkönig sein: Marko Steidel klagt vor Gericht deswegen Foto: dpa

Guben dpa | Zankapfel Apfel: In der brandenburgischen Kleinstadt Guben (Spree-Neiße) ist das Ehrenamt Apfelkönigin so beliebt, dass sogar vor Gericht um den Thron gestritten wird. Alles dreht sich um einen Mann, der sich vom Volk auf einem Apfelfest zur Hoheit wählen lassen wollte. Sein Plan scheiterte – die Krone sitzt auf dem Haupt einer jungen Frau. Das wollte sich Marko Steidel nicht gefallen lassen und begann zu klagen, inklusive Schadenersatzforderungen von zusammengenommen 25.000 Euro. Am Dienstag, 10 Uhr, steht die Hauptverhandlung an, wie das Amtsgericht Cottbus ankündigte.

Das Gericht muss in diesem Verfahren klären, ob die Wahl zur Apfelkönigin im September 2016 gültig war oder nicht. Steidel will mit seiner Klage erreichen, dass die amtierende Apfelkönigin Antonia Lieske keine Auftritte mehr als Hoheit absolvieren darf. Nicht mehr dem Volk zuwinken, keine Hände mehr schütteln, keine Krone mehr richten. Steidel ist überzeugt: Die Wahl war manipuliert. Der Anwalt des örtlichen Tourismusvereins, der die jährliche Wahl ausrichtet, hält die Vorwürfe dagegen für haltlos.

Marko Steidel isst gerne Äpfel und Apfelkuchen. Aber das war nicht der Grund, warum er sich um den Königstitel bewarb, wie er erläutert. „Man kommt rum“, sagt der Hobbytrödler auf seinem Hof in Groß Drewitz bei Guben. Es wäre sein erster Adelstitel gewesen, wenn es beim „Appelfest“ geklappt hätte. Dass die Amtszeit der jetzigen Apfelkönigin in einigen Wochen mit der nächsten Wahl ohnehin vorbei sein wird, beeinflusst sein juristisches Vorgehen nicht. Es gehe um Gerechtigkeit, sagt der 42-Jährige.

Als ein Argument nennt er, dass seine Kontrahentin bei der Wahl keinen Führerschein gehabt habe. Das habe es bei allen anderen Apfelköniginnen davor nicht gegeben. Der Verein Marketing und Tourismus Guben beteuert, dass ein Führerschein aber keine Bedingung gewesen sei.

Antonia Lieske steht in einem weißen Kleid an einem nahe gelegenen See und steckt sich die Krone ins blonde Haar. Die Königinnen-Schärpe glänzt in der Sonne. In ihrem Korb hat sie – na klar – Äpfel. Daneben liegen Lutscher, Autogrammkarten und eine kleine gestrickte Apfelkönigin-Puppe, die ein Fan für sie extra fertigte.

Die 21-Jährige, die eine Ausbildung zur Altenpflegerin macht, ist traurig, dass sie mit dem nächsten Apfelfest am 9. und 10. September keine Königin mehr sein wird. „Dieses Wohinfahren, irgendwas darstellen, etwas repräsentieren – das macht mir unheimlich Spaß.“

Königliche Auftritte hatte die junge Frau zum Beispiel bei einer Spedition und auf Messen. Zudem gab es eine Parade mit Apfelkönigin in der Pferdekutsche und in einer Grundschule las sie Kindern aus einer Spukgeschichte vor. Dass ihr Ex-Gegenkandidat gegen ihre Wahl vorgehen will, sei keine Belastung für sie gewesen. „Aber man wurde auf Messen darauf angesprochen“, betont Lieske.

Die Gubener Apfelkönigin Antonia Lieske Foto: dpa

Die Wahl zur Apfelkönigin hat in der südbrandenburgischen Grenzregion zu Polen Tradition. Seit 1995 besteigen Königinnen den Thron. Lieske ist Königin Nummer 22. Dabei gibt es in Guben gar keine Apfel-Plantagen mehr, wie der Tourismusverein anmerkt. Trotzdem sei man der Tradition des Obstbaus eng verbunden, heißt es zur Begründung.

2016 ließ der Tourismusverein erstmals auch männliche Kandidaten zur Wahl zu, wie Geschäftsführerin Kerstin Geilich erläutert. Dass daraus ein juristischer Streit werden würde, hätte sie sich nicht träumen lassen. „Sowas habe ich noch nicht gehabt. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass so etwas jemals passieren würde“, sagt sie.

Für die nächste Wahl gibt es zwei Bewerber. Laut Geilich ist wieder ein Mann darunter. Es ist aber nicht Steidel. Den ließ der Verein nicht als Kandidaten zu. Es gab die Bedingung, dass man in den vergangenen zwölf Monaten gerichtlich nicht gegen den Verein vorgegangen sein darf. Auch diese Absage wollte sich der 42-Jährige nicht gefallen lassen und versuchte es bei Gericht mit einer einstweiligen Verfügung – jedoch vergeblich.

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