piwik no script img

Portrait Hermann ScheerYpsilantis Sonnengott

Stets hat er Regierungen beeinflußt, aber nie regiert. Jetzt muss er zeigen, was er selbst umsetzen kann, getreu seinem Motto: "Wenn eine Idee nicht zuerst absurd erscheint, taugt sie nichts."

Drei Dinge braucht der Mann: Scheer, Ypsilanti und die Solarzelle. Bild: dpa

Wenn Hermann Scheer auf dem Podium steht, seine Stimme mal durchdringend wird, um dann wieder auf leisere Töne zurückzufallen, dann spürt man, warum viele ihn "Solarpapst" nennen. Und er ist ein geübter Stratege, der für sich in Anspruch nimmt, in geopolitischen Zusammenhängen zu denken.

Bisher hat Hermann Scheer als SPD-Bundestagsabgeordneter stets Regierungen beeinflusst, aber nie regiert. Jetzt soll er selbst regieren, als Wirtschaftsminister in Hessen. In seinem Ressort soll er die energiepolitischen Zuständigkeiten für Landesplanung und Ordnungsrecht haben.

Der Grüne Tarek Al-Wazir soll sich im Umweltministerium um Energieeffizienz und Atomkraft kümmern. "Zwischen mir und Al-Wazir wird es eine gedeihliche Zusammenarbeit geben", sagte Scheer zur taz. "Die Energiewende wird eingeleitet."

Er will sich jetzt eine Wohnung in Wiesbaden nehmen. Im Bundestag vertritt er bisher den schwäbischen Wahlkreis Waiblingen. Scheer ist 64. Er war Zeitsoldat, wurde Leutnant. Er studierte Wirtschafts- und Rechtswissenschaften sowie Politik. Und er war am Kernforschungszentrum Karlsruhe tätig. Für ihn ist Ökoenergie seither auch Friedenspolitik.

Mit seinem Namen verbunden ist das 100.000-Dächer-Programm zugunsten des Solarstroms. Bereits 1994 hatte er es entworfen, doch unter Kanzler Kohl hatte er damit keine Chance. Als Rot-Grün ab 1998 im Bund regierte, gehörte das Förderprogramm zu den ersten Amtshandlungen.

Dann stand im Jahr 2000 das Erneuerbare-Energien-Gesetz an, vornehmlich von den Grünen vorangetrieben - doch Scheer blieb zögerlich. Er fürchtete offenbar, sein erfolgreiches Gesetz werde nun von einem noch erfolgreicheren Gesetz in den Schatten gestellt. Und so kam es dann auch. Eine gewisse Eitelkeit ist ihm nicht fremd.

Gleichwohl treibt ihn vor allem die Energiewende. 1988 gründete er die Vereinigung Eurosolar mit, 1999 erhielt er den Alternativen Nobelpreis. Er gehörte nie zu jenen, die sich eine Solaranlage aufs Dach schrauben, ihren Strom bei einem Ökoanbieter kaufen und glauben, damit der Weltrettung Genüge getan zu haben. Klein-Klein mag er nicht, er denkt in Machtstrukturen, die es zu überwinden gilt.

Scheer hat promoviert zum Thema "Parteien kontra Bürger? Die Zukunft der Parteiendemokratie". Dabei ging es auch um Macht. Denn auch er ist ein Machtmensch.

In die obersten Riegen der Politik ist er gleichwohl nie gekommen. Das soll nun anders werden. "Wenn eine Idee nicht zuerst absurd erscheint", ist einer von Hermann Scheers Leitsätzen, "taugt sie nichts."

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • JB
    Joachim Bovier

    Eine absurde Idee, um Herrn Scheer mit gleicher Rabulistik zu antworten, taugt aber erst recht nicht zu praktischen Politik. Genauso bleibt ein Lobbyist eine Lobbyist, ob er nun für Kernkraftwerke oder Windenergieräder unterwegs ist, macht in der Sache keinen Unterschied.

     

    Also machen sie sich mal keine allzu großen Sorgen, einen Wirtschaftsminister Scheer wird es schon deshalb nicht geben, weil es nach menschlichem Ermessen in Hessen auch keine blutrot-rot-grüne Regierung Ypsilanti nicht geben wird.

    Frau Ypsilanti ist vom Makel des Wortbruchs gezeichnet. Sie wider den Wählerwillen zur Ministerpräsidentin zu wählen, wäre ein Skandal.

     

    Landtagsabgeordnete sind nach unserer Verfassung Abgeordnete des ganzen Volkes und nur ihrem Gewissen verpflichtet. Ich will deshalb nicht glauben, dass die gesamte hessische SPD Landtagsfraktion - ausser der aufrechten Darmstädter Landtagsabgeordneten Dagmar Metzger, die Ypsilanti konsequent die Stimme verweigert - dermassen ehrlos und pflichtvergessen zum Erfüllungsgehilfen der neo-kommunistischen Linkspartei/SED/PDS wird. Möge sich doch wenigstens ein/e Zweite/r finden, der uns Hessen dieses Unheil erspart.

     

    Dass die Grünen sich zum Mittäter der roten Irrläuferin machen, lieber sich von der blutroten Linkspartei tolerieren lassen, anstatt mit der CDU zu koalieren, sollte die Partei Roland Kochs veranlassen, endlich mit dem illusionistischen Schwachsinn aufzuhören, zu glauben, diese sog. Ökopartei wäre irgendwie ins bürgerliche Lager einzubinden, wie man bspw. in Frankfurt glaubt.

     

    Das Gute an dieser Kabinettsliste der Möchtegern-Ministerpräsidentin ist vor allem, dass deren Wahlchancen in dieser aberwitzigen Konstellation aus SPD, Grünen und Linkspartei - so sie überhaupt je bestanden - mit dem heutigen Tag weiter drastisch gesunken sein dürften. Die Trickserin hat eben nicht nur den Wähler, sondern auch die eigenen Genossen von rechten Flügel um Jürgen Walther dreist getäuscht. Dumm für sie, dass die diesen sehr persönlichen Wortbruch - wie ihn die Nominierung Scheers anstellen von Jürgen Walter zum Wirtschaftsminister darstellt - in der Wahlkabine sicher nicht vergessen werden.

     

    Die Hessen können fast sicher sein, dass ihnen eine Regierung Ypsilanti mit oder ohne den Windenergie-Lobbyisten Scheer erspart bleibt, die hessische Irrläuferin sich am Ende selbst ausgetrickst hat und wohl demnächst endlich von der Bildfläche verschwindet.

     

    Fazit: Schaut man sich Person und Mannschaft der Möchtegern-Ministerpräsidentin Ypsilanti an, will mir scheinen, nachdem Caligula sein Pferd Incitatus zum Konsul gemacht hatte, war damit nicht die schlechteste aller denkbaren Regierungen ins Amt gesetzt. Sollte die Chaostruppe aber tatsächlich doch noch an die Macht kommen,möchte ich wünschen, die Hessische Verfassung würde nicht Pferde von der politischen Laufbahn ausschliessen.

  • V
    vic

    Viel Erfolg bei der knappen Wahl.

    Und vergiss mir bei all der Sonne die anderen Optionen nicht, wie Wind, Wasser, Erdwärme, Hermann Scheer.

    Ein Waiblinger