Portrait: Der Aufrechte
Deniz Naki muss nicht in den Knast. Das Verfahren gegen den Fußballspieler mit kurdischen Wurzeln, der zwischen 2009 und 2012 beim FC St. Pauli kickte, wurde am Dienstag eingestellt. Im südtürkischen Diyabarkir ließ die Staatsanwaltschaft, die ihn wegen Propaganda für die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK angeklagt hatte, den Vorwurf zu Prozessbeginn überraschend fallen.
„Glücklich und erleichtert“, zeigte sich Naki, der mit einer Haftstrafe zwischen einem und fünf Jahren rechnen musste: „So wie die Dinge sich hier entwickeln, konnte ich nicht davon ausgehen, freigesprochen zu werden.“ Zuvor hatte der Deutsch-Türke betont, er werde vor dem Knast nicht nach Deutschland flüchten, wo seine Familie lebt. Er wolle die Kurden in der Türkei nicht alleine lassen, begründete er seine fast märtyrerhafte Haltung.
Angeklagt worden war der 27-Jährige, weil er einen Sieg seines Vereins Amed SK gegen den Erstligisten Bursapor den Opfern der türkischen Militäroperationen in den Kurdengebieten gewidmet hatte. Weitere prokurdische Posts von Naki via Facebook und Twitter wertete die Staatsanwaltschaft als Terrorpropaganda. Nakis drohende Verurteilung brachte dem nur 1,76 Meter großen Fußballer internationale Solidaritätsbekundungen ein, nicht wenige davon aus dem Kreis seines ehemaligen Arbeitgebers. So lief fast das gesamte FC-St.-Pauli-Ligateam im Oktober bei einem Freundschaftsspiel gegen Werder Bremen mit Naki-Trikots auf.
Am Millerntor ist Naki auch vier Jahre nach seinem Abgang noch gut in Erinnerung, weil er polarisierte. Unvergessen ist, wie er nach einem Sieg bei Hansa Rostock – provoziert durch rassistische Beleidigungen – die St.-Pauli-Fahne mit martialischer Gebärde in den Rostocker Rasen rammte und die Zuschauer mit einer Kopf-ab-Geste provozierte. Für die einen Fans war der Mittelfeldspieler seitdem ein Held mit dem Herz am rechten Fleck, der sich bedingungslos mit dem Verein identifizierte, für die anderen ein unsportlicher Egomane, der, statt den Teamgeist zu pflegen, immer nur sich selbst inszenierte. Den Mund verbieten aber ließ Naki sich nie – was ihn nun fast seine Freiheit gekostet hätte. mac
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