piwik no script img

Pop-Hörspiel

■ Die Hamburger Band „Plexiq“ in Tim Staffels „Stopper“

„Entscheidend ist nicht der Fall, entscheidend ist die Landung.“ Paul Plampers Hörspiel Stopper, nach einer Vorlage von Tim Staffel, hält sich nicht lang auf: Minimale Exposition, ehe Idil (Idil Baydar) auf den Auto-Stopper Danny (Danny Bruder) trifft, ihn mitnimmt und den Fortgang der Reise von ihm abhängig macht: „Wo soll's denn hingehen?“ Ein Ziel wird nicht formuliert, aber aus der Begegnung könnte Liebe werden.

Es ist ein heißer Sommertag, und das Radio im Radio – Stopper ist eine WDR-Produktion – registriert nicht nur regelmäßig die Außentemperatur, „Tendenz steigend“, sondern teilt noch ganz andere Dinge mit: Empfehlungen à la Der 7. Sinn, Entgleisungen von ICEs oder der neuen deutschen Außenpolitik, Plattentektonik und Erdbeben in der Türkei, bei dem der inhaftierte Öcalan wie Kleists Flüchtiger von Chili aus dem Kerker entkommen kann – und es setzt eine Startmarkierung, wenn es „das Hörspiel der Woche: ,Stopper'“ annonciert.

Einbrecher aus der Außenwelt wird Jörn (Jörn Hedtke), der mit einer Waffe die Mitfahrt erzwingt, und Idil und Danny zu Geiseln erklärt, „von denen man sich vorstellen kann, selbst entführt zu werden.“ Dabei scheint Jörn „eigentlich ganz in Ordnung“, nennt sich „auf Mission“, „Retter der Welt“, und fordert die Entsendung von Panzern in die Türkei, eine islamische Bedrohung einzudämmen. (Was nur der Auftakt zu einer völligen Entledigung von Glaubenssys-temen sei.)

Missbrauch und Amoklauf in der Familie, ehemalige Reichsautobahnen, tödlich endende Fallschirmsprünge – mit den schlaglichtartigen Bezugnahmen überlagern sich die Stimmen, die Stränge von Handlung, innerem Monolog und tatsächlichem Dialog; vertont, illustriert und angetrieben vom dubbigen Downbeat-TripHop der Hamburger Plexiq.

Das Hörspiel gibt sich mit ausdrücklichem Pop-Anspruch, und in starken Passagen kommen die Stimmen, teils übrigens Rapper des Berliner Departement, Geräusche und Musik zu gelungenem Zusammenspiel. Dann wünscht man sich mehr von solch spannender, politisch dabei nicht fahrlässiger, tja, Pop-Literatur – gerne auch tatsächlich im Radio. Alexander Diehl

Stopper ist auf CD bei Clearspot/EFA erschienen

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen