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Polizeieinsatz bei "Stuttgart 21"-DemoMappus soll Pläne gekannt haben

Was wußte Stefan Mappus? Baden-Württembergs Opposition ist überzeugt, dass der CDU-Ministerpräsidenten den harten Polizeieinsatz gegen "Stuttgart 21"-Gegner gebilligt hat.

"Festlegungen zur Einsatztaktik und zur operativen Vorgehensweise sind alleine Sache der Polizei": Baden-Württembergs Ministerpräsident Stefan Mappus. Bild: dapd

STUTTGART taz | Vor Beginn des Untersuchungsausschusses zum Polizeieinsatz im Stuttgarter Schlossgarten sehen Grüne und SPD Baden-Württembergs Ministerpräsidenten Stefan Mappus (CDU) in der politischen Verantwortung. Dies führen sie auf eine Antwort zurück, die das Innenministerium auf eine parlamentarische Anfrage der SPD-Fraktion gegeben hat. "Ministerpräsident Mappus hat den Einsatz der Wasserwerfer im Schlossgarten gebilligt und ist damit politisch für die Folgen verantwortlich", sagte Andreas Stoch, Obmann der SPD im Untersuchungsausschuss.

Im Streit um das Bahnprojekt "Stuttgart 21" war die Polizei Ende September mit Wasserwerfern und Schlagstöcken gegen Demonstranten vorgegangen. Die SPD wollte Fragen nach der Verhältnismäßigkeit und der politischen Verantwortung zunächst über parlamentarische Anfragen klären, beantragte dann aber aufgrund eines Votums ihrer Basis ebenso wie die Grünen den Untersuchungsausschuss. Nun liegt die Antwort auf die parlamentarische Anfrage vor, in der kommenden Woche soll die Regierung ihren Bericht zum Antrag des Untersuchungsausschusses vorlegen.

Doch auch für die Grünen steht bereits jetzt fest: "Mappus kann sich endgültig nicht mehr damit herausreden, nicht beteiligt gewesen zu sein", sagte ihr Obmann, Uli Sckerl. Allein dass Mappus vom Einsatz der Wasserwerfer gewusst hat, markiere seine politische Verantwortung. "Ein Ministerpräsident, der über den denkbaren Einsatz von Wasserwerfern unterrichtet wird und keinen Einspruch erhebt, ist für die Folgen politisch eindeutig verantwortlich", sagte Stoch.

Dass die Landesregierung spätestens einen Tag vor dem Einsatz über die Planungen Bescheid wusste, belegt ein Treffen im Staatsministerium am 29. September, das im Bericht des Innenministeriums genannt wird. Bei der Besprechung erläuterte die Polizei die Planungen. Anwesend waren Vertreter von gleich fünf Ministerien und Ministerpräsident Mappus. Dieser habe jedoch in der Besprechung ausdrücklich festgestellt, dass "Festlegungen zur Einsatztaktik und zur operativen Vorgehensweise alleine Sache der Polizei sind", heißt es im Bericht. "Das ist uns zu schwach", entgegnet dem der SPD-Abgeordnete Stoch.

Stark in der Kritik stand wegen des Einsatzes bisher Innenminister Heribert Rech (CDU). Doch dieser spielt in dem Bericht eine erstaunlich kleine Rolle. Sein Name fällt nur an einer Stelle ganz am Schluss - weil er ihn unterzeichnet hat. Auch an der Sitzung einen Tag vor dem Einsatz war Rech nicht dabei. SPD-Mann Stoch fordert dennoch weiterhin Rechs Rücktritt: Dieser sei "der Verantwortung des Amtes nicht gerecht geworden".

Der Minister im Staatsministerium, Helmut Rau (CDU), wies die Anschuldigungen als "Diffamierung des Ministerpräsidenten" zurück.

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19 Kommentare

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  • M
    Monitor

    Ich habe den Monitor Bericht vom 21.10 gesehen. Wirklich sehr interessant. Nur wird leider nichts von irgendeinem Brandbrief berichtet.

