Portrait: Der Blickwechsler
Er ist ein Mann des Blickwechsels. Der konsequenten Einfühlung in andere Mentalitäten, und mit dieser Fähigkeit hat er den interreligiösen Dialog entscheidend befördert: Von Peter Antes ist die Rede, jenem Religionswissenschaftler, der – quasi prophetisch – schon in den 1960er-Jahren katholische Theologie und Orientalistik studierte und bis 2012 als Professor für Religionswissenschaft an der Universität Hannover lehrte.
Am 8. November bekommt der 72-Jährige als „Pionier des Christlich-Islamischen Dialogs“ nun den Friedenspreis des Zentralinstituts Islam-Archiv Deutschland überreicht. Und dieser Preis gebührt Antes, der, obwohl Emeritus, auch im kommenden Semester ein Seminar über das Muslim-Sein anbietet, vor allem für sein punktgenaues Forschen und für die unermüdliche Beseitigung von Missverständnissen.
Und davon gebe es viele, sagt Antes. Bizarr sei zum Beispiel, dass Christen und Muslime einander gleichermaßen Gewalttätigkeit und Intoleranz vorwürfen. Doch in puncto Toleranz hätten Muslime schon vor Jahrhunderten „für die Leute des Buches, also Juden und Christen, ein Existenzrecht vorgesehen, das so im christlichen Herrschaftsgebiet nicht festgelegt war“, sagt Antes. Zugenommen habe in islamischen Staaten zuletzt die Verfolgung von Christen – als Gegenwehr gegen westliche Truppen. Da erlebten Muslime das Christentum – etwa das der US-Amerikaner im Irak – nicht als Friedensbotschaft, sondern als aggressiv und gegen Andersgläubige gerichtet.
Dabei will der Katholik Antes, der seinen privaten Glauben stets aus seiner Arbeit heraushält, nicht urteilen, sondern akribisch und ehrlich den Blick nach allen Seiten öffnen. Und der führt oft weg von der Hegemonial-Erzählung des Westens.
„Bisher ging man von religiös homogenen Zonen aus“, sagt er. Aber im Zeitalter der Globalisierung müsse man lernen, miteinander statt nebeneinander zu leben. Deshalb sei der interreligiöse Dialog so wichtig: „Wenn man sich kennt, kann man Konflikte entschärfen.“
Antes hat dafür jahrzehntelang die Wege geebnet – als Wissenschaftler, Interview- und Dialogpartner. „Ich habe“, sagt er, „das absolut richtige Lebensthema gewählt.“ PS
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