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PortraitDie Gegenkandidatin

Ist es mutig, gegen den Ministerpräsidenten anzutreten? Gesine Stück bleibt cool: „Ich sehe meine Bewerbung als Zeichen gegen Politikverdrossenheit“, schreibt die 49-jährigen Sozialdemokratin in ihrem Bewerbungsbrief. Schließlich gehe es in der parlamentarischen Demokratie darum, „jemanden zu wählen, der die Interessen des Wahlkreises im Parlament vertritt“. Das, schwingt ungesagt mit, könne sie besser als Torsten Albig. Am Samstag entscheidet die Basis, wer bei der Landtagswahl im Mai direkt kandidieren darf. Klar ist: Wer gewinnt, zieht sehr wahrscheinlich in den Landtag ein. Gesine Stücks Chancen stehen nicht schlecht.

Der Wahlkreis Kiel-Nord umfasst die Uni und die Schleusen am Nord-Ostsee-Kanal, Altbau-Viertel und den Sportboothafen. Traditionell wird hier überwiegend SPD gewählt – es war also kein großes Wagnis, als Torsten Albig, der als Spitzenkandidat der SPD bereits gesetzt ist, in einem Zeitungsinterview seine Ambitionen auf den Sitz verkündete. Kurz darauf reichte Gesine Stück ihre Bewerbung ein: kein Spontan-Entschluss, sondern gut vorbereitet.

Die Mutter zweier Söhne stammt aus Berlin, lebt aber seit 1999 in Kiel-Schilksee und engagiert sich ebenso lange in der Kommunalpolitik. Von 2003 bis 2008 war sie Ratsfrau, ein Schwerpunkt der Kommunikationswissenschaftlerin war Baupolitik. Aktuell ist sie in der Flüchtlingshilfe in Schilksee engagiert. Im Landtag will sie sich um Themen kümmern, die sowohl ihren Wahlkreis als auch das Land angehen: Ausbau der maritimen Wirtschaft, eine gute Ausstattung von Uni und Uni-Klinik, Integration von Flüchtlingen.

Stück, die seit 2005 bei einer Projektmanagementagentur in Kiel arbeitet, gilt als gut vernetzt im Stadtteil. Zudem stünde es der SPD gut an, eine Frau auf einen der sicheren Wahlkreis-Plätze zu schicken. Bisher bewerben sich in Kiel überwiegend Männer. Die meisten ländlichen Wahlkreise gewinnt die CDU.

Bei einer Probeabstimmung bei einer Juso-Versammlung zumindest gewann Stück locker gegen Albig. Das sei kein Votum gegen den Spitzenkandidaten, so ein Juso-Sprecher zu den Kieler Nachrichten: „ Für den Ministerpräsidenten ist das ganze Land der Wahlkreis. Er brauche keinen eigenen.“ EST

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