Polizeiwache am Kottbusser Tor: Ein Häuschen für den Kotti

Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) will den Bau einer Polizeiwache am Kottbusser Tor voranbringen. Sie soll den Platz sicherer machen.

Das Kottbusser Tor in Berlin Kreuzberg

Am Kottbusser Tor in Berlin Kreuzberg soll bald eine dauerhaft besetzte Polizeiwache entstehen Foto: dpa/Paul Zinken

BERLIN taz | „Bingo!“, sagt eine der Sprechstundenhilfen hinter dem Tresen, nach ihrer Meinung zu den Plänen der Innensenatorin gefragt. „Da haben wir uns gerade noch drüber unterhalten.“ Das Empfangszimmer der Zahnarztpraxis befindet sich in einer Ladenfläche im Erdgeschoss, durch das Schaufenster können die beiden das morgendliche Treiben am Kottbusser Tor beobachten: Die U1, die alle paar Minuten auf den Hochgleisen vorbeirattert. Mütter, die ihre Kinder zur Schule bringen. Gemüsehändler, die ihre Auslage sortieren. Pas­san­t*in­nen, die Einkaufstüten, Aktentaschen oder Plastiksäcke voller Pfand an ihnen vorbeitragen. Aber eben immer wieder auch: Drogengeschäfte, Polizeieinsätze, Razzien.

Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) hat am Montag angekündigt, bei der Polizeiwache am Kottbusser Tor „schnell Nägel mit Köpfen“ machen zu wollen. Geplant ist eine dauerhaft besetzte Station nach dem Vorbild des Alexanderplatzes. Außerdem soll es eine Videoüberwachung geben. „Die Alex-Wache hat sich als zentrale, sichtbare Anlaufstelle für Opfer von Straftaten bewährt“, sagt Spranger. Auch am Kotti soll die dauerhafte Polizeipräsenz bei der Kriminalitätsbekämpfung helfen und Straf­tä­te­r*in­nen abschrecken.

„Davon höre ich jetzt zum ersten Mal“, sagt die Inhaberin des „Simitdchi Cafe & Backhaus“ direkt am NKZ-Wohnriegel an der Adalbertstraße. In der Auslage warten Sesamringe, Börek und belegte Brötchen auf Kreuzberger*innen, die sich hier ihr Frühstück holen. Hinter der Glasscheibe rollt der Bäcker frischen Teig aus. Seine Chefin, die ungenannt bleiben möchte, sitzt mit einem Gast für eine Tasse Tee zusammen. Beide wollen sich nicht zu große Hoffnungen machen. „Ich glaube nicht, dass sich was ändert“, sagt die Inhaberin. Gegen die Dealer würde die Polizei auch jetzt schon nicht konsequent genug vorgehen. „Das sind für die nur die kleinen Fische. Ob hier jetzt ein Häuschen steht oder nicht, macht wohl keinen Unterschied“, sagt sie und schiebt nach: „Aber schön wär’s.“

Mehr Straftaten oder mehr Kontrollen?

Laut der Polizeistatistik steigt die Zahl der Straftaten am Kottbusser Tor: Allein im letzten Quartal vergangenen Jahres hat die Polizei insgesamt 2309 Delikte gemeldet, das sind 152 mehr als zur gleichen Zeit im Vorjahr. Von Oktober bis Dezember 2021 kam es hier zu 455 Diebstählen, 264 Fällen von Körperverletzungen, 61 Delikten der Kategorie „Nötigung, Freiheitsberaubung, Bedrohung“ und 93 Raubüberfällen. Doch ein genauer Blick lohnt sich. Gestiegen ist vor allem die Zahl sogenannter Kontrolldelikte – den Straftaten, die fast ausschließlich durch polizeiliche Kontrollen entdeckt werden: Den stärksten Zuwachs in der Statistik machten 758 Rauschgiftdelikte und 216 Verstöße gegen das Asylrecht aus – Straftaten, die noch dazu häufig gleichzeitig festgestellt werden. Der Anstieg ist also nur bedingt aussagekräftig. Möglicherweise haben nicht die Straftaten am Kotti zugenommen, sondern die Polizeikontrollen.

An diesem Dienstagmorgen ist am Kottbusser Tor keine Polizei zu sehen. Eine rund um die Uhr besetzte Wache könnte ihr Sicherheitsgefühl stärken, sagt eine der Sprechstundenhilfen in der Zahnarztpraxis: „Ich wohne hier um die Ecke, kriege alles mit, was hier passiert. Es wäre gut, wenn wir eine feste Anlaufstelle haben, falls man Hilfe braucht.“

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