Polizeiruf vom RBB: Kein Funke springt über
Pressefreiheit, Klimaschutz, Eifersucht. Im „Polizeiruf“ ist alles drin – und damit zu viel. Und dann ist die Auflösung auch noch absolut erwartbar.

Denn: Eine Journalistin ist im deutsch-polnischen Grenzgebiet mit dem Auto gegen einen Baum gefahren, die Radmuttern waren lose, Genickbruch, tot. Ihre investigativen Recherchen hatten sie in ein Geschwader aus Mauscheleien, Erpressung, Bestechung geführt. Beteiligte: ein Energieunternehmen, das im Naturschutzgebiet ein AKW bauen will; der Richter des Prozesses, den Umweltschutzverbände gerade gegen den Konzern führen; dazu die Gutachter, die der AKW-Bauer angeheuert hat; der Vater der Journalistin (Max Herbrechter), ebenfalls Journalist. Und die Ehefrau des Richters. Weil der ein Verhältnis mit der Reporterin hatte.
Und damit wäre in „Tod einer Journalistin“ thematisch alles doppelt und dreifach beisammen: die Eifersucht, die Bedrohung der Presse, der Klimawandel, dazu eine lange Liste an Verdächtigen. Was für ein explosives Potenzial, bringt man Pressefreiheit und Energiewirtschaft zusammen! Doch hier stieben nicht mal Funken. Drei Drehbuchautoren saßen am Stoff (Silja Clemens, Stephan Rick, Thorsten Wettcke), immer ein Indiz für Kuddelmuddel. Mit das Schlimmste: Die Auflösung ist entsprechend erwartbar – und privat motiviert, nicht politisch.
Da konnten weder Regisseur Stephan Rick, der schon mehrere Polizeirufe auf dem Buckel hat, noch die wie immer grandios unaufgeregten Hauptdar-stellenden Maria Simon und Lucas Gregorowicz nix mehr machen. Die selbst im Kleinen super sind. „Unvorstellbar, wie man nach Fukushima noch ein Atomkraftwerk bauen kann“, sagt KHK Olga Lenski (Simon) einmal – Kollege Adam Raczek (Gregorowicz) neben ihr am Steuer, wirft ihr nur einen kurzen Blick zu: „Wäre Ihnen Kohle lieber?“.
Frankfurt Oder-„Polizeiruf 110“: „Tod einer Journalistin“, So., 29.12., 20.15 Uhr, ARD
Weil der binationale Polizeiruf einem eine perfekte Rampe baut, hier wenigstens die Jahresstatistik von Reporter ohne Grenzen: 49 Medienschaffende wurden weltweit getötet. 389 sitzen im Gefängnis. 57 sind derzeit entführt. Allein dafür, das noch einmal öffentlich festzuhalten, hat sich die Folge gelohnt.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Trump, Putin und Europa
Dies ist unser Krieg
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
Bundestagswahl für Deutsche im Ausland
Die Wahl muss wohl nicht wiederholt werden
Bundesregierung und Trump
Transatlantische Freundschaft adé
Gedenken an Hanau-Anschlag
SPD, CDU und FDP schikanieren Terror-Betroffene
Nach Hitlergruß von Trump-Berater Bannon
Rechtspopulist Bardella sagt Rede ab