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Polizeieinsatz beim Hamburger G20-GipfelSächsisches SEK schoss mit Gummi

Sachsens Innenministerium bestätigt jetzt: Polizisten aus dem Bundesland setzten beim G20-Gipfel Gummimunition ein. 15 Projektile wurden abgefeuert.

Sie war nicht nur modisches Accessoire: Polizist mit Granatpistole beim G20-Gipfel in Hamburg Foto: dpa

Berlin taz | Beamte des SEK in Sachsen haben bei Einsätzen im Zuge des G20-Gipfels in Hamburg Gummigeschosse verwendet. Dies geht aus einer kleinen Anfrage der Grünen Landtagsfraktion an das sächsische Innenministerium hervor. Demnach befanden sich im August nur noch 74 Gummiprojektile im Bestand der Polizei Sachsen. Im Juni waren es noch 98 Stück. Von den Projektilen seien 15 in Hamburg und weitere 9 bei späteren Übungen eingesetzt worden, erklärte das Innenministerium auf Nachfrage.

Zu den konkreten Hintergründen der Verwendung der Projektile äußerte sich das Innenministerium nicht. Die Anfrage wurde gestellt, nachdem der Innenausschuss der Hamburger Bürgerschaft von einem Polizeiführer über die Nutzung von Gummigeschossen informiert wurde. Demnach wurde am Abend des 7. Juli die Dachkante eines Hauses im Schanzenviertel mit einer 40-mm-Granatpistole unter Beschuss genommen.

Bereits im August hatte das sächsische Innenministerium auf eine Anfrage entgegnet, die Polizei verfüge über 169 einsatzfähige Granatpistolen zum Abschuss von Gummigeschossen. Juristisch ist ihr Einsatz umstritten. Nach Ansicht des Innenministeriums sei dieser aber vom sächsischen Polizeigesetz gedeckt.

„Jedenfalls im Rahmen eines Demonstrationsgeschehens ist der Einsatz von Gummigeschossen nicht zulässig“, meint Anwältin Gabriele Heinecke, die für den anwaltlichen Notdienst während der G20-Proteste gearbeitet hat. Da die Folgen eines Beschusses kaum kalkulierbar seien, müsse man bei Einsätzen innerhalb eines Demonstrationsgeschehens schwerste bis tödliche Verletzungen befürchten.

Kein Mittel, welches die sächsische Polizei in ihren Beständen haben sollte

Valentin Lippmann

Eine generelle Regelung, zu welchen Anlässen die Gummigeschosse der sächsichen Polizei genutzt werden dürfen, gibt es nicht. „Die Entscheidung über den Waffeneinsatz liegt generell beim Einsatzleiter“, sagt Andreas Kunze-Gubsch, Sprecher des Landesinnenministeriums. Da jede Situation spezifisch sei, lasse sich auch keine generelle Aussage über einen potenziellen Einsatz im Rahmen von Demonstrationen treffen.

Unabhängig von der rechtlichen Bewertung hält Valentin Lippmann, innenpolitischer Sprecher der Grünen im sächsischen Landtag „Gummigeschosse für kein Mittel, welches die sächsische Polizei in ihren Beständen haben sollte.“ Diese seien äußerst unpräzise und daher zurecht in diversen europäischen Ländern als polizeiliches Instrument verpönt. Ihre Nutzung ende zuweilen gar tödlich. „Ich habe die Sorge, dass man versucht, durch Einsätze wie den in Hamburg, den Weg für ein Einsatzmittel, dass nicht verwendet werden sollte, zu ebnen“, so Lippmann.

In Frankreich und Griechenland werden Gummigeschosse regelmäßig auch im Zusammenhang von Menschenansammlungen eingesetzt. Zuletzt war im Mai 2015 in Polen ein Fussballfan, den ein Gummigeschoss am Hals getroffen hatte, seinen Verletzungen erlegen. In der spanischen Autonomieregion Baskenland führte der Tod eines Fussballfans durch Gummigeschosse im Jahr 2012 zu einem Verbot.

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2 Kommentare

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  • 8G
    85198 (Profil gelöscht)

    "Nach Ansicht des Innenministeriums sei dieser aber vom sächsischen Polizeigesetz gedeckt."

    Dieses Polizeigesetz ist wie Baggy-Pants. Da findet sich immer noch ein Täschchen, wo man was rauszaubern kann.

     

    Die Hilfspolizisten z.B., die in Sachsen Flüchtlingsunterkünfte bewachen. Oder die Flüchtlinge?

    Die wurden im Crashkurs Law-and-Order ausgebildet.

     

    Jetzt haben CDU und SPD die tolle Idee, doch Ordnungsamtsmitarbeiter*innen mit Diensthund, Pfefferspray und Elektroschocker auszustatten. Wegen gefährlichen Hunden, heißt es. Wie viele Hunde schon Ordnungsamtsmitarbeiter*innen gebissen haben, hat aber nie jemand gesagt. Sie sollen auch kleinere Straftaten ahnden, besonders Radfahrer stehen da im Visier. Die Polizei hätte dann mehr Kapazitäten für wichtige Polizeiarbeit. Also Ruhestörungen und Graffiti. Das alles dient der "inneren Sicherheit". So hat die LVZ über Burkhard Jungs Pläne berichtet (die Graffiti dürfen nie fehlen, wenn es um innere Sicherheit geht).

    "Polizeigewalt" könnte bald eine sprachliche Ergänzung erfahren, mit "Politessengewalt".

  • „Ich habe die Sorge, dass man versucht, durch Einsätze wie den in Hamburg, den Weg für ein Einsatzmittel, dass nicht verwendet werden sollte, zu ebnen“

     

    Leider nicht nur eins.

     

    Der ganze Einsatz rund um den Gipfel schien mir sehr davon geprägt, mal neue Mittel, Techniken, Taktiken auszuprobieren und Präzedenzfälle für deren spätere weitere Verwendung zu schaffen.

     

    Bis hin zu relativ banalen Dingen, wie dem Brüllen dass Polizeitrupps beim Anstürmen von sich gaben, wie man es in zahlreichen Videos sehen bzw. hören konnte. Bisher hatte ich das vielleicht bei Videos aus Brasilien gesehen, aber in Deutschland war mir das bisher noch nicht untergekommen...