Polizeigewalt in den USA: Schwarzer stirbt bei Festnahme
In Alabama setzten Beamte Pfefferspray gegen einen unbewaffneten Mann ein. Die Polizei leitet Ermittlungen ein, hält ihr Video aber unter Verschluss.
Je nachdem, welche Quelle man konsultiert, war Dewayne Ware das 603. Opfer tödlicher Polizeigewalt in den USA im laufenden Jahr. Beziehungsweise das 597. Opfer. Zwischen seinem Tod am vergangenen Freitagabend und dem Redaktionsschluss der taz am Sonntag sind mindestens zwei weitere Menschen durch Polizeigewalt ums Leben gekommen.
Alle Daten über die Polizeigewalt stammen aus zivilgesellschaftlichen Quellen. Die Polizei selbst erfasst ihre tödlichen Einsätze nicht systematisch. In Washington führt das FBI zwar eine Statistik mit dem Namen „Justifiable Homocide“ – vetretbare Tötung, doch die basiert auf freiwilligen Mitteilungen. Von 2005 bis 2012 haben dort lediglich 1.100 der insgesamt 18.000 Polizeibehörden der USA Meldungen eingereicht.
Ein anonymer Anruf
Als die Polizei am Freitagabend kam, lief Dewayne Ware von der Veranda in der Crescent- East-Wohnanlage in ein benachbartes Waldstück. Dort überwältigten ihn die PolizistInnen – drei weiße Männer, eine weiße und eine asiatische Frau sowie ein schwarzer Mann. Sie besprühten ihn mit Pfefferspray. Schon auf dem Weg zurück zur Straße brach Ware zusammen. Im Krankenhaus konnte nur noch sein Tod festgestellt werden.
Auf der Pressekonferenz am Samstag in Tuscaloosa sprach Staatsanwältin Lyn Head von dem „Mitgefühl“ der Polizisten. Sie hätten umgehend versucht, den kollabierten Dewayne Ware wiederzubeleben. Bei derselben Pressekonfererenz teilte der Vizepolizeichef von Tuscaloosa, Ronny Dunn, mit, dass ein anonymer Anrufer die Polizei geholt habe, weil ein Mann „mit einer Schusswaffe“ auf der Veranda sitze.
Allenfalls eine Kurzmeldung
Die Polizei untersucht den Vorfall. Aber die sechs PolizstInnen bleiben weiterhin im Dienst. Und die Videoaufzeichnungen sollen erst später veröffentlicht werden.
In den US-Medien kommt der Tod von Dewayne Ware allenfalls als Kurzmeldung vor – begleitet von der Liste seiner Vorstrafen. Das öffentliche gleichgültige Schulterzucken mag auch daran liegen, dass es in Alabama, im Tiefen Süden, geschah, wo es gegenwärtig keine starken sozialen Bewegungen gibt. Sowie daran, dass – soweit bisher bekannt – keine unabhängige Person die Festnahme per Video aufgezeichnet hat.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen