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PortraitIstanbuler Pionierin

Ich bin eine in Istanbul lebende Journalistin. Ja, ich weiß, das hört sich cool an, aber: Ich bin auch eine arbeits- und obdachlose Transfrau ohne Geld.“ So lauten die ersten Zeilen der scharfzüngigen Kolumne „Ayol“ von Michelle Demishevich, die ab Freitag regelmäßig auf der neuen türkisch-deutschsprachigen Plattform taz.gazete zu lesen sein wird.

In der Türkei ist Michelle Demishevich bekannt als erste Transfrau, die als TV-Reporterin im Fernsehen auftrat. Beim inzwischen geschlossenen Sender IMC TV berichtete sie über Menschenrechte, Feminismus, Queer-Themen und Gerichtsprozesse.

Im Anschluss war sie bei der Online-Nachrichtenplattform T24 verantwortlich für die Justizberichterstattung. Überdies ist Demishevich Gründungsmitglied der türkischen Grünen-Partei „Yeşiller“, seit über zwanzig Jahren aktiv in der LGBTIQ*-Szene, und sie arbeitet ehrenamtlich für diverse NGOs, darunter Amnesty International und Lambda Istanbul.

Als Pionierin in der immer noch sehr patriarchal geprägten türkischen Medienlandschaft, musste Michelle Demishevich nicht nur immer wieder um Anerkennung kämpfen – sie wurde angefeindet und mehrmals auch angegriffen. Während einer Recherche vor dem belgischen Konsulat in Istanbul wurde Demishevich von Polizisten körperlich verletzt.

Zudem wurde sie – wie viele Transfrauen in der Türkei – mehrmals verhaftet und berichtete anschließend von Folter und sexuellem Missbrauch während der Haft.

Nach einem versuchten Attentat auf Michelle Demishevich im Jahr 2011, beschloss die prominente Menschenrechtsanwältin Eren Keskin, den darauf folgenden Prozess zu verfolgen. Allerdings wurde das Verfahren wegen mangelnder Beweislage eingestellt – Videoaufnahmen von der Tat waren kurzerhand verschwunden und nicht mehr aufzufinden.

Ab Freitag erzählt Michelle Demishevich in ihrer monatlichen Kolumne auf taz.gazete aus ihrem Alltag und von dem unaufhörlichen Kampf gegen den wachsenden Druck, der auf der freien Presse in der Türkei lastet. Deshalb widmet Demishevich ihren ersten Text auch „allen getöteten oder derzeit in Haft lebenden Kol­le­g*in­nen. Journalismus ist kein Verbrechen!“

Fatma Aydemir

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