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Portrait Jackson-Arzt Conrad MurrayDer Sündenbock des King of Pop

Conrad Murray war Michael Jacksons Leibarzt. Für die Anklage ist er ein skrupelloser Doktor, der für Geld alles machte. Aber das ist nur die halbe Wahrheit.

Transparent vor dem Gerichtsgebäude in Los Angeles. Bild: reuters

BERLIN taz | Schuldig. Das ist der Urteilsspruch der Geschworenen gegen Conrad Murray, den Leibarzt Michael Jacksons. Wegen fahrlässiger Tötung muss der 58-Jährige mit einer Freiheitsstrafe von bis zu vier Jahren rechnen.

Der Vorwurf: Murray habe Jackson in der Nacht des 25. Juni 2009 Propofol verabreicht, ein Sedierungsmittel, das eigentlich nur in Krankenhäusern eingesetzt wird, und ihn danach einige Minuten allein gelassen. Als er Jackson wenige Minuten annähernd leblos wiederfand, habe er falsche Erste Hilfe geleistet und im Übrigen versäumt, rechtzeitig einen Rettungswagen zu rufen. Im Krankenhaus wurde nur noch der Tod festgestellt.

All das stimmt. Und als am Montag das Urteil gesprochen wurde, zeigte sich die Jackson-Familie erleichtert und sprach von Gerechtigkeit, und Jacko-Fans vor dem Gerichtsgebäude jubelten und sangen. Dabei wissen sie alle, dass das Urteil doch nur die halbe Wahrheit über Conrad Murray ist.

Der Arzt, den Jackson erst zwei Monate zuvor für ein Honorar von 150.000 Dollar im Monat engagiert hatte, tat vor allem, was Jackson von ihm verlangte. Nicht Murray hatte Jackson mit Propofol - und einer Unzahl weiterer Arzneimittel unterschiedlichster Wirkung - versorgt. Abhängig und schlaflos war Jackson schon lang vorher geworden unter den Augen der nun zufriedenen Familie und der jubelnden Fans.

Praxis in Las Vegas und Steuerschulden

Murray, 1953 in Grenada geboren und dort bei seinen Großeltern aufgewachsen, zog Anfang der 80er Jahre in die USA, studierte mit großem Erfolg und gutem Abschluss Medizin, arbeitete in verschiedenen Kliniken, bis er 1999 eine eigene Praxis in Las Vegas aufmachte.

Nur mit Geld konnte Murray offenbar nicht umgehen - von einer Unzahl unbezahlter Rechnungen, Steuerschulden und Gerichtsverfahren in finanziellen Dingen war vor Gericht die Rede. Daraus wird aus Murray in den Augen der Anklage ein skrupelloser Doktor, der für Geld alles machte, was ein verantwortungsbewusster Mediziner niemals tun würde.

Und irgendwie stimmt auch das. Aber die eigentliche Wahrheit ist: Michael Jackson hat sich selbst umgebracht. Conrad Murray hat nichts dagegen unternommen, dem King of Pop dabei behilflich zu sein.

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4 Kommentare

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  • M
    maja5809

    "Dabei wissen sie alle, dass das Urteil doch nur die halbe Wahrheit über Conrad Murray ist."

     

    Richtig..es ist sicher nur die halbe Wahrheit, weil Murray nämlich niemals die ganze Wahrheit gesagt hat, nicht in seinem Interview bei der Polizei, was in der Verhandlung zu hören war, und erst recht nicht vor Gericht - dort hätte er aussagen können, wenn es denn bloß eine Wahrheit gäbe, die ihn entlasten würde, und die der Befragung im Kreuzverhör standgehalten hätte...aber diese Wahrheit existiert nicht, und deshalb zog er es vor zu Schweigen.

     

    "Nicht Murray hatte Jackson mit Propofol - und einer Unzahl weiterer Arzneimittel unterschiedlichster Wirkung - versorgt. Abhängig und schlaflos war Jackson schon lang vorher geworden unter den Augen der nun zufriedenen Familie und der jubelnden Fans"

     

