„Polizeiruf 110“ aus Magdeburg: Transfrau im Mittelpunkt
Hat Paul Schilling 2012 eine Frau umgebracht? Und hat Pauline Schilling nun wieder zugeschlagen? Ein Krimi, der erstaunlich viel richtig macht.
Scheide, Muschi, Pussy, Vulva – nein, auch Hauptkommissarin Doreen Brasch (Claudia Michelsen) kennt kein „schönes Wort“ für das weibliche Geschlecht. Danach gefragt hatte Pauline Schilling (Alessija Lause). Die Hauptverdächtige in dem Mordfall, an dem Brasch und ihr Kollege Dirk Köhler (Matthias Matschke) im Magdeburger „Polizeiruf“ gerade arbeiten.
Schilling war schon mal in einen Mordfall verwickelt. 2012. Damals noch als Hauptverdächtiger. Damals noch als Paul. „Kann sich heute ja jeder aussuchen, was er sein will“, sagt Kripo-Chef Uwe Lemp (Felix Vörtler), „hat die Oma eben das blaue Mützchen umsonst gestrickt.“
Schilling hatte damals die Tat sogar gestanden, allerdings erst nachdem ein paar harte Jungs sie auf der Wache erst die Treppe runter- und dann wieder raufgeschubst hatten. Das Geständnis war nichts wert. Im Gegenteil. Verfahrensfehler. Sie kam frei. Und diesmal?
Vor der Folie der Mordermittlungen behandelt der Film Paulines Leben als Transperson. Es geht um Gesetze, um Geschlechtsangleichungen, um eine Ärztin, die womöglich recht freigiebig das Okay zu solchen geschlechtsangleichenden Maßnahmen gibt und darauf angesprochen kühl antwortet: „Na und? Zu Jesus kamen auch immer die, die sonst keiner wollte.“
Magdeburg-„Polizeiruf 110“: „Zehn Rosen“, So., 20.15 Uhr, ARD
Sanfte und zugleich brutale Rückblenden
Und es geht in Rückblenden um Pauline Schillings Leben in Zerrissenheit, im Dazwischen. Wie Paul sich damals den BH anzieht, das Kleid, die Strümpfe überstreift, dazu die hochhackigen Schuhe und im Hintergrund das wirklich schöne Lied „Courage“ der irischen Band Villagers läuft: „It took a little time to get where I wanted; It took a little time to get free; It took a little time to be honest; It took a little time to be me.“ Es hat ein bisschen Zeit gekostet, dahin zu kommen, wo ich hinwollte, frei zu sein, ehrlich zu sein, ich zu sein. Und dann kommt Schillings Frau rein, sieht ihn, schreit ihn an, „Du hast es mir versprochen!“, und prügelt auf Schilling ein.
Sanfte und zugleich brutale Szenen sind das, die diese Zerrissenheit spürbar machen.
Und jetzt wird Schilling auch noch des zweiten Mordes verdächtigt. „Ihr Leben wäre einfacher, wenn Sie ein Alibi hätten“, sagt Ermittler Köhler zu ihr, „nicht einfach, aber einfacher, das bestimmt.“
Der „Polizeiruf 110“ scheint vieles richtig zu machen. Das Einzige, was irritiert, ist die Besetzung: Warum ist keine der Transpersonen im Film tatsächlich mit einer Transperson besetzt worden?
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