     

    Einfach mal googeln der Bericht ist immer noch online(nur nicht bei den öffentlich rechtlichen).

  • KD
    Karl der Käfer

    ... Selbstverständlich war Herr Mappus nicht nur informiert.., sondern ist ganz klar auch "verantwortlich".., egal., mit welchen allzuoft plumpen Versuchen.., er alle Verantwortung von sich weist.

     

    Damit wird er seiner Rolle als Ministerpräsident des Landes BW nicht im geringsten gerecht..

     

    Das weiß er , das wissen wir. Noch Fragen?

  • H
    hering51

    Laut Monitor (http://www.wdr.de/tv/monitor/sendungen/2010/1021/stuttgart.php5) waren SPD und Grünen-Fraktion über die geplante Eskalation durch einen anonymen Brief informiert. Bis heute schweigen beide Fraktionen dazu. Wieso fragt die taz hier nicht nach?

  • P
    Peter

    Also liebe TAZ, ich wundere mich!

     

    Der Herr Mappus ist? CHRIST(!)-DEMOKRAT(!), rrrrichtig.

    Und für Christen ist geben seliger denn nehmen - soll heißen: Besser austeilen, als (Vernunft an-)nehmen.

     

    Und ein echter Christ kennt auch nicht Lukas 6, Vers 41 ff. oder gar Lukas 14, Vers 28-30 (Zur Erinnerung: „Denn wer von euch, der einen Turm bauen will, setzt sich nicht zuerst hin und berechnet den finanziellen Aufwand, ob er (genug) für die Fertigstellung hat, damit nicht ─ wenn er das Fundament gelegt hat, aber (den Bau) nicht zu vollenden vermag ─ alle, die es sehen, beginnen, ihn zu verspotten, indem sie sagen: „Dieser Mensch hat zu bauen begonnen, aber es nicht vollenden können.“).

    Als echter Demokrat diffasmiert diffamiert Menschen, die sich um unsere (finanzielle) Zukunft sorgen, lieber als Fortschrittsfeinde.

     

    Grün wahlen - Grün ist die Farbe der Hoffnung...

  • H
    hdb

    Ich wiederhole meinen Leserkommentar von gestern gerne.

     

    Grüne und SPD waren durch einen Brief bereits am 28.09.2010 über die Absich ten des Herrn Mappus informiert! Ihnen war also die Eskalattions absicht bekannt, trotzdem warnten sie die Bürger nicht. Bis heute verschweigen sie die Existenz die ses Brandbriefes. Dafür muss es Gründe geben. Naheliegend ist der Verdacht, das ihnen die Eskalation bes­ser ins Konzept passte.

     

    Es folgt ein Link auf den Monitor-Bericht, der dieses Schre ben an die Landtags fraktion der Grünen und der SPD aus führlich behandelt.

     

    Monitor 21.10.2010

    http://www.wdr.de/tv/monitor/sendungen/2010/1021/stuttgart.php5

  • S
    salamiwurst

    In einem Rechtsstaat spielt es überhaupt keine Rolle, ob der Ministerpräsident als Obehaupt der Exekutive des Landes BW irgendwas angeblich gewußt hat oder nicht. Ob er nun zum Zeitpunkt der Einsatzplanung und des Einsatzes auf den Seychellen war oder in der Kirche oder im Puff. Wenn er nichts gewußt hat, kommt er offenbar seinen Amtspflichten nicht nach und das entbindet ihn nicht im mindesten seiner Verantwortung. In jedem Falle müßte er für einen Skandal dieser Größenordnung - legale Demo wird mit illegalem, überzogenem Polizeieinsatz aufgelöst, über Hundert Verletzte und mindestens ein Schwerbehinderter - politisch und eigentlich auch strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden, samt der Einsatzleitung und dem BW- Innenminister.

     

    So was nennt man Verantwortungskette. Wenn man die nicht konsequent einhält, kann man sich das ganze Gequatsche vom Rechtsstaat auch sparen. Ist echt lächerlich, daß man in Deutschland dem eindeutig politisch Verantwortlichen - nämlich dem Kopf der Befehlskette - erstmal nachweisen muss, dass er gewußt hat, was in seinem eigenen Laden abläuft. Normal müßte die Beweislast in einem solchen Fall umgekehrt werden und Mappus und Resch müßten beweisen, daß sie nichts gewußt haben, und wenn sie das nachweisen können, dann muß man sie schlicht wegen Arbeitsverweigerung vor die Tür setzen.

  • O
    orphois21

    Sehr geehrter Herr Tyler Durden, sind sie so naiv, oder gehoeren sie zu dem besagten Clientel.Man muß schon Augen Klappen tragen um nicht zu sehen das es im Ländle stinkt.Wenn die Demokratie so mit Füßen getreten wird und die Lobby mehr zu sagen haben wie die Gewählte Regierung und sich die gesetze von ihnen Schreiben lassen,kann ich nur sagen das war nicht im sinne der alten Helenen!Ein schelm ist der dabei böses denkt!!

     

    Ein entäuchter ehemaliger SPD Wähler orphois 21

  • HA
    H. Ament

    @Tyler: der Herr Nochministerpräsident Mappus wurde von niemandem gewählt. Er ist das Erbe von Herrn Öttinger, den haben sie nach Europa gelobt um Mappus von rechtsaußen ins Ländle zu holen.

    Mappus wird der erste nichtgewählte MP sein, der nicht wiedergewählt wird.

     

    Sehr denkbar.......

  • T
    Tristan

    Also ich war schon öfters auf Demos und wie gegen die Leute in Stuttgart vorgegangen wurde, ist leider normalität auf Demonstrationen bei den viele Emotionen mit dabei sind. Gucken sie sich einfach mal ein Paar Videos bei Youtube an über Demonstrationen in Deutschland und dann werden sie sehen wie die Polizei teils gegen Demonstranten vorgeht, es kam z.b. vor das ein Demonstrant der im Rollstuhl saß von der Polizei aus diesem rausgerissen wurde und er auf der Straße lag...

    Ich weiß das hört sich hart an, aber so ist es leider...

  • V
    vic

    Natürlich hat er das persönlich angeordnet.

    Mappus spielt Biedermann, dabei ist er Brandstifter.

    Keine Ahnung wie jemand was anderes glauben konnte.

  • KN
    K. Neumann

    Die Frage ist hier, was als Alibi für die politisch Verantwortlichen schriftlich festgelegt und was tatsächlich über die Strategie des Einsatzes, der schliesslich die ungeduldig ersehnten Bilder der Gewalt seitens der Demonstranten liefern sollte, mündlich abgesprochen wurde. Solange Stumpf nicht redet und sich vor seine Brötchengeber stellt und diese sich nicht in Widersprüche verwickeln, bleibt alles wasserfest und die schriftlich festgelegte Nichteinmischung der Politik in die Polizeitaktik ist gültig. Für den Fall, dass in Folge der Aufarbeitung dann Stumpf entsorgt werden muss, wurde sicher unter allen Verantwortlichen im voraus das Netz vereinbart, in welches Herr Stumpf butterweich hinein fallen wird. The same disgusting procedere as always seen before.

  • F
    Florian

    Nur die dümmsten Kühe wählen ihren Schlachter...

  • H
    hdb

    Merkwürdig, die Grünen und die SPD hatten fast den gleichen Wissensstand über die Vorbereitungen wie Herr Mappus. Was sie aber beide bis heute den Menschen verschweigen!

     

    Natürlich ist die Lage klar, was Mappus betrifft. Es wäre schön, wenn die Grünen und die SPD sich zu dem Brandbrief vom 28.09.2010 erklären würden.

     

    Sie hatten ausreichend Informationen und hätten die Pflicht gehabt die Bürger zu warnen. Das taten sie nicht, deshalb und auch wegen des Verschweigens bis heute, darf man vermuten das ihnen eine Eskalation besser ins Konzept passte.