    Oh doch, Murray hat Michael Jackson mit Propofol versorgt..er hat insg. 15 Liter davon bestellt, und zusätzlich andere Mengen an Medazolam und Lorazepam. All das wurde in der Verhandlung belegt, wie können sie schreiben, Murray war es nicht? Und von welcher Anhängigkeit sprechen sie? Im Körper von Michael Jackson wurde zum Zeitpunkt seines Todes nur nachgewiesen, was Murray ihm am Abend und Tag zuvor selbst verabreicht hatte, darunter eine sehr hohe Menge von Propofol, die für den Tod ursächlich war. Der Autopsiebericht gab keine Hinweise auf eine Abhängigkeit, es wurden keine Organschäden festgestellt oder Reste anderer Substanzen gefunden, die den Schluss zugelassen hätten, dass er von irgendetwas abhängig war. Recht haben sie nur damit, dass Michael Jackson schon lange vorher unter Schlaflosigkeit litt, was sowohl seiner Familie wie auch seinen Fans bekannt war. Die Fans haben gejubelt, aber sicher nicht, weil jetzt alle vollkommen zufrieden sind. Aber es ist sicher nicht die Freude darüber, dass hier endgültig Gerechtigkeit eingekehrt wäre. Gerecht kann in dem Fall, wo ein Mensch durch einem skrupellosen, gierigen, rücksichtslos handelnden Arzt um sein Leben kam, sowieso nichts sein - egal wie auch immer die Strafe ausfallen würde, es würde den Mensch nicht zurückbringen, es würde Michaels Kindern nicht den Vater zurückbringen, und der Familie nicht den Sohn, Bruder, Onkel......

     

     

    "Aber die eigentliche Wahrheit ist: Michael Jackson hat sich selbst umgebracht. Conrad Murray hat nichts dagegen unternommen, dem King of Pop dabei behilflich zu sein."

     

    Dieses Urteil besagt abergenau das, dass Michael Jackson sich nicht, wie Murrays Verteidigung es beweisen wollte, selbst die tödliche Menge Propofol verabreichte, es bestätigt, was sowohl Fans wie auch Familie absolut ausgeschlossen haben, weil sie Michael kennen: Michael Jackson hätte sich niemals selbst getötet. Wenn sie jedoch nach diesem Prozess und diesem Urteil immer noch solche Aussagen treffen, dass er sich selbst umgebracht habe, haben sie entweder nicht richtig zugehört, was Zeugen im Prozess aussagten, was Familienmitglieder und Freunde von Michael Jackson sagten..oder sie wollen einfach bei ihrer vorgefertigten Version bleiben und ignorieren alle Statements, die dagegen sprechen. Das wiederum ist ja im Fall von Michael Jackson ein übliches Vorgehen seitens der Medien. Die Meinung ist schon fertig, abgelegt in der Schublade, Tatsachen werden ignoriert und eine neue vorurteilsfreie Sichtweise auf diesen Mensch wird nicht mal in Erwägung gezogen.

  • C
    Cindy

    Liebe/r Cini

     

    Ich kann da nur zustimmen.....

    Und auch noch zu behaupten Michael Jackson habe sich selber umgebracht ist der Oberhammer!

     

    Selbst nun wo der Prozess erwiesen hat das Michael Jackson kein durchgeknallter Dauerjunkie gewesen ist ( man beachte das bei der Autopsie nur gesunde Organe entdeckt wurden die keine Spuren von dauerhaften Medikamentenmissbrauch zeigten!!) muss man auf MJ rumhacken ..

    Kann man nicht einfach mal die Fakten so stehen lassen wie sie sind und EINMAL Michael Jackson so behandeln wie jeden anderen Menschen in so einem Fall????

  • ON
    oh no

    Ich weiß nicht, ob skrupellos das richtige Wort ist. Zu dem, was passiert ist,gehörten zwei: einer, der das Zeug besorgte und einer, der das Zeug haben wollte. Niemand hat MJ das Propofol reingezwungen. So betrachtet, sind beide "skrupellos" gewesen.Irgendwann musste das in einem Desaster enden. Niemand kann mir erzählen, dass es für Patient und Arzt keine andere Möglichkeit gegeben hätte, die Schlaflosigkeit zu behandeln. MJ hätte in eine Therapie gehört, ist meine Meinung.

  • C
    Cini

    Also einen Arzt, der auf solch erschreckende Weise seine Pflichten verletzt, falsche Angaben gemacht und wissentlich wichtige Details verschiegen hat, der nicht einmal rechtzeitig 911 wählen kann (oder will?) etc., als Sündenbock zu bezeichnen und somit als Opfer darzustellen, ist schon allerhand.

    Dieser Mann ist schlicht und ergreifend skrupellos. Wie skrupellos, wird sich in den nächsten Tagen leider noch zeigen. Ich würde mich freuen, wenn ich mich in diesem Punkt irre...