piwik no script img

Polizeiruf 110Hart, härter, Magdeburg

Ein Zwölfjähriger wird zusammengeschlagen und stirbt. Was hat der Bruder damit zu tun? Der aktuelle Polizeiruf spart nicht an Gewaltszenen.

Der zwölfjährige Marko liegt zusammengeschlagen auf der Straße Foto: MDR/Christine Schroeder

Kürzlich wurde an dieser Stelle bemerkt, wie wenig Fernsehkommissare hierzulande auf Höflichkeitsfloskeln geben: bitte, danke, solche Kleinigkeiten. Ähnlich rätselhaft ist die Tatsache, dass Befragungen von Verdächtigen in gefühlt 90 Prozent der Fälle nicht von der KommissarIn beendet werden.

Wenn’s den Zeugen zu bunt wird, gehen sie. Oder fangen an, im Garten die Rosen zu schneiden. Der Jugendamtsmitarbeiter in der neuen „Polizeiruf“-Folge aus Magdeburg stürmt mit einem „Ich glaube, es reicht jetzt!“ samt Schützling aus dem Polizeirevier. Einfach so.

„Endstation“ ist ein harter „Polizeiruf“ geworden. Ein zwölfjähriger Junge wird auf der Straße zusammengeschlagen, er stirbt vor dem Polizeirevier. Normalerweise wird die Gewaltszene ausgespart: Schnitt, ein kaputtes Spielzeug, die verlassene Schultasche neben dem Bordstein. Regisseur Matthias Tiefenbacher wird konkret, was ziemlich schwer auszuhalten ist. Weil man hofft, dass vielleicht doch noch jemand kommt, um das sommersprossige Kindergesicht zu beschützen.

Es kommt aber niemand: nicht die drogenabhängige Mutter, nicht die völlig überforderten Pflegeeltern, die sich das alles „irgendwie anders“ vorgestellt hatten mit den Pflegekindern. Nicht der große Bruder Sascha (Nino Böhlau), auf den sich die Ermittlungen von Kommissarin Brasch (Claudia Michelsen) und ihrem neuen Kollegen Köhler (Matthias Matschke) konzentrieren. Musste der kleine für den großen Bruder bei einer Einbruchsserie Schmiere stehen? Wollte er deshalb zur Polizei?

Der Polizeiruf

„Endstation“; Sonntag, 20.15 Uhr, ARD

Das Ende mit Schrecken ist ziemlich vorhersehbar. Gucken lohnt trotzdem: Sehr unterhaltsam, wie Mattschke als nerviger Sympath seine neue Kollegin von der ersten Sekunde an in Rage bringt. Zum Glück hat man’s im Krimi nicht so mit der Höflichkeit.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Die TATORT, NOTRUF 11O etc TV-Produktionen der letzten Jahren spielen sich fast nur noch auf schlechtem Irrenhaus-Niveau ab. Das könnte einem ja egal sein wenn sich nicht alles vor der Kulisse realer Polizei-Ausstattung (Uniformen, Fahrzeuge, Örtlichkeiten/Gebäude und teilweise mit Unterstüzung der echten Polizei) abspielte. Somit besteht die Gefahr "der Macht des Faktischen" in der Öffentlichkeit, insbesondere bei Kindern und Jugendlichen. Mich wundert das Schweigen der Polizeigewerkschaften die ja sonst von den Mainstreammedien als "quasi Pressesprecher der Ermittlungsbehörden" hochgejubelt werden - steckt dahinter die Angst bei kritischer Stellungnahme nicht mehr in Talkshows eingeladen zu werden?