     

    Von den Medien bisher unbeachtet blieb der Monitor-Bericht vom 21.10.2010, indem dieses Schreiben an die Fraktionen von SPD und Grünen ausführlich behandelt wird!

     

    http://www.wdr.de/tv/monitor/sendungen/2010/1021/stuttgart.php5

  • P
    Paul

    Hallo Tyler Durden,

    ich wuesste nicht wann Mappus durch die Buerger gewaehlt wurde.

  • B
    BiFi

    Ich habe mich schon Tage vor dem 30.09. sehr gewundert, wo die plötzlich verschärfte Wortwahl des Herren Mappus herkam- völlig grundlos waren plötzlich gewaltbereite Berufsdemonstranten am Werk, Fehdehandschuhe mussten aufgehoben werden. Nach dem 30.09. war mir dann alles klar... Es war halt Pech für die CDU, dass sich die Jugendlichen nicht provozieren ließen und somit der perfide Plan nicht aufging. Pfui Teufel ääh Mappus- einfach unterirdisch und unvorstellbar wie das ganze Projekt S21 (Kellerbahnhof für Immobilienspekulanten). OBEN BLEIBEN Und danke Berlin- wir hatten einen tollen Tag bei euc!h

  • CC
    Claus Carstensen

    Dass er davon gewusst hat, ist doch weniger die Frage.

     

    Es ist eher der Punkt, wann der Beweis öffentlich erbracht wird, und danach, wann er die Konsequenzen trägt.

     

    Aber es wird wohl ein Bauernopfer geben, wie jüngst in Hessen.

     

    Ein Polizeipräsident wird vor die Hunde geworfen, und der Strippenzieher wischt sich den Mund ab und macht es nächstes Mal vorsichtiger

  • TD
    Tyler Durden

    Also taz... ich muss mich doch wundern...

     

    Dieser nette Herr, mit seiner Ahnenreihe von Filbinger bis Oettinger, der soll das vorher extra angeordnet haben?

    Da unterstellen sie den Bürgern Baden Württembergs aber, dass sie sich nach der Wahl all der Ehrenmänner, die immer und ausnahmslos nur die Interessen der Bürger vertreten haben, ausgerechnet die Bürger im Ländle, die hätten diesmal jemand gewählt, der so etwas tut?

     

    Undenkbar...

  • S
    SamtheSham

    Was heisst hier "soll"??

     

    Meiner Meinung nach hat der liebe und ehrenwerte Herr Grubel den Einsatz bei Herrn Mappes bestellt.

     

    Und der hat dann "geliefert wie bestellt".

     

    Simple as that.

     

    Das nennt sich "Primat der Wirtschaft über die Politik". Steht irgendwo im Grundgesetz, oder so ähnlich, oder auch anderst. Is aber so.

     

    Das ist Wirtschaftsfaschismus. Wenn nicht die Leute mutiger werden und "so was" ablehnen, werden wir immer mehr und mehr davon erleben. Guckt ihr CastorX.

  • G
    Golgarian

    ...habe jedoch in der Besprechung ausdrücklich festgestellt, dass "Festlegungen zur Einsatztaktik und zur operativen Vorgehensweise alleine Sache der Polizei sind"

     

    Haha. Ich lass euch mal machen und bin gut raus!

     

    Schon allein der Punkt, dass der Einsatz von Wasserwerfern "möglich" wäre, sollte jeden demokratisch eingestellten Menschen aufschreien lassen. Noch dazu bei einer Veranstaltung wie der damaligen.

     

    Meiner Meinung nach bedient sich Herr Mappus hier in einer Taktik, die mittlerweile in dieser "Republik" sehr verbreitet ist. "Ich wusste zwar davon, aber ich hatte ja keine Verantwortung." - Zum Teufel noch mal, in dem Moment, in dem man von solchen Vorgängen erfährt, steht man automatisch in der Verantwortung und hat die Pflicht dagegen anzugehen. Im Allgemeinen wird so was als (Zivil)courage bezeichnet. Dies scheint allerdings bei unseren machtversessenen Politikern ein eher unbekanntes Wort zu sein.