Polizist verursachte tödlichen Unfall: Die Irrfahrt des Peter G.
Der Polizist, der in Berlin betrunken in das Auto einer Abiturientin fuhr, beschwor vielfach den Korpsgeist der Polizei.
“WIR sind die, die wir unseren verdammten Arsch hinhalten, uns täglich beschimpfen, anspucken und provozieren lassen, von Menschen, die sowohl unser System, als auch unsere Kultur missachten“, heißt es etwa in einem 2016 veröffentlichen Beitrag. Im gleichen Text behauptet er, die offiziellen Statistiken zu Kriminalität unter Flüchtlingen könnten nicht richtig sein und erinnert an bessere Zeiten, in denen nicht registrierte Flüchtlinge “ohne großes Aufsehen einfach eingesperrt“ hätten werden können.
In einem anderen Text, in dem er Hausbesetzer als Terroristen darstellt, nennt er als Moment, der ihn trotz der Angriffe an diesem Beruf festhalten lasse: “Oder sei es die blöde Sau, die es verdient hat, bei der Festnahme zu leiden, weil es einfach ein Menschen verachtendes Stück Scheiße ist.“
“Jeder verletzte Kollege ist ein Familienmensch“, heißt es dort außerdem. Das passt zu einem Facebook-Beitrag, den er eine Woche nach der Todesfahrt postete: “Ich bin gerade verdammt froh, dass #polizeifamilie wirklich real sein kann. Danke an euch, die gerade da sind und ihren Arsch riskieren.“
Eltern vermuten Vertuschung
Beim Einparken auf einer Mittelinsel in der Grunerstraße war der Kleinwagen der 21-jährigen Fabien M. am 29. Januar 2018 von dem Einsatzwagen gerammt worden, der laut einem Gutachten zuvor mit 134 Stundenkilometern unterwegs gewesen war. Beim Aufprall sollen es noch 90 km/h gewesen sein. Das Opfer starb noch am Unfallort. Erst jetzt kam heraus, dass bei Peter G., der den Wagen gesteuert hatte, nach dem Unfall ein Blutalkoholwert von 1,1 Promille gemessen wurde.
Die Eltern der getöteten Reinickendorfer Abiturientin hatten am Freitag im rbb schwere Vorwürfe erhoben: Sie hätten bereits früh vermutet, dass bei der Todesfahrt Alkohol im Spiel gewesen sei, doch niemand habe ihnen geglaubt. Stattdessen hatten sich die polizeilichen Ermittlungen zunächst darauf konzentriert, ob das Opfer zum Zeitpunkt des Unfalls telefoniert hatte – was, wie sich herausstellte, nicht der Fall war. Die Behörde habe versucht, den Fall zu vertuschen. „Dieser Ehrenkodex bei der Polizei widert mich richtig an“, sagte die Mutter der getöteten Reinickendorferin. Der Anwalt der Familie sprach von einem “furchtbaren Justizskandal“.
Warum der Polizist nicht, wie bei Verkehrsunfällen üblich, direkt am Unfallort auf Alkohol getestet wurde, ist bis heute unklar. Die Ermittlungen sollten eigentlich bereits im letzten Herbst eingestellt werden, nur durch anonyme Hinweise aus dem Umfeld der Charité hatte die Staatsanwaltschaft schließlich Veranlassung gesehen, die Patientenakte des Polizisten zu beschlagnahmen. Dadurch kam ans Licht, dass der bei dem Beamten nach dem Unfall in der Charité ein Alkoholwert von 1,1 Promille gemessen worden war. Ob er auch bei der Unfallfahrt betrunken war, ist damit allerdings nicht zweifelsfrei nachgewiesen.
„Die Hinweise der Charité auf nachlässige Ermittlungen wiegen schwer“, sagt Benedikt Lux, innenpolitischer Sprecher der Grünen, gegenüber der taz. Die Angehörigen hätten eine Recht auf Aufklärung, es dürfe „nicht der Anschein erweckt werden, gegen Polizisten als Tatverdächtige werde nachlässig ermittelt“.
Eines mache der Fall schon jetzt ganz deutlich, sagt Niklas Schrader, innenpolitischer Sprecher der Linken: Dass Berlin dringend einen unabhängigen Polizeibeauftragten brauche. „Der wäre jetzt das richtige Instrument an dieser Stelle“. Auch Benedikt Lux schließt sich dieser Forderung an – eigentlich gilt der unabhängige Polizeibeauftrage auch bereits als beschlossene Sache. Doch aufgrund anderer strittiger Punkte in Sachen Innenpolitik werde die Umsetzung derzeit von der SPD blockiert, heißt es von Linken und Grünen.
Aus Polizeikreisen hieß es am Sonntag laut Berliner Morgenpost, der Fall solle neu aufgerollt werden. Offiziell wollte sich die Polizei dazu nicht äußern. „Dem Verdacht, es könne sich um eine Alkoholfahrt gehandelt werden, wird nun selbstverständlich nachgegangen“, so Martin Steltner, Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft, am Sonntag zur taz.
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