Portrait: Der Nüchterne
Berentzen Appel trinkt Frank Schübel nur, wenn er muss. Der 52-Jährige ist Vorstandssprecher des gleichnamigen Getränkeherstellers mit Sitz im niedersächsischen Haselünne. Nachdem er die emsländischen Schnapsbrenner in gut vier Jahren auf Vordermann gebracht hat, wechselt er bei der Hauptversammlung am Freitag in den Aufsichtsrat.
Als Schübel Ende 2012 zu Berentzen kam, übernahm er ein Unternehmen in der Krise. Trotz der Sanierungsbemühungen seines Vorgängers, zu der die Schließung der Destillerie am Stammsitz Haselünne gehörte, machte die Firma 2012 Miese. Und 2013 wurde es erst mal noch schlimmer: Nach 50 Jahren Zusammenarbeit entzog Pepsi dem Unternehmen die Konzession, mit der Folge, dass der Umsatz einbrach und die Verluste noch größer wurden.
Der neue Mann musste sich etwas ausdenken und nahm angesichts des rückläufigen Spirituosen-Absatzes das alkoholfreie Segment in den Blick. Er kaufte ein System, mit dem Hotels und Supermärkte frisch gepresste Säfte anbieten können. Außerdem will die Firma auf den Zug der Craft-Produkte aufspringen und ab Sommer am urigen Stammsitz wieder einen Korn herstellen – auf handwerkliche Weise.
Alkohol trinke er „eigentlich nur geschäftlich“, sagte Schübel einmal der Zeitung Die Welt. „Denn ich muss ja probieren, was wir machen und was die Konkurrenz so anbietet.“ Mit seinem künftigen Hauptjob, Chef bei Teekanne, kehrt er zu seinem nicht-alkoholischen Wirkungskreis zurück. Bevor er bei Berentzen anfing, war er Geschäftsführer der Molkerei Weihenstephan, die zu Müller-Milch gehört.
Ein Grund für Schübels Weggang nach Düsseldorf ist, dass er von dort schneller zu seiner Familie nach München kommt. „Ich habe in Haselünne kein Privatleben gehabt“, sagte er der Neuen Osnabrücker Zeitung. „Dieses Lebensmodell wollte ich nicht mehr so weiterführen.“ Und näher an München bedeutet auch, näher an den Alpen zu sein, denen sich Schübel als Radfahrer gern stellt.
Sein Nachfolger Oliver Schwegmann übernimmt am 1. Juni ein Unternehmen mit neuer Aktionärsstruktur. Schübel wird ihm als Aufsichtsrat auf die Finger schauen. KNÖ